Politik Den Neustart befeuern

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben, hält die Bürokratie für die größte Hürde beim unternehmerischen Handeln. Vor allem jetzt müsse man Handel und Industrie erst einmal machen lassen, meint er im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis.

Mittwoch, 09. Juni 2021 - Management
Andrea Kurtz und Jens Hertling
Artikelbild Den Neustart befeuern
Bildquelle: FDP

Der Wahlkampf 2021 hat begonnen. Alle Parteien bringen sich mit ihren Positionen in Stellung. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit natürlich auf den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und dem Umgang damit. „Wir müssen einen Weg finden, wie wir nach den größten Belastungen in der gesamten Wirtschaft und natürlich auch im Einzelhandel wieder neu starten können“, erläutert Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, der in Köln als Unternehmer tätig ist. 1948 gründete sein Vater die Arnold Houben GmbH für Lichttechnik, Leuchten und Werkzeug. Houben weiß ‧also, wovon er spricht, wenn er Forderungen für Handels- und Industrieunternehmen stellt, die jetzt wieder neu durchstarten wollen.

Im Mittelpunkt stehen für ihn dabei die Innenstädte, die neue Rahmenbedingungen brauchten. „Beim Neustart müssen wir auch gerade die Stadtzentren wieder mit Leben füllen“, sagt er. Alle Kunden hätten im vergangenen Jahr Erfahrungen mit Lieferservices, mit Online-Bestel‧lungen auf Marktplätzen oder bei den Unternehmen direkt sowie mit Verfahren wie Click & Collect gemacht. „Für viele Kunden ein vor Corona untypisches Einkaufsverhalten“, meint er. Aber es sei gängige Praxis geworden. „Das stille Sterben des Einzelhandels darf sich nicht noch in den nächsten zwei bis drei Jahren fortsetzen.“ Gerade viele alteingesessene familiengeführte Einzelhandelsunternehmen hätten noch zusätzlich zur Pandemie die Herausforderung, „Nachfolgeregelung“ zu bewältigen.

„Lasst die Unternehmer einfach in Ruhe und bringt keine neuen Regelungen in Umlauf“

Reinhard Houben

 

Liberaler Klassiker
Helfen will die FDP den Handelsunternehmern vor allem mit einer flexiblen Sonntagsöffnung. Auch „Innenstadt-Belebungstage“ in enger Abstimmung mit den Kommunen hält Houben für empfehlenswert. So könnten an einem Sonntag beispielsweise der ÖPNV oder die Museen kostenlos sein. Einen Subventionsfonds, wie ihn beispielsweise der HDE fordere, brauche es dazu nicht, erklärt er. Köln habe einen Tag im Monat, an dem die Museen kostenlos sind. Dieser könnte einfach auf einen Sonntag geschoben werden; diese verschobenen Einnahmen machten die Stadt weder reich noch arm. „Das ist viel einfacher, als einen Subventionstopf auszuschütten, der für die einzelne Kommune dann gar nicht so riesig ist“, sagt er. Hier seien die Kommunalpolitiker gefordert, denn sie müssten wissen, was für München oder Hamburg oder Frankfurt an der Oder gut sei.

Flexibilität ist überhaupt nach wie vor das wichtigste Stichwort liberaler Politik. „Flexibilisieren und öffnen wir starre bürokratische Regeln!“, fordert Houben. Das reiche beispielsweise bis hin zu einer Gebührenfreiheit, wenn ein Unternehmer draußen vor seinem Geschäft Tische und Stühle aufstelle. Es gebe einfach zu viel Bürokratie. „Wir fordern immer wieder: Lasst die Unternehmer einfach in Ruhe und bringt keine neuen Regelungen in Umlauf“, betont er. Das sei simpel, aber für die Politik eine große Herausforderung.

Was er den Unternehmern jetzt empfiehlt: „Fürchtet euch nicht, macht einfach weiter. Krisen gehören auch dazu.“ Die Erwartung, dass die Politik oder jemand anderes Manna vom Himmel fallen lasse und dadurch alle Probleme gelöst würden, sei ein Irrglaube.