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Sollte einer Zweifel gehegt haben, dass Düsseldorf der Dreh-und Angelpunkt für Investitionsgüter im Handel ist, wurden diese beim Besuch der Euroshop 2011 zerstreut. Schon die Stau-Anfahrt zur Messe offenbarte, „hier tut sich was". Knapp 2.000 Aussteller präsentierten ihre Neuheiten. Licht, energieeffiziente Technologie, Nachhaltigkeit, beschleunigtes Cash-Management, aber auch die Einbindung des Smartphones in unterschiedlichste Abläufe waren eindeutige Schwerpunkte. Nicht zu vergesessen optisch ansprechende, flexible Systeme beim Ladeninterieur.
Das Thema Warenerfassung /Self-Checkout erfährt weitere Dynamik. Hier erwarten Hersteller in den kommenden Jahren grundlegende Veränderungen. Wanzl z. B. gewährte einen Blick in die Zukunft: Einkaufen komfortabel vom Regal durch die Kasse übers Auto bis nach Hause in den Kühlschrank. Das neue Shopping-Konzept setzt auf das berührungslose Erfassen von Artikeln, die automatische Warenerfassung im Regal durch UHF-Antennen, Waren-Identifizierung von UHF-Etiketten im Scan-Tunnel und den Self-Checkout an der Bezahlstation. Allerdings ist das Konzept bisher noch nicht reif für große, tiefe und breite Sortimente. Daher wird es zuerst in Outlets mit überschaubarem Sortiment (Discounter?) eingesetzt werden. Der erste Vertrag mit einem Harddiscounter soll zur Euroshop bereits gezeichnet worden sein.
Das System setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Dem Einkaufswagen M3EA für drei abnehmbare Körbe plus Ablagen am Griff und Bodenrost. Der Kunde erwirbt die ergonomisch geformten Einkaufskörbe und kann sie mit nach Hause nehmen. Im Regalboden integrierte UHF-Leseantennen erfassen in Verbindung mit der Warenwirtschaft Warenbestand, Mindesthaltbarkeit, Fehlbestände und ordern Ware nach. UHF-Antennen im so genannten Scan-Tunnel können in Sekundenschnelle mehrere hundert Artikel erfassen. Das Bezahlterminal schließlich erhält die Daten automatisch per LAN vom Tunnel. Bezahlt wird per Karte. Nach korrekter Bezahlung wird der Ausgang („eGate") freigeschaltet. Manipulationsversuche werden gemeldet. Die Körbe werden ins Auto geladen, kein Umladen mehr – und dann geht´s ab nach Hause.
Soweit der Ausblick. Konkreter ist da schon der Fall „Licht". Beleuchtung ist aktuell einer der Hauptinvestitionsbereiche in der Handelslandschaft. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, aber auch unter dem Aspekt Lichtausbeute/Abwärme, sind die LED-Beleuchtungen weiter auf dem Vormarsch. Einige Hersteller sprechen schon von Standard. Neue Systeme erlauben inzwischen auch die flächige sowie eine auf die jeweiligen Sortimente abgestimmte Ausleuchtung. Beim Schweizer Handelsunternehmen Manor sind die LEDs marktübergreifend seit sechs Monaten im Einsatz. Bei rund 50 Prozent Energieeinsparung wird trotz höherer Anschaffungskosten mit rund drei Jahren Amortisationszeit gerechnet.
Wahrlich großen Raum haben die Kühlmöbel-Hersteller eingenommen. Alles steht unter dem Aspekt des effizienten Energieeinsatzes. Kaum einer zweifelt daran, dass künftig auch bei der Plus-Kühlung das Gros der Geräte mit Türen ausgestattet sein wird. Die großen Handelsunternehmen in Europa gehen alle in diese Richtung, heißt es auf Herstellerseite. Energieeinsparung und Produktsicherheit sind die schlagenden Argumente. Mit Einfachglas werden laut Epta rund 25 Prozent und bei Doppelglas bis zu 50 Prozent gegenüber herkömmlichen Geräten gespart. Ansonsten sind auch in diesem Bereich der Kühlmöbel die LEDs als Lichtquelle inzwischen mehr oder weniger Standard.
Über das Kältemittel in den jeweiligen Systemen herrscht noch etwa Uneinigkeit. Ob CO2 hier neue Möglichkeiten eröffnet, wird kontrovers beurteilt. KMW zumindest agiert in diese Richtung, befindet sich aber noch in der Startphase. Für Austria Haustechnik (AHT) ist CO2 derzeit kein Thema, da es im Vergleich zu Propan Defizite bei höheren Umgebungstemperaturen zeige. Wiederum bei allen Anbietern zu erkennen ist der Ansatz Flexibilität. Steckerfertige Module (AHT, Epta) oder Einheiten, die werkzeuglos und ohne Kältemittelverlust an eine bestehende Verbundanlage („Kältesteckdose" von KMW) angeschlossen werden, sollen den Händlern mehr Freiraum, etwa für die Installation von Impulsinseln, verschaffen.
Trends bei Backstationen: voller Blick auf die Ware, platzsparende Lösungen mit schmaler Front und sich versenkenden Türen (z. B. bei Wiesheu) sowie Selbstreinigung z. T. auch mit Einsatz von Bio-Reinungsmitteln (Wiesheu) oder sehr wenig Wasser und Energie (Miwe) sowie durchdachter, einfacher Bedienbarkeit (Debag). Auch hier wird auf effiziente Energieausnutzung geachtet. Die Backstationen selbst werden optisch und technisch immer hochwertiger, wobei gerade Thekenfronten zurzeit angesagt sind. Genereller Trend: Fachgeschäft-Charakter und Außer-Haus-Verzehr. Linde beispielsweise hat eine eigene Unit für Backshops geschaffen. Resultate finden sich u. a. bei Edeka Hieber in Weil a. Rhein und bei Edeka Simmel in Unterhaching.
Flexibilität – das hat sich auch Bizerba auf die Fahnen geschrieben. So wurden die SB-Waagen der Generation K-class vorgestellt. In den Geräten eingebaute Kameras ermöglichen die automatische Artikelerkennung und eine schnellere Abwicklung des Wäge-Vorgangs. Gleichzeitig wird der Händler vor Manipulationen seitens des Kunden geschützt. Über Informationen auf den Displays kann zudem der Absatz bestimmter Produkte gezielt erhöht werden. Nach verschiedenen Pilotprojekten kommt die Waage jetzt unter anderem bei Carrefour in Frankreich zum Einsatz. In Deutschland ist das System derzeit in Filialen von Real installiert.
Neben hochwertiger Optik und Design erlangt beim Ladenbau das Thema Nachhaltigkeit immer stärkeres Gewicht. Natürliche Materialen, die aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammen bzw. hochgradig recyclingfähig sind, passen zum Bild einer auf „nachhaltiger Profilierung" bedachten Handelsszene. Bei Marks & Spencer in Großbritannien geht gar nichts mehr ohne entsprechende Zertifizierung für die unterschiedlichen Materialien. In der Schweiz sollen Coop und Migros bereits Arbeitsgruppen für die Thematik aufgestellt haben und der seit zwei, drei Jahren sehr auf Nachhaltigkeit bedachte deutsche Handel (z.B. Rewe, Edeka) wird entsprechend reagieren, so die allgemeine Einschätzung in den Messehallen. Fazit: Eine vielschichtige Dynamik bei den „Investitionsgütern" im Handel, die getragen wird von der Innovationskraft der Hersteller und der Investitionsbereitschaft im Handel, insbesondere durch den Drang zur Energieeinsparung.
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Messe Düsseldorf, Bizerba, Wanzl, Wiesheu, AHT