Metro Group & Lidl - Immobilien Neue Standortpolitik

Die Energiekosten werden zum limitierenden Faktor der Filialexpansion. Das haben Händler erkannt und agieren. Zwei Beispiele aus der Praxis.

Montag, 06. September 2010 - Management
Markus Oess

 Wer hat schon die Metro-Group als „Hidden Champion“ im Sinn, wenn es um die Bewirtschaftung von Handels-Immobilien geht? Die Metro Group Asset Management (MAM) betreut seit 2004 die vom Konzern genutzten Immobilien. Aktuell kümmert sich das Unternehmen um mehr als 700 Handelsstandorte in 33 Ländern und verwaltet 70 Centerstandorte in Deutschland, Polen und der Türkei. Damit gehört das Unternehmen nach eigenen Angaben zu den führenden Centermanagement-Gesellschaften in Deutschland, Polen und der Türkei. Da bekanntlich die Energiekosten weiter spürbar steigen werden, gleichzeitig aber die Ressourcen der herkömmlichen Energie-Erzeugung endlich sind und das Thema Nachhaltigkeit in der Wahrnehmung der Konsumenten spürbar an Bedeutung gewonnen hat, müsse die Bewirtschaftung von Handelsimmobilien zwangsläufig eine neue Richtung nehmen: Das war der Tenor von Prof. Michael Cesarz, Sprecher der Geschäftsführung der MAM. Einerseits geht es um Einsparungen, andererseits auch darum, selbst Energie zu erzeugen, so Cesarz beim jüngsten Handelsimmobilien-Kongress des Managementforums in Berlin.

Was die unmittelbaren Einsparungen betreffe, lasse sich bei Bestandimmobilien indes nur schwer etwas machen. Die größten und in der Wirkung schnellsten Effekte lassen nach sich Angaben des Managers mit Personalschulungen (E-Learning) realisieren. Etwa 10 bis 15 Prozent Einsparungen wären drin, schätzt Prof. Cesarz. Bis zu weiteren 10 Prozent Reduktion brächten Optimierungen im Verbrauchsmanagement (Gebäude-Leittechnik, Fernwartung etc). Andererseits setzt Prof. Cesarz auf den technischen Fortschritt. Mit wachsendem Leidensdruck (sinkende staatliche Förderung, Wettbewerb) beschleunigten sich die Entwicklungen bei der Nutzung der Solarkraft (Solarstrom, Solar-Chilling) die bei etlichen Standorten zum Einsatz kommt. Auch Windkraft und moderne Heiz und Belüftungstechnik oder innovative Beleuchtungskonzepte (LED, Nutzung von Tageslicht) halten bei neuen Projekten bereits Einzug. „Die Geothermie kann eine wichtige Rolle bei der Klimatisierung von Handelsimmobilien spielen. Experten meinen, dass die Energie, die in der Erdkruste enthalten ist, die ganze Welt theoretisch für lange Zeit mit Energie versorgen könnte. Das sollten wir uns zu Nutze machen“, sagte Cesarz zur gewerblichen Energieversorgung von morgen. „Den Einsatz erneuerbarer Energien zu testen, sich nutzbar zu machen und dann in großem Stil für Warenhäuser und Shoppingcenter zu realisieren, wird eine wichtige Aufgabe für die Zukunft sein.“

 Auch die Discounter haben mittlerweile das Thema Energie und Umweltschutz im Ladenbau für sich entdeckt. Nach Aldi Süd wurde nun Erzrivale Lidl vom EHI Retail Institute ausgezeichnet. Mit dem Spezialpreis 2009 würdigte das EHI die technischen Leistungen für eine Integralanlage, die gleichzeitig Kälte und Wärme erzeugt. Der Discounter habe das bestehende Haustechnikkonzept der Standardmärkte unter der Zielsetzung Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit grundlegend und zukunftsweisend überarbeitet und verbessert, argumentierte das Institut seinerzeit. In diesem Jahr will Lidl 100 dieser Märkte bauen.


 Christoph Kraus, Lidl-Geschäftsführer Immobilien, stellte die neue Filialgeneration vor. Die Neckarsulmer nahmen 2008 eine Standardfiliale energetisch unter die Lupe, um genauere Referenzwerte zu erhalten. Gemessen an neuesten Entwicklungen, kommen die Läden recht gierig daher. Demnach fressen allein drei Bereiche den meisten Strom: steckerfertige Truhen (27,2 Prozent), Normalkälte (28,6 Prozent) und Beleuchtung innen (31 Prozent). Gleichzeitig geben die Geräte während des Betriebes auch Wärme ab. Auch sind die Läden schlechter isoliert etc.
Lidl schuf erste Pilotfilialen in Murrhardt, Ansbach und Untergruppenbach, bei denen innovative Technik wie Abwärmenutzung, Fußbodenheizung oder die Belüftung mit freier Abströmung zum Einsatz kam. Nachdem gemeinsam mit den Engineering-Experten von Drees & Sommer jeder Teilbereich der Märkte unter die Lupe genommen und energetisch optimiert wurde, stand das Konzept. Die Läden kommen ohne fossile Brennstoffe aus. Ihr CO2-Ausstoß wurde um rund ein Drittel reduziert und sie verbauchen 10 Prozent weniger Strom. So wird die neue Filialgeneration zu 100 Prozent durch die Nutzung der Abwärme aus den Kühlregalen beheizt.

Eine Integralanlage erzeugt den gesamten Wärme- und Kältebedarf. Lidl setzt zudem ausschließlich natürliche Kältemittel ein. Weitere Energiesparpotenziale entstehen durch den Einsatz von Fußbodenheizungen anstelle von Umluftheizgeräten. Eine verbesserte Lüftung reduziert den Aufwand für die maschinelle Lüftung zudem um mehr als 75 Prozent. Bei der Beleuchtung kommen Röhrenlampen mit Reflektor zum Einsatz. Der Einsatz sei so gerechnet, heißt es, dass die Mehrkosten schnell wieder drin seien und auch bei den großen Posten die Amortisationszeit unter vier Jahren läge. Um solche Projekte in  gemieteten Standorten realisieren zu können, sei Lidl auch bereit, im Einzelfall auf den Betreiber des Objektes zuzugehen.

„Als verantwortungsbewusstes Unternehmen ist es grundsätzlich unser Bestreben, die sozialen und ökologischen Belange in Einklang zu bringen, um das in uns gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen“, holt eine Lidl-Sprecherin etwas weit aus. „'Nachhaltigkeit' hat für Lidl seit vielen Jahren einen bedeutenden Stellenwert, welcher in unseren Engagements innerhalb und außerhalb unseres Kerngeschäfts sichtbar wird. Fest verankert in allen Kerngeschäftsprozessen des Unternehmens, wird diese Verantwortung durch das eigenständige Ressort Gesellschaft & Umwelt verantwortlich getragen.“ Zunächst läuft die neue Filialgeneration ausschließlich in Deutschland. Die Begründung: „Eine internationale Applikation ist auf Grund der unterschiedlichen Prüf- und Genehmigungsverfahren der jeweiligen staatlichen Behörden derzeit noch nicht absehbar.“ Bestehende Filialen sind nur schwer umzurüsten, weil ein wesentlicher Teil der Technik auf einer Fußbodenheizung basiert. Eine solche ist nachträglich nicht einbaubar. „Aber auch hier arbeiten wir an neuen Nachhaltigkeitskonzepten“, meint die Sprecherin.

„Erneuerbare Energien in großem Stil nutzen.“ Prof. Michael Cesarz, Metro Group Asset Management
Klimafreundlich: Künftig sollen die Lidl-Filialen ohne fossile Brennstoffe auskommen.

{tab=Neuer Wettbewerb}

Der Bundesdeutsche Arbeitskreis für umweltbewusstes Management e.V. (B.A.U.M.) hat einen neuen Wettbewerb „umweltfreundliche Handelsimmobilien“ ins Leben gerufen. Gesucht werden Handelsimmobilien, mit einem nachhaltigen Gebäudekonzept. Hintergrund: Gebäude sind laut World Business Council for Sustainable Development bereits für 40 Prozent des weltweiten Primärenergieverbrauchs verantwortlich. Mit dem Wettbewerb will B.A.U.M. für eine verstärkte
Beachtung von Umweltkriterien beim Bau von Supermärkten, Einkaufszentren, Schauhäusern und anderen Handels- und Logistikimmobilien werben und vorbildliche Projekte auszeichnen.

Die Ausschreibung richtet sich an „Bauherren, Investoren, Architekten und andere am Bau von Handelsimmobilien Beteiligte“. Unter Handelsimmobilien laufen „Zweckbauten, die von Unternehmen oder Privatpersonen des Einzelhandels zum Verkauf und zur Präsentation von Waren genutzt werden.“ Für das Gebäude sind folgende Funktionsbereiche gesetzt: Verkaufsbereich, Lager und Kommissionierung sowie Büro- oder Sozialräume. Es warten Preisgelder von 10.000 Euro. Die LEBENSMITTEL PRAXIS ist als Medienpartner mit an Bord und wirkt in der Jury mit.
Jetzt bewerben unter: www.gebaeudewettbewerb.de.· Einsendeschluss ist der 31. Mai 2010.

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