Interview mit Rainer Huber Leuchttürme auf Sicht - Interview mit Rainer Huber: Teil 2

Rainer Huber hat als Vorstandsvorsitzender der Edeka Südwest einige der wichtigsten Selbstständigen der Genossenschaft in seiner Region. Ein Gespräch über das Zusammenspiel zwischen Zentrale und Kaufleuten, Flops und Erfolgen zum 90-jährigen Bestehen der Regionalgesellschaft.

Donnerstag, 27. April 2017 - Management
Nicole Ritter
Artikelbild Leuchttürme auf Sicht - Interview mit Rainer Huber: Teil 2
Bildquelle: Martin Kämper

Inhaltsübersicht

Das wird immer wieder als Argument in der Diskussion um den Online-Handel angeführt …
Ich glaube nicht, dass der Online-Handel daran scheitern wird, aber es wird noch eine lange Zeit dauern, bis sich das Verbraucherverhalten entsprechend verändern wird. Und dann ist die Frage, welche Umsätze realisiert werden.

Werden auch wir irgendwann froh sein, wenn uns jemand die Bananen nach Hause bringt?
Ich würde es umdrehen und sagen, die Menschen sind froh, wenn sie rauskommen und die Märkte als Kommunikationsplattform nutzen können. Das sehen wir gleich nebenan in unserem E-Center: Da trifft sich regelmäßig einen Gruppe von Rentnern zum gemeinsamen Kaffeetrinken und Flanieren. Unsere Kernkompetenz sehen wir im stationären Handel. Wir werden uns aber nicht auf ein Format konzentrieren, sondern uns breit aufstellen, um den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht zu werden.

Bestehen Aussichten, Kundenbedürfnisse in den Griff zu bekommen, etwa wenn es um die Lieferung von Frischeprodukten geht?
Technisch könnten wir es sicherlich schaffen, Frische in den Schwarzwald zu liefern, nur ob es jemals betriebswirtschaftlich ist, da habe ich gehörige Zweifel. Wir haben seit Kurzem auch einen Test mit Emmas Box in Stuttgart am Bahnhof. Da wollen wir ausprobieren, wie die Prozesse sind, um auch die letzte Meile zu knacken.

Wie ist das vergangene Geschäftsjahr hier bei Ihnen gelaufen?
Wir befinden uns noch mitten im Jahresabschluss, von daher kann ich sagen: Die Umsatzentwicklung war gut, wir haben im Einzelhandel ein Plus von 3,3 Prozent.

Was beutet das für Ihre strategische Ausrichtung?
Wir sind sehr stark mit dem Thema Regionalität unterwegs und haben mit dem Label „Unsere Heimat – echt & gut“ im letzten Jahr rund 13 Prozent Umsatzsteigerung erreicht. Wir haben dafür heute 1.500 Lieferanten, 330 Artikel, und die wollen wir weiter ausbauen. Da sehen wir große Chancen.

Neue Projekte

An Ideen mangelt es den Edekanern im Südwesten bekanntlich nicht, und auch nicht an Filialen. Diese sollen künftig aus einem Zentrallager heraus beliefert werden. Nachlängerer erfolgloser Suche – 13 Standorte wurden geprüft und verworfen – kam die Stadt Rastatt mit einem Grundstücks-angebot ins Spiel. Derzeit wird die Fläche beplant, im Jahr 2020 soll der Standort ans Netz gehen. Auf ein weiteres Großprojekt in Offenburg ist Vorstandssprecher Rainer Huber mindestens ebenso stolz: Gut 15 Mio. Euro investiert die Gesellschaft in den Neubau des Ortenauer Wein-kellers.

Regionalität ist ein Feld, auf dem Ihre Selbstständigen sehr aktiv sind.
Auch die Kaufleute versuchen das in ihrem Mikrokosmos aufzubauen, und wir als Großhandlung haben ergänzend dazu die Dachmarke.

Das ist zum Beispiel die Marke Hofglück beim Fleisch.
Das ist eine Entwicklung vom Fleischwerk Rheinstetten. Zunächst hieß es Sternefleisch, aufgelegt mit dem Deutschen Tierschutzbund und dem höchsten Tierwohl-Standard mit zwei Sternen. Wir haben uns dann Höfe angesehen: Der Erzeuger, der für dieses Programm produziert, hat einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen. Das war das Startsignal für den neuen Namen und auch für Zehn-Jahres-Verträge für die Landwirte zu festgelegten Preisen. Bis Ende 2017 werden wir 1.000 Tiere pro Woche von unseren Landwirten bekommen, die wir unter diesem Label vermarkten.

Das ist dann ein Anteil von …
… etwa 10 Prozent. Das ist übrigens auch eines der Projekte, das wir gemeinsam mit den Kaufleuten vor Ort entwickeln.

Sie haben in Ihrer Region einige der starken Selbstständigen sitzen – wie funktioniert das Zusammenspiel?
Wir fordern unsere Kaufleute, aber sie fordern uns auch. So entwickeln wir uns jeden Tag weiter, arbeiten an den Prozessen, den Sortimenten, den Preisen, den Spannen.