Recht Manchmal geht’s auch ohne Betriebsrat

Zeitarbeit, Werkverträge, Arbeitnehmerüberlassung: Die Große Koalition hat diese sensiblen Bereiche des Arbeitsrechts neu geregelt. Was neu ist und worauf zu achten ist, dazu Rechtsanwalt Dr. Alexander Bissels.

Donnerstag, 23. Juni 2016 - Management
Susanne Klopsch
Artikelbild Manchmal geht’s auch ohne Betriebsrat
Bildquelle: CMS Hasche Sigle

Der Einsatz von Werkverträgen und die Arbeitnehmerüberlassung sollen nach dem Willen von „Schwarz-Rot“ wieder stärker gesetzlich reguliert werden. Seit dem 16. November 2015 liegt dazu ein Referentenentwurf vor. Dieser wurde bereits im Februar 2016 angepasst und nun mit weiteren Änderungen im Koalitionsausschuss abgesegnet. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Neu ist, dass die Überlassung von Mitarbeitern zwischen dem Personaldienstleister und dem Kunden ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen ist. Ergänzt wird diese Offenlegungspflicht dadurch, dass der Mitarbeiter vor der Überlassung darüber zu informieren ist, dass er als Zeitarbeitnehmer im Unternehmen tätig sein wird. Diese Regelung soll der sogenannten Fallschirmlösung einen Riegel vorschieben. Wird gegen diese Offenlegungspflicht, z. B. bei einem Scheinwerkvertrag, verstoßen, sind die Arbeitsverträge zwischen dem Personaldienstleister und dem Zeitarbeitnehmer unwirksam; stattdessen soll ein Arbeitsverhältnis mit dem Kunden fingiert werden.

Es soll grundsätzlich eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten gelten, von der u. a. durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche abgewichen werden kann. Bei der Bestimmung der Höchstgrenze ist auf die Überlassung des jeweils eingesetzten Zeitarbeitnehmers und nicht allgemein auf den beim Kunden mit einem Zeitarbeitnehmer besetzten Arbeitsplatz abzustellen. Es kann also nach 18 Monaten der betreffende Zeitarbeitnehmer gegen einen anderen ausgetauscht werden und die Höchstüberlassungsdauer erneut ausgereizt werden.

Der Equal-pay-Grundsatz soll durch einen Tarifvertrag der Zeitarbeitsbranche oder eine Bezugnahme auf diesen grundsätzlich nur für die ersten 9 Monate einer Überlassung an einen Kunden abbedungen werden können; im Anschluss gilt zwingend gleiche Bezahlung. Eine längere Abweichung ist nur statthaft, wenn spätestens nach 15 Monaten mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das ein vergleichbarer Stammmitarbeiter im Unternehmen erhält, und nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses erfolgt.

Bei einer Unterbrechung des Einsatzes bei einem Kunden von mindestens drei Monaten und einer sich daran anschließenden erneuten Überlassung werden diese Zeiten nicht auf die Höchstüberlassungsdauer und auf die für die zwingende equal pay maßgebliche Frist angerechnet. Der Zeitarbeitnehmer startet dann wieder bei „null“.

Wird ein Arbeitnehmer überlassen, ohne dass der Personaldienstleister über eine Erlaubnis verfügt, ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und auch der Arbeitsvertrag unwirksam; es wird stattdessen ein Arbeitsverhältnis mit dem Kunden fingiert – dies ist nicht neu. Es soll jedoch eine Regelung eingefügt werden, nach der keine Unwirksamkeit eintritt, wenn der Zeitarbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt erklärt, dass er am Arbeitsvertrag mit dem Personaldienstleister festhält. Einen vergleichbaren Regelungsmechanismus sieht das Gesetz für den Fall vor, dass gegen die oben genannte Offenlegungspflicht oder die zulässige Höchstüberlassungsdauer verstoßen wird. Zukünftig wird sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Mitarbeiter – möglicherweise schon standardisiert im Arbeitsvertrag bzw. der konkreten Einsatzmitteilung – eine entsp rechende „Festhaltenserklärung“ abgeben kann, die die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kunden verhindert.

Der Kunde darf keine Zeitarbeitnehmer mehr einsetzen, soweit der Einsatzbetrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist. Laut Gesetzesbegründung gilt dieses Verbot nicht nur für den Einsatz von Streikbrechern, sondern auch für bereits vor Beginn des Arbeitskampfs in dem Betrieb eingesetzte Zeitarbeitnehmer. Klargestellt werden soll, dass Zeitarbeitnehmer dann weiter überlassen werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass diese nicht Aufgaben wahrnehmen, die bisher von streikenden Stammbeschäftigten verrichtet wurden.

Zeitarbeitnehmer sind zukünftig bei sämtlichen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetz (Ausnahme: § 112a BetrVG) mitzuzählen, z. B. bei der Größe des Betriebsrates. Dies soll auch für die Unternehmensmitbestimmung gelten, wenn die Gesamtdauer der Überlassung sechs Monate übersteigt.

Der Betriebsrat muss über den Einsatz von Fremdpersonal informiert werden. Dieser ist dabei über den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen zu unterrichten. Zudem sind dem Betriebsrat die dem Einsatz des Fremdpersonals zugrunde liegenden Verträge vorzulegen. Wichtig ist, dass der Abschluss von Werk-/Dienstverträgen künftig weiterhin mitbestimmungsfrei sein wird. Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, vor der Fremdvergabe von Tätigkeiten die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen.

Die gesetzlichen Änderungen sollen voraussichtlich mit Wirkung zum 01.01.2017 in Kraft treten. Ausdrücklich klargestellt wird, dass Überlassungszeiten, die vor diesem Zeitpunkt liegen, für die Berechnung der künftigen Höchstüberlassungsdauer und der Einsatzdauer für den zwingenden Equal-pay-Anspruch nicht berücksichtigt werden.