Kolumne Dr. Rüschen Wiederholt sich die Geschichte ?

 Ein Verkauf scheint unausweichlich, um Real vor einer Insolvenz zu bewahren. Was würde dieser für den deutschen LEH bedeuten?

Freitag, 09. Oktober 2020, 16:06 Uhr
Stephan Rüschen
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Bildquelle: Carsten Hoppen

2014 hat das Kartellamt in seiner Sektoruntersuchung festgestellt, dass Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe und Aldi als marktbeherrschende Unternehmen im LEH anzusehen sind und daher einer ‚vertieften Fusionskontrolle‘ unterliegen. Folgerichtig wurde 2015 dem Kauf von Kaiser‘s Tengelmann durch die Edeka nicht zugestimmt. Erst durch eine Ministererlaubnis (trotz Ablehnung der Monopolkommission) wurde der Weg freigemacht. Damals ging es um circa ein Prozent Marktanteil und circa zwei Milliarden Euro Umsatz.

Und jetzt? Der Real-Umsatz beträgt circa acht Milliarden Euro, wovon etwa fünf bis sechs Milliarden von Kaufland (101 Filialen) und Edeka (72 Filialen) erworben werden sollen. Real steht auf keinem soliden Fundament mehr, ein Verkauf scheint unausweichlich, um eine Insolvenz zu vermeiden.

Ein erneutes ‚Nein‘ des Kartellamts zum Kauf wäre logisch und konsequent, aber nicht populär. Das Kartellamt darf sich aber nicht an der Popularität seiner Entscheidungen orientieren, sondern an den langfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen für die Konsumenten. Daher ist ein ‚Nein‘ des Kartellamts durchaus denkbar und auch zu erwarten.
Und dann? Wird wohl wieder eine Ministererlaubnis beantragt werden, die nach den Vorgängen 2015 als sehr wahrscheinlich gilt. Ein Wirtschaftsminister wird derzeit die Rettung von Arbeitsplätzen über mittelfristige negative Konsequenzen für Konsumenten und Lieferanten stellen.

101 Filialen sollen an Kaufland gehen. Das ist sinnvoll, denn der auf Kostendegression getriebene Filialist kann durch weitere Filialen seine Kosten auf der Beschaffungs- und Vermarktungsseite relativ zum Umsatz reduzieren.

72 Filialen für die Edeka: Es wird sich weisen, ob die Edeka das Großflächenabenteuer bewältigen kann. Alle Filialen umbauen, also einen Teil der Fläche für ein Edeka-Center verwenden und den anderen Teil der Fläche an Nonfood-Filialisten zu vermieten, ist ein kostspieliges Risiko.

Und die restlichen Märkte? Sie werden vielleicht in einer Einzelverwertung an Nonfood-Spezialisten veräußert oder bald geschlossen.

Wer wird der Nächste sein? Vielleicht sollten die noch übrig gebliebenen regionalen Heros eine Allianz bilden, um gegen die Großen bestehen zu können: Hit, Tegut, Bünting, Bartels-Langness und Kaes unter einem Dach, aber unter Wahrung der regionalen Identität? Why not?