Anuga Neue Maßstäbe der Vernetzung

Die Anuga in Köln (9. bis 13. Oktober) könnte zum Sinnbild für den Restart der gesamten Ernährungsbranche werden, meint jedenfalls Messe- Chef Gerald Böse. Mit 4.000 Ausstellern aus 94 Ländern der Welt in den elf Hallen wird es auf jeden Fall endlich wieder trubelig.

Dienstag, 05. Oktober 2021 - Management
Andrea Kurtz
Artikelbild Neue Maßstäbe der Vernetzung
Bildquelle: Anuga

„Die vergangenen turbulenten Monate waren für uns alle eine Achterbahnfahrt, die uns viel abverlangt haben“, gibt Gerald Böse, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse, unumwunden zu. Doch jetzt könnte „die größte Messe in Europa – wenn nicht gar weltweit –“ den Neustart nach der Pandemie markieren. Insgesamt liege die Netto-Flächenbelegung derzeit bei 2/3 im Vergleich zu 2019; davon verbuchen die inländischen Aussteller 12 Prozent der Standflächen und die ausländischen 88 Prozent, rechnet Böse vor. Die zehn größten Länderbeteiligungen kommen in diesem Jahr hauptsächlich aus Europa (Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien, der Türkei); doch auch die USA sind stark vertreten.
Und auch der Handel warte auf diesen Neustart, erläutert Böse. „Bereits jetzt gab es zahlreiche Anmeldungen von Lebensmittelhändlern und Distributoren aus über 50 verschiedenen Ländern“, sagt er. Einen Besuch hätten unter anderem Aldi, Metro, die Rewe Group, die Edeka oder Spar International geplant.

Leitthema „Transform“
Die zehn Fachmessen unter dem Anuga-Dach sollen auch 2021 die internationale Produktvielfalt unter Beweis stellen. So wollen die Sonderschauen Anuga Clean Label, der Anuga FreeFrom, Health & Functional Foods sowie das Format Anuga Meet More Meatless den Besuchern einen Überblick über Produktinnovationen in diesen Trendkategorien nahebringen. Im Kongressbereich feiert die New Food Conference Premiere. Gerald Böse: „Hier werden wir als erste Ernährungsmesse das Thema zellbasierter Proteine in den Fokus rücken und über sogenanntes Laborfleisch sowie alternative Milchprodukte diskutieren.“ Darüber hinaus wird sich die Nachhaltigkeitskonferenz des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) mit Herausforderungen wie Klima, Verpackung, Lebensmittelverluste oder Menschenrechte entlang der Lieferkette beschäftigen.

Digitale Ergänzung zum Besuch
Neu in diesem Jahr: das hybride Konzept, bei dem die Präsenzmesse vor Ort in Köln durch die digitale Anuga @home ergänzt wird. Neben Showrooms der ausstellenden Unternehmen, dem digitalen Pendant zum Messestand, gibt es beispielsweise zielgruppenspezifische Fachbühnen wie die Trendzone, Start-up-Pitches oder Podiumsdiskussionen. Die digitale Version startet zeitversetzt und steht vom 11. bis 13. Oktober live zur Verfügung; viele der Messeinhalte werden aber auch nach Messeende weiterhin zur Verfügung stehen.

Mit dem 3G-Konzept und den digitalen Möglichkeiten komme die Anuga 2021 nahe an das alte Messeerlebnis, ist Böse überzeugt.

Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), hält diese Branchen-Euphorie auch für dringend nötig. Die deutschen Hersteller von Nahrungsmitteln hätten von Januar bis Juni ein Umsatzminus von 3,3 Prozent zu verzeichnen. Die erwartete Erholung nach dem Corona-Jahr 2020 sei damit ausgeblieben. „Wir sind dabei, die Pandemie in den Griff zu bekommen – jetzt muss Deutschland als Standort für die Lebensmittelproduktion wieder fit gemacht werden“, fordert Minhoff mit Blick auf die Anuga. „Unsere Branche benötigt Wachstumsimpulse für einen kraftvollen Neustart.“ Der persönliche Austausch könne dazu beitragen, denn dieser sei „das Herz der Branche“. „Die Anuga ist dafür der beste Ort der Welt“, sagt Minhoff.

Handel bleibt stark
Beim Lebensmittelhandel fruchten diese Impulse schon jetzt. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und das weiterhin steigende Bedürfnis der Verbraucher, verantwor-tungsvoll einzukaufen, treiben die wirtschaftliche Entwicklung des Lebensmittel-Einzelhandels in Deutschland“, erklärt Franz-Martin Rausch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands des Lebensmittelhandels (BVLH). Das zeigen die Zahlen des ersten Halbjahres: Der Umsatz ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 nominal um rund 2,9 Prozent gestiegen. Für das Kalenderjahr 2021 erwartet der BVLH einen Gesamterlös der Branche von rund 247,5 Milliarden Euro (plus 2,3 Prozent, Quelle: destatis). „Die Corona-Pandemie hat die Einkaufsgewohnheiten vieler Verbraucher verändert“, erläutert Rausch. „Diese, wenn auch noch nicht die Mehrheit bildende, aber stetig wachsende Kundengruppe legt Wert auf Sortimentsvielfalt, das Einkaufserlebnis und die Bedienung von Lebensmitteltrends.“ Diese Bedürfnisse müssten Handelsunternehmen künftig ebenso berücksichtigen wie den Wunsch nach Versorgungssicherheit sowie stabilen und günstigen Lebensmittelpreisen, so der BVLH weiter. Die Anuga sei die ideale Inspirationsquelle für den Ausbau von Sortimenten beziehungsweise ganz neuen Produktgruppen.