Interview mit Rolf Geckle:„Genug Personal ist das A und O“ - EHI-Studie

Aufmerksame, engagierte Mitarbeiter sind die beste Prävention gegen Ladendiebstahl. Davon ist Rolf Geckle, Fachmann bei der Polizei in Karlsruhe, überzeugt.

Sonntag, 17. August 2014 - Management
Sonja Plachetta
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Aufgabe für jeden: Die Waren könnten
2 Prozent billiger sein, wenn es keinen
Ladendiebstahl gäbe. „Es ist also im Interesse
von uns allen, ihn zu bekämpfen“,
appelliert Geckle.
Bildquelle: Hoppen

Laut einer EHI-Studie steigt die Gewaltbereitschaft der Täter. Wie geht ein Mitarbeiter vor, wenn er einen Dieb entdeckt?
Dieses Studienergebnis deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. Mir ist kein Fall von Übergriffen auf Mitarbeiter bekannt. Viele befürchten, dass die Täter nach der Arbeit vor dem Markt auf sie warten, wenn sie sie anzeigen. Das passiert aber nicht. Gerade die Georgier lassen sich meist ohne Gegenwehr festnehmen. Meine Empfehlung ist, dass man den Täter anspricht und ihn damit konfrontiert, dass man ihn beim Klauen beobachtet hat. Dann sollte man ihn bitten, mit ins Büro zu kommen. Wenn sich der Täter dann umdreht und flüchtet, sollte man ihn laufen lassen. Aber schätzungsweise 80 Prozent bleiben stehen.

Wann darf ein Mitarbeiter den Dieb festhalten?
Es gibt den Jedermanns-Paragraf 127 StPO. Wenn ich eine Straftat zweifelsfrei beobachte, darf ich den Täter als Privatperson festnehmen. Viele Mitarbeiter wissen das aber nicht. Deshalb sind regelmäßige Schulungen für alle Mitarbeiter – auch die Aushilfskräfte – umso wichtiger.

Was wird im LEH am häufigsten geklaut?
Oft werden Zigaretten und Alkoholika geklaut, weil die Täter selbst abhängig sind, häufig wird die Ware ins Rotlichtmilieu verschoben. Auch Rasierklingen, Wimperntusche, Kosmetik, elektrische Zahnbürsten sind begehrt. Viele Händler sichern diese Ware gesondert, aber auf die Sicherungen kann man sich nicht verlassen. Die Täter finden eine Möglichkeit, sie zu überlisten.

Kann die richtige Platzierung Diebstahl verhindern?
Es wäre sinnvoll, gerade Alkoholika in der Nähe der Kasse zu platzieren, damit sie im Blickfeld der Mitarbeiter sind. Oft sind aber die Weinabteilungen im hintersten Bereich des Ladens. Bei Kosmetika und anderen hochwertigen Artikeln gilt dasselbe.

Gibt es Stoßzeiten für Ladendiebstahl?
Wir haben in Karlsruhe jeden Tag zwischen zehn und zwölf Ladendiebstählen. Morgens bekommen wir kaum einen gemeldet, dafür umso mehr gegen 16 Uhr, wenn die Kundenfrequenz zunimmt. Wir probieren das gelegentlich selbst. Und es ist erschreckend, wie leicht es mancherorts ist, etwas einzustecken.

Spielt die Lage eines Ladens eine Rolle?
Bei Shoppingcentern auf jeden Fall. Da sind die Geschäfte im Ein- und Ausgangsbereich stärker von Ladendiebstahl betroffen. Notwendig ist aus meiner Sicht, Barrieren einzubauen, um zu verhindern, dass Ladendiebe durch den Eingang wieder rauslaufen können. Ich sehe das nicht als kundenunfreundlich an. Denn die Waren könnten 2 Prozent billiger sein, wenn es keinen Ladendiebstahl gäbe. Es ist also im Interesse von uns allen, ihn zu bekämpfen.

Rolf Geckle bietet gegen Gebühr bundesweit Schulungen und Workshops für Mitarbeiter zur Prävention von Ladendiebstahl an. Infos unter Tel. 0721/9394420 , E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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Bild öffnen „Sinnvoll wäre es, dass sich Wettbewerber unternehmensübergreifend vorwarnen, wenn neue Tätergruppierungen unterwegs sind.“
Bild öffnen Aufgabe für jeden: Die Waren könnten
2 Prozent billiger sein, wenn es keinen
Ladendiebstahl gäbe. „Es ist also im Interesse
von uns allen, ihn zu bekämpfen“,
appelliert Geckle.
Bild öffnen Einen Trick voraus: Auf Sicherungssysteme allein verlassen sollten sich Händler nicht, rät Rolf Geckle. Viele Täter
nutzen z. B. mit Alufolie ausgekleidete Taschen, um diese Systeme zu überlisten.
Bild öffnen Stoßzeit am Nachmittag: Diebe greifen verstärkt dann zu, wenn der Laden voll ist, wie auch Überwachungsvideos zeigen.
In vielen Läden werde es den Tätern aber auch zu leicht gemacht, etwas einzustecken, moniert Geckle.