Interview mit Norbert Hegmann und Thorsten Bausch My-Enso: Auf einem anderen Weg in die Zukunft - Interview mit Norbert Hegmann und Thorsten Bausch: Teil 2

My-Enso verspricht den Supermarkt der Zukunft. Die Geschäftsführer Norbert Hegmann und Thorsten Bausch erklären ihr Online-Modell, das auf Kundeninitiative sowie -mitbestimmung setzt und bei der Warenauslieferung alternative Wege zum klassischen Paketversand nutzt.

Donnerstag, 26. April 2018 - Management
Dieter Druck
Artikelbild My-Enso: Auf einem anderen Weg in die Zukunft - Interview mit Norbert Hegmann und Thorsten Bausch: Teil 2
Bildquelle: Claudia Schiffner, myEnso

Nun gibt es nicht nur Amazon. Wie bewerten Sie die Online-Aktivitäten der klassischen Handelsunternehmen in Deutschland?
Sie geraten unserer Meinung nach ins Stocken, weil die Konzepte auf dem alten, klassischen Geschäftsmodell des stationären Handels basieren, das auf ein Online-Geschäft transferiert wird. Lidl und Kaufland mögen hier die aktuellen Beispiele liefern. Aber das Online-Geschäft muss versuchen, alle Kundengruppen anzusprechen und vor allem das breiteste und tiefste Sortiment zu bieten. Entsprechend dem One-Stop-Shopping muss zum Beispiel ein überzeugter Veganer auch alle anderen Artikel seines täglichen Bedarfs bei uns einkaufen können.

Sie haben auch das Konstrukt des My-Enso-Botschafters. Wie kann ich mir das vorstellen?
Hegmann: Das sind Personen, die in einer Straße oder einem Ortteil Pakete von uns entgegennehmen, die dann dort abgeholt werden können - eine Sammelstelle. Das entlastet die Zustellung und ist sehr viel praxisnäher und lohnender als über den Einsatz von Drohnen nachzudenken. Eine weitere Option wäre, dass diese Sammelpunkte bestimmte Vergesslichkeitsartikel wie Eier, Butter oder Vergleichbares vorhalten.

In der 3.000-Seelen-Gemeinde Blender starten Sie jetzt mit „Tante Enso“. Ist das der neue Dorfladen?
Soweit würde ich jetzt noch nicht gehen. In Blender besteht jedoch keine richtige Nahversorgerstruktur mehr. Daher haben wir mit der dortigen Bäckerei das Modell „Tante Enso“ entwickelt. Die Bestellungen der Dorfgemeinschaft werden hier aufgenommen, natürlich besteht auch die Möglichkeit der Online-Bestellung und einmal wöchentlich wird dorthin die Ware geliefert und verteilt beziehungsweise abgeholt. In diesem Monat fiel der Startschuss.

Sie beliefern auch Senioreneinrichtungen. Was steckt hier für ein Modell dahinter?
In dem Sektor arbeiten wir mit Convivo zusammen, einem Betreiber von mehr als 60 Seniorenwohnheimen, der auch gleichzeitig Gesellschafter bei uns ist. Auch in den Senioreneinrichtungen werden Bestellungen gesammelt und einmal wöchentlich ausgeliefert, ab zehn Bestellungen kostenfrei.

Daten und Fakten

Firmierung: Enso eCommerce GmbH Gründung: 2016 Geschäftführung: Norbert Hegmann (CEO und Gründer), Thorsten Bausch (CMO und Mit-Gründer) Dienstleistung: My-Enso ist ein neuer Online- Marktplatz für Lebensmittel, der auf konsequente Kundenzentrierung und die Beteiligung seiner Konsumenten setzt. Sortiment: One- Stop-Shopping für 100.000 Supermarktprodukte Großhandelspartner: Bünting und Bartles Langness Partner: Convivo, Grenzebach Maschinen, Kantar TNS, MR Plan- Fabrik, Pilot, team neusta, Vollers

Und Sie fahren dort hin mit dem „My-Enso-TÜT“, das ja auch als Verkaufswagen eingesetzt wird. Wie kann ich mir das in der Praxis vorstellen?
Bausch: Derzeit sind zwei My-Enso-TÜT unterwegs. Das sind Auslieferungs- und Verkaufsfahrzeuge in einem. Das heißt, die haben zusätzlich ein überschaubares Sortiment an Bord, insbesondere Obst, Süßwaren und Körperpflegeprodukte, in Anlehnung an ein Kioskangebot.

Kann man das Modell der Bündelung weiter spinnen?
Ja, wir denken zum Beispiel an Bestell- und Auslieferungspunkte an Marinas, Camping-Plätzen und Ferienhausanlagen. Wie freuen uns über jede Möglichkeit der Bündelung, um die Belieferung effizienter und wirtschaftlicher zu machen.

Sind solche Depots auch in Eigen-regie bzw. in Form eines My-Enso-Supermarkts dekbar?
Hegmann: Wir planen hier nichts in Eigenregie zu betreiben, sondern gegebene Strukturen für uns zu nutzen. Es sei denn, es wird eine stationäre Präsenz vom Kunden- beziehungsweise dem Pionierkreis als ausdrücklicher Wunsch an uns herangetragen. Aber soweit sind wir noch nicht.

Sie sprechen auch über neue Wege in der Warenbewegung , wo führen die hin?
Bausch: Da steht das vom Partner Grenzebach entwickelte Lagersystem im Fokus, das die Kommissionierung der Bestellungen deutlich effizienter gestaltet. Wir genießen hier Exklusivität. Roboterfahrzeuge bringen, vereinfacht dargestellt, ein mit unterschiedlichen Artikeln gefülltes Warenregal zum Kommissionierer, der daraus die aufgelisteten Waren entnimmt. Dann dockt das nächste an und so weiter, bis die Bestellung abgearbeitet ist. Die Roboter fahren Regale, die Menschen bleiben stehen.

Handelsmarken sind heute im stationären Handel eine strategische Komponente. Welche Eigenmarkenstrategie verfolgt My-Enso?
Hegmann: Wir setzen allein auf Markenartikel und werden selbst keine Eigenmarken launchen. Natürlich führen wir zurzeit Eigenmarken unserer Großhandelspartner Bünting und Bartels-Langness, die mit etwa 25.000 Artikeln unsere Sortimentbasis darstellen. Dazu kommen dann im Lauf der Zeit die von den Kunden gewünschten Spezialitäten.

Wünsch Dir was!

meine-entscheidung.myenso.de ist eine Plattform für das Management der Kundenwünsche von der Idee über die Optimierung und Bewertung bis hin zur Umsetzung. Mehr als 700 Wünsche der Kunden zu Produkten, Herstellern, Einkaufsfunktion und Services sind bereits eingegangen. Jede Woche kommen um die 50 dazu.

Wo wird die Artikelzahl bei der letzten Ausbaustufe liegen?
Wir rechnen mit einen Angebot von 100.000 Artikeln bis Ende 2019. Darunter etliche Produkte, die es nie in einen Supermarkt schaffen würden. Hier haben wir ein starkes Augenmerk auf Start-ups.

Wie ist die Preisstellung?
Bausch: Wir orientieren uns am Preisniveau der Vollsortimenter und bei den besonderen Artikeln um UVP der Hersteller.

Wie handhaben Sie die Frische?
In der Anfangsphase werden wir Fleisch, Wurst, Obst und Käse in SB-Verpackungen liefern. Später wird auch Thekenware ins Spiel kommen. Dann werden wir die Frischesortimente ebenso wie Getränke über Kooperationspartner, als Shop-in-Shop-Ansatz regional steuern.

Und wer liefert die Ware?
Punkte mit Bündelungsmöglichkeiten fahren wir selbst an. Beim nationale Paketversand kooperieren wir mit dem Frischenetzwerk von DHL Food Delivery sowie Liefery zusammen.