Strategie der Rewe Group „Wichtig, nicht in Panik zu verfallen“

Nachhaltiges Wirtschaften trotz oder erst recht in Krisen? Nicola Tanaskovic (Foto), Bereichsleitung Nachhaltigkeit bei der Rewe Group, gibt Antworten.

Freitag, 23. September 2022 - Management
Bettina Röttig

Wie sehr belastet die aktuelle Krise die Nachhaltigkeitsstrategien der Rewe Group und von selbstständigen Kaufleuten?
Nicola Tanaskovic: Wir halten unverändert an unserer Nachhaltigkeitsstrategie fest. Es wäre fatal und kurzsichtig, eine globale Existenzfrage wie den Klimawandel aus den Augen zu verlieren. In der Krise ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen. Wir sind auf dem richtigen Weg und übernehmen in Sachen Klimaschutz Verantwortung. Das erwarten unsere Kunden unverändert von uns. Wir wollen, dass unsere gewachsenen Kontakte bestehen bleiben und unsere Partner auch durch die Krise kommen. Obgleich das nur funktionieren kann, wenn unsere Kunden dies unterstützen. Das heißt aber auch, dass es nicht die Zeit ist, Gewinnspannen zu erhöhen. Alle in der Lieferkette müssen hier solidarisch sein und die Preiserhöhungen auf das berechtigte und zwingend notwendige Minimum reduzieren. Das ist unsere Überzeugung, und danach handeln wir.

Inwiefern tragen Ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu mehr Resilienz in Krisen bei?
Ein Grund für das Entstehen von Pandemien ist sicher, dass wir Menschen immer weiter in den Lebensraum von Tieren vordringen. Insofern sollten wir unsere Lieferketten und Beschaffungsmärkte genau analysieren. Nachhaltigkeit be‧deutet immer den schonenden ‧Umgang mit Ressourcen. Damit legen wir den Grundstein, dass wir diese Ressourcen morgen überhaupt noch zur Verfügung haben und bezahlen können. Der schreckliche Ukraine-Krieg hat zur Folge, dass wir noch intensiver darüber nachdenken, wie wir noch mehr Energie einsparen können. Wir beziehen seit 2008 Grünstrom aus erneuerbaren Energien, dennoch wollen wir weiter reduzieren. Zumal der Anteil der kühlpflichtigen Sortimente größer und breiter wird. Auch werden wir die Anzahl unserer Green Buildings sowohl bei Rewe als auch bei Penny weiter steigern.

Eignen sich Lenkungsinstrumente wie eine Anpassung von Mehrwertsteuersätzen oder True Cost Accounting für eine Transformation zum nachhaltigeren Konsum?
Die meisten dieser Instrumente sind noch lange nicht so weit, dass wir sie bewerten können. Aus meiner Sicht sollte es vor allem keine Denkverbote geben. Wir nähern uns mit dem Wahre-Kosten-Projekt von Penny einem dieser hochkomplexen Themen, sehen aber auch, dass es im Hinblick auf die Wissenschaft noch große weiße Flächen gibt. Es fehlen schlicht die Daten. So haben wir bei den wahren Kosten bewusst den Aspekt des Tierwohls außen vor gelassen. Am Ende müsste dann beispielsweise erhoben werden, welche Kosten im Gesundheitswesen durch multiresistente Keime entstehen. Das würde wohl Jahrzehnte dauern.