Kolumne Dr. Rüschen Heute wie in der Zukunft Einkaufen

Überall in Europa werden automatisierte Kleinflächenformate ohne Personal getestet. Wovon deren Erfolg abhängt.

Montag, 18. Januar 2021 - Management
Stephan Rüschen
Artikelbild Heute wie in der Zukunft Einkaufen
Bildquelle: Björn Friedrich

24/7-Stores ohne Personal sind auch in Europa angekommen: Tegut Teo in Fulda, Typy in Düsseldorf, Avecbox (Valora) in Zürich, Tante Enso in Schnega, Emma’s Tag-und Nacht-Markt in Altengottern, Albert Heijn in Amsterdam (Flughafen Schipol), Coop in Oslo oder Zabka in Poznan.

Die kleinen Convenience- bzw. Nachbarschaftsläden mit rund 100 bis 200 Quadratmetern Fläche basieren auf unterschiedlichen Technologien: Ausgabeautomat, in dem ein Roboter kommissioniert, Walk-in-Konzept mit smartphonebasierten Self-Scanning und Bezahlfunktion oder mit RFID-Chips an jedem Produkt.

Händler können somit ihre Kunden zu Uhrzeiten erreichen, wenn die Frequenz einen Mitarbeiter nicht mehr wirtschaftlich rechtfertigen würde. Außerdem bieten diese Digital-Stores ein modernes und hippes Einkaufserlebnis. Sozusagen Einkaufen in der Zukunft schon heute. Denn viele Händler arbeiten intensiv daran, Kassenprozesse auch in ihren großen Märkten künftig ohne Personal abzuwickeln.

Das Sortiment ist sehr beschränkt (etwa 500 bis 1.000 Artikel) und meist convenienceorientiert. Es sind keine erweiterten „Eier-Automaten“, sondern sie bieten ein auf die Standort-Bedürfnisse ausgerichtetes Sortiment.

Die potenziellen Standorte sind dabei vielfältig: Dörfer (Tante Enso und Emma’s Tag-und-Nacht-Markt), Innenstädte (Teo), Bahnhöfe (Avecbox) und Hochschulen (Avecbox). Welche Technologie wo erfolgreich sein wird, ist noch offen. Operative Exzellenz und ein Einkaufsprozess, den der Kunde als convenient erlebt, sind die Erfolgsfaktoren.

Alle Konzepte verfolgen ehrgeizige Expansionspläne. Die Technologien funktionieren und sind skalierbar. Eigentlich sehen wir im LEH einen Trend zu immer größeren Sortimenten, daher bleibt abzuwarten, ob solche auf Convenience und „Notfall-Einkäufe“ ausgerichteten Konzepte ausreichend Akzeptanz beim Kunden finden. Nicht zuletzt müssen sich die Läden rechnen. Dies wird vermutlich nur mit einem deutlich höheren Preisniveau möglich sein. Auch das muss der Kunde akzeptieren.

Diese ersten Ansätze wecken die Fantasie, weitere Sortimente über solche Wege zu distribuieren. Die Ausgabeautomat-Technologie von Typy etwa ist nicht auf Food-Artikel beschränkt, sondern lässt sich auch für Nonfood-Sortimente nutzen. Man darf gespannt sein, welche weiteren Ideen getestet werden. Wer sich durchsetzt, steht auf einem anderen Blatt.