Politik Im Stau vor der Ampel

Noch ist nichts klar nach der Bundestags- wahl 2021 – außer: Die nötige schnelle Regierungsbildung sieht anders aus. Ob nun Jamaika, Ampel oder doch noch Groko, die Wirtschaft braucht auf jeden Fall mehr Tempo.

Freitag, 22. Oktober 2021 - Management
Andrea Kurtz
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Bildquelle: Andrea Kurtz

„Ja, wir haben Wahlergebnis, aber sind die jetzt möglichen Konstellationen und vor allem die handelnden Personen dahinter wirklich die richtigen, um Deutschlands Wirtschaft neu aufzustellen?“, fragt ein Branchenexperte. Angesichts von erwartbaren Grabenkämpfen bei CDU/CSU, Familien-Selfies von Grünen und Gelben (albern) und einer SPD, deren Kanzlerkandidat zwar am besten ankommt, aber offenbar einen Sack Flöhe hüten muss, fordert die Wirtschaft zu Recht mehr Zielrichtung bei der Regierungsbildung – und vor allem mehr Tempo. Denn die wirtschafts-, klima- und sozialpolitischen Aufgaben für Deutschland warten. Das fordern vor allem die Handelsverbände und -organisationen deutlich. „Die kommende Bundesregierung muss den großen Wurf schaffen. Die Handelsunternehmen brauchen mehr Luft zum Atmen, Steuererhöhungen oder noch mehr Bürokratie gilt es unbedingt zu vermeiden“ bringt es Josef Sanktjohanser, der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), auf den Punkt. „Gleichzeitig geht es darum, die Menschheitsherausforderung Klimawandel anzugehen und die Weichen richtig zu stellen.“

Gift: Langer Stillstand
In Zeiten von Corona und angesichts der vielen anstehenden Herausforderungen müsse die Politik jetzt Handlungsfähigkeit zeigen, betont der HDE. Dabei gehe es unter anderem um die Stärkung des Handelsstandortes Innenstadt und einen klaren Kurs der Entlastung für Unternehmen. „Wir leben in schwierigen und herausfordernden Zeiten. Umso wichtiger ist es, dass die Bundespolitik jetzt Entschlossenheit und Zukunftsfähigkeit zeigt. In Zeiten der Pandemie brauchen die Unternehmen verlässliche und stabile Rahmenbedingungen. Deshalb sollten die Parteien eine zügige Regierungsbildung verfolgen und geradlinig für klare Verhältnisse sorgen“, so HDE-Präsident Josef Sanktjohanser.

„Wir erwarten daher von den politisch Verantwortlichen, dass sie schnellstmöglich eine handlungsfähige neue Bundesregierung bilden“, ergänzt Markus Jerger, Bundesge‧schäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, und erinnert an die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen 2017 sowie die langwierige Regierungsbildung der Großen Koalition, die fast sechs Monate dauerte. „Der Wirtschaftsstandort Deutschland verträgt angesichts schlechter Wirtschaftsdaten nicht noch einmal Koalitionsverhandlungen im Bummelzugtempo.“

Wirtschaft für schnelle Hilfe
In erster Linie brauche es jetzt zur Pandemiebekämpfung möglichst bundeseinheitliche Regelungen, die zielgenau wirken. Zudem sieht der HDE-Präsident viele Innenstädte in besorgniserregender Schieflage. Deshalb müsse die Stabilisierung und Ertüchtigung des Handelsstandortes Innenstadt ganz oben auf die Prioritätenliste. Darüber hinaus setzt sich der HDE dafür ein, die von der Corona-Pandemie und den Lockdowns oft finanziell geschwächten Handelsunternehmen mit einem Digitalisierungsprogramm zu unterstützen. Eigenkapital für Zukunftsinvestitionen sei hier meist nicht mehr vorhanden.

Viele Händler sind für Die Ampel
Die Ampel ist offenbar die Wunschkoa‧lition von Händlern und Unternehmern. Die Pro-bono-Initiative „Händler helfen Händlern“ hatte dies gleich nach der Wahl in einer Blitzumfrage ermittelt. 60 Prozent hatten sich dafür ausgesprochen. 37 Prozent sind für eine Jamaika-Koalition, nur 3 Prozent für eine Große Koalition. „Das Ergebnis zeigt, dass wir Händler den Wechsel gewählt haben und das auch in der neuen Regierungskoalition sehen wollen“, sagt Marcus Diekmann, Initiator von Händler helfen Händlern und CEO von Rose Bikes. Dies sei keine Kritik an der Arbeit der Vergangenheit, sondern eine Notwendigkeit für die Zukunft. „Wir alle wollen Veränderung, und die Ampel steht für Veränderung. Das Thema nachhaltiges Wirtschaften rückt ins Zentrum allen politischen Handelns der Zukunft.“