Round Table:Lebensmittel-Patente „Wir brauchen Schutz und Zugang“ - Roundtable: Patente Teil 3

Was spricht für, was gegen Patente auf Pflanzen und Tiere? Steht das Thema überhaupt im Fokus von Lebensmittelhandel und Verbrauchern? Die LP lud Befürworter und Gegner zum Streitgespräch über die möglichen Auswirkungen von Patenten auf Pflanzen und Tiere ein.

Dienstag, 09. Juni 2015 - Management
Bettina Röttig und Heidrun Mittler
Artikelbild „Wir brauchen Schutz und Zugang“ - Roundtable: Patente Teil 3
Bildquelle: Eilers

Transparenz ist ein bestimmendes Thema im Lebensmittelhandel. Frau Dr. Büchel, Frau Weber, inwieweit können Sie zurückverfolgen, woher das Saatgut der von Rewe und Tegut vermarkteten Agrarprodukte stammt, ob von Großkonzernen oder kleinen Unternehmen?
Büchel
: Eine Rückverfolgung des Saatgutes ist überaus komplex, aber grundsätzlich im Rahmen der Rückverfolgbarkeit möglich. Unsere Qualitätssicherungsmaßgaben für unsere Eigenmarken definieren aber derzeit stärker die jeweiligen Qualitätsanforderungen, Ursprünge spielen dabei noch eine sekundäre Rolle.

Weber: Ein großer Teil der bei uns angebotenen Lebensmittel, insbesondere Obst und Gemüse, Backwaren, aber auch Fleisch sind biologisch erzeugt und damit frei von patentierten und / oder gentechnisch veränderten Saatgut. Wir erarbeiten gerade Kriterien mit unseren Erzeugern, welches Saatgut künftig eingesetzt werden soll, damit wir die von unseren Kunden gewünschte Vielfalt bieten können.

Jorasch: Vielfalt ist da und nimmt weiter zu. Heute sind 3.000 Pflanzensorten zugelassen. Der Handel bestimmt heute schon durch seine Nachfrage, was angebaut wird. Wir haben ca. 200 eingetragene Kartoffelsorten. Im Handel ist aber nur eine Handvoll davon zu finden.

Weber: Ich lade Sie hiermit herzlich in unsere Märkte ein. Wir präsentieren auch bei Kartoffeln Vielfalt.

Wie viele Kartoffelsorten finden Rewe-Kunden in etwa?
Büchel: Genau kann ich das nicht sagen, aber auch wir setzen auf ein vielfältiges Angebot, bei meinem Rewe um die Ecke dürften es mindestens 15 Sorten sein. Vor allem alte Sorten kommen bei unseren Kunden sehr gut an.

Jorasch: Alt ist aber nicht immer gut. Neue Sorten sind meist nachhaltiger als die alten. Aber wir benötigen natürlich bei landwirtschaftlichen Produkten die Vielfalt, also auch alte Sorten, die an regionale Bedingungen angepasst sind.

Welches Fazit ziehen Sie aus unserer Diskussion?
Hefner: Patente sind ein sinnvolles Instrument für den Züchtungsfortschritt, und sie führen nicht zu einer Verringerung der Vielfalt. Wir brauchen die Ergänzung des Sortenschutzes, aber wir brauchen auch vernünftige Regulierungen, um Züchtern den freien Zugang zu Patenten zu ermöglichen. Wir setzen uns als Unternehmen dafür ein und stehen auch für die mit Recht eingeforderte Transparenz. Wir müssen den dringend benötigten Züchtungsfortschritt ermöglichen, darum geht es.

Jorasch: Der BDP fordert einen ausgewogenen Schutz geistigen Eigentums. Er ist für die Erhaltung der Vielfalt einer innovativen und leistungsstarken sowie vielfältigen Züchterlandschaft unerlässlich. Aber wir müssen differenzieren. Für die konventionelle Zucht reicht der Sortenschutz aus. Patente dürfen aus unserer Sicht nur auf technische Erfindungen erteilt werden. Die Politik muss wie im deutschen Patentgesetz auch auf EU-Ebene Rechtssicherheit schaffen und klarstellen, dass die EU-Biopatentrichtlinie nicht nur die Verfahren, sondern auch die damit erzeugten Produkte vom Patentschutz ausschließt.

Weber: Tegut ist daran gelegen, dass dem Verbraucher die ganze Bandbreite an Nahrungsmitteln zur Verfügung steht. Die Sortenvielfalt und der Schutz auch kleiner und mittelständischer Unternehmen muss gewährleistet werden.

Then: Genau darum geht es: Wir müssen den Zugang zur genetischen Vielfalt erhalten. Die Politik muss jetzt dafür sorgen, dass die Auslegung der europäischen Patentgesetze geändert wird und die bestehenden Verbote im europäischen Patentrecht gestärkt werden. Mittelfristig müssen jedoch auch die Patentgesetze verändert werden.

Büchel: Für die Rewe Group ist die zentrale Frage: Wie können wir Vielfalt kultivieren und den Marktzugang kleiner Firmen sichern? Wir sind im Austausch mit Politik und NGOs und werden unsere Möglichkeiten nutzen, die Bundesregierung für das Thema Patente auf Pflanzen und Tiere zu sensibilisieren. Eine breite öffentliche Diskussion muss bei diesem Thema Transparenz schaffen, Verbraucher sollten über die Patentierung und möglichen Folgen informiert werden. Hier sollten die Fehler, die beispielsweise im Rahmen der TTIP-Verhandlungen gemacht wurden, nicht wiederholt werden.

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Bild öffnen „Die Sortenvielfalt und der Zugang zur genetischen Diversität müssen geschützt werden.“ Alexandra Weber
Bild öffnen „Der Schutz geistigen Eigentums ist in der Züchtung notwendig für Innovationen. Saatgut trägt die Kopiermaschine quasi in sich.“ Dr. Petra Jorasch
Bild öffnen „Patente stehen für die Offenlegung von Technologien und
sind ein wichtiger Anreiz Fortschritt in der Züchtung“ 
Peter Hefner
Bild öffnen „Patente auf Pflanzen und Tiere fördern die Marktkonzentration und bringen Landwirte in Abhängigkeit
von den großen Konzernen.“ Dr. Christoph Then
Bild öffnen „Wir wollen Vielfalt erhalten. Und hierfür ist Wettbewerb
essenziell.“ Dr. Daniela Büchel