Interview mit Hans-Richard Schneeweiß „Man muss auch mal ins Risiko gehen.“

„Die kleinste Edeka der Welt“: So nennt Geschäftsleiter Hans-Richard Schneeweiß gerne mit kalkuliertem Understatement die Edeka Hessenring. Denn die Genossen in Hessen und angrenzenden Gebieten haben in ihrem Absatzgebiet einen guten Stand. Warum bloß?

Donnerstag, 05. Juli 2018 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Man muss auch mal ins Risiko gehen.“
Bildquelle: Peter Eilers

Die Edeka Hessenring gilt für Außenseiter oft als etwas eigen. Dabei steht sie im Reigen der Edeka Regionalgesellschaften recht gut da: klarer Marktführer im Absatzgebiet, den Discount in Schach gehalten. Zusammenhalt sei die Formel, sagen die beiden Geschäftsleiter Hans-Richard Schneeweiß (Sprecher) und Hans-Jürgen Steffen. Dabei machen Sie einiges anders als andere.

Guten Tag, Herr Schneeweiß, wie laufen die Geschäfte?
Hans-Richard Schneeweiß: Ganz gut. Wir haben im letzten Jahr rund drei Milliarden Euro brutto umgesetzt, haben unseren Marktanteil in unserer Region bei über 30 Prozent stabilisiert, wir halten den Discountanteil bei uns klein, wir wachsen mit den zeitgemäßen Flächengrößen… Wir sind nicht unzufrieden.

Woran liegt‘s?
Wie gesagt, bei uns sind die Verbrauchermärkte gut im Rennen. Wir haben einen hohen Anteil selbstständiger Händler. Wir sind an den jeweiligen Standorten gut aufgestellt. 90 Prozent unserer Geschäfte werden von selbstständigen Kaufleuten betrieben…

Dabei wollen Sie aber keine Mehrbetriebsunternehmen…
(Entschieden) Das ist ein Gerücht! Wir haben 32 Selbstständige, die mehr als ein Geschäft führen! Und Thorsten Hellwig in Bad Hersfeld hat 16. Aber richtig ist, dass der Hauptanteil der Selbstständigen weniger als fünf Geschäfte führt.

Sind Sie in Ihrer Region erfolgreich, weil Sie vieles anders machen?
(Schmunzelt) Andere sind auch erfolgreich. Aber es stimmt, die Edeka Hessenring macht vieles nicht, was andere tun. Wir sind nicht bei der Deutschland-Card dabei, auch nicht bei der Initiative Tierwohl, wir haben keine Abteilung Nachhaltigkeit und auch keine für Pressearbeit.

Edeka Hessenring in Zahlen

Zur Edeka Hessenring gehören aktuell 453 Geschäfte, die meisten sind Verbrauchermärkte (1.500 bis 4.999 Quadratmeter). Das hat sich geändert: Noch vor wenigen Jahren gab es mehr kleinere Supermärkte. Die Edeka Hessenring hat in ihrem Verbreitungsgebiet einen Marktanteil von 30,5 Prozent und ist damit führend. Damit werden Aldi, Lidl und Co. gut in Schach gehalten. Bei Verbrauchermärkten ist das Konzept E-Neukauf mit 71 Geschäften der wichtigste Bereich, die Zahl der Läden geht aber zurück. Das am stärksten betriebene Konzept ist Edeka mit 203 Geschäften. Der anzahlbezogene Anteil selbstständiger Einzelhändler beträgt 90 Prozent. Sie repräsentieren einen Umsatzanteil von 90 Prozent. Der Umsatz der Edeka Hessenring wird von Trade Dimensions für 2017 auf knapp 3,1 Milliarden Euro geschätzt.

Warum nicht?
Als kleinste Edeka der Welt können wir uns das nicht leisten. Und man muss natürlich von der Sinnhaftigkeit und Zielführung bestimmter Aktionen überzeugt sein.

Kommen Sie, das ist nicht alles…
Wir haben ohne Deutschland-Card keine schlechtere Entwicklung als andere mit. Sparen aber die Kosten. Tierwohl ist eine Fehlkonstruktion. Sie darf nur ein Anschub sein, aber dann von allen Marktbeteiligten, Züchter und Zerleger haben sich ja fein rausgehalten. Wenn das Ganze nur auf eine Profilierung für den Handel rausläuft, ist das zu wenig. Wir haben kein Zutrauen in das Konzept, weil die Offenheit und dauerhafte Kontrolle fehlen.

Aber die Kunden legen doch immer mehr Wert auf Tierwohl?
Ach, tatsächlich? Klar, das ist – genau wie Nachhaltigkeit – derzeit Mainstream. Aber wenn wir die nächste Schweinebauch-Anzeige machen, haben wir sie wieder.