Interview mit Hans-Richard Schneeweiß „Man muss auch mal ins Risiko gehen.“ - Interview mit Hans-Richard Schneeweiß: Teil 3

„Die kleinste Edeka der Welt“: So nennt Geschäftsleiter Hans-Richard Schneeweiß gerne mit kalkuliertem Understatement die Edeka Hessenring. Denn die Genossen in Hessen und angrenzenden Gebieten haben in ihrem Absatzgebiet einen guten Stand. Warum bloß?

Donnerstag, 05. Juli 2018 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Man muss auch mal ins Risiko gehen.“ - Interview mit Hans-Richard Schneeweiß: Teil 3
Bildquelle: Peter Eilers

Wie wichtig sind Eigenmarken für Sie?
Natürlich wichtig – unsere Eigenmarken-Architektur von Basis bis Premium ist ein absoluter Pluspunkt und bringt die Edekaner enorm voran.

Das Aus für viele Marken…
Wie kommen Sie denn darauf? Marken sind für den Wettbewerb unerlässlich. Damit findet überhaupt erst der Preiswettbewerb statt. Bestimmte Sortimente gehen ohne Marke gar nicht: Schokolade, WPR, AfG und das Fernsehbier ziehen nach wie vor.

Führen deshalb auch Discounter immer mehr Marken?
Klar. Die Discounter wollen ihre Schwächen eliminieren. Ich würde ja eher die Stärken stärken. Ist sonst doch vertane Kraft. Der Discounter ist fast wie der Supermarkt – nur ohne Frische in Bedienung und ohne Beratung.

Könnten die ja auch machen…
Nein, das braucht Personal. Und da werden die Grenzen gesteckt.

Frische machen die Discounter aber auch ohne Bedienung intensiv. Tangiert Sie das?
Wegen der Frische soll der Kunde zu uns kommen. Deshalb machen wir auch keine Koppelstandorte. Da muss man schon ins Risiko gehen. Der Verbraucher soll sich entscheiden, wohin er gehen will und wie viele Wege er auf sich nimmt.

Wie schaffen Sie eigentlich Profil für Ihre Kaufleute und deren Standorte?
Vieles können die natürlich selber. Wir helfen dabei. Das ist manchmal recht simpel: Wir wollen zum Beispiel Lästigkeiten beseitigen. Das fängt bei der Zufahrt zum Parkplatz an, Sauberkeit, Beschaffenheit, wo sind die Einkaufswagen- Boxen am besten platziert. Wir wollen ja kurze Wege zum Kofferraum. Welches Pflaster haben wir auf dem Parkplatz, um Ruckeln des Einkaufswagens zu vermeiden. Welche Außenbeleuchtung wählen wir, es soll ja auch im November dort hell sein.

Beim kontaktlosen Bezahlen gilt die Hessenring als Vorreiter. Was ist hier der Vorteil?
Alles, was den Kassiervorgang beschleunigt, ist gut. Der Vorteil zielt übrigens nicht auf den Zahler, sondern auf den Kunden, der hinter ihm steht. Der sieht nämlich, wie fix das geht. Es muss halt schnell gehen, und eine PIN stört. Fingerprint hat sich leider nicht durchgesetzt. NFC (near field communication, Nahfeldkommunikation, auf RFID-Technik basierender, internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten, Anm. der Red.) ist erst bei etwa 50 Prozent der aktuellen Karten verfügbar, das ändert sich mit der nächsten Kartengeneration. Die Wertgrenze muss allerdings erhöht werden, 50 Euro wären gut. Ohne PIN.

Wie wichtig ist die Ladengestaltung?
Schöner Wohnen? Es gibt immer Ausstattungstrends. Das unterliegt dem Wandel. Sind wir dabei, aber wichtiger ist neueste Technik. Wir beschäftigen uns da gerne mit Zukunftsthemen, wie zum Beispiel OLED (organische Leuchtdioden, Anm. der Red.). Auch moderne Kühltechnik oder Möbel tragen zum Wettbewerbsvorteil und Betriebskostenvorteil bei.

Und das Sortiment?
Leistungsbaustein Nummer 1 bei der Edeka.

Was halten Sie eigentlich von Gastronomie im Handel?
Punktuell ist das sinnvoll. Aber sehr vom einzelnen Standort abhängig. Wir haben da kein durchgängiges Vertriebsschienen-Konzept. Beispiel: Kaufleute, die die Bäckerei in der Vorkassenzone betreiben – auch mit Café – sind nicht glücklicher als solche, die untervermieten.

Eigenproduktion bei Hessenring?
Sie wird an Bedeutung weiter zunehmen. Das geht über die üblichen Schnippelküchen hinaus, Frische-Convenience direkt im Markt mit handwerklichem Image hat eine hohe Akzeptanz. Das ist mehr als die schokolierte Banane oder Traube. Das stößt im Laden aber an Grenzen, weil das Personal dafür fehlt. Das wird künftig zentral hergestellt werden, die Läden dann zwei- bis dreimal pro Tag beliefert.

Bekommen Sie genug gute Leute?
Es wird schwerer. Deshalb bilden wir schon lange über unseren Bedarf hinaus aus. Aber auch da wird es schwerer, an die Schulabgänger ran zu kommen. Noch geht es. Noch können wir Führungspositionen mit Eigengewächsen besetzen.

Sie sind jetzt 61 Jahre jung. Also müsste Ende 2019 mit dann 62 Jahren hier Schluss für Sie sein. Hören Sie wirklich auf?
(schmunzelt) Wer hofft denn darauf? Es gibt eine Verlängerungsoption bis zum 65. Lebensjahr. Die werde ich auch ziehen, und wenn die Gesellschafter nicht widersprechen, bin ich dann bis Ende 2022 an Bord. So Gott will.