"Lebendiger" Käse Gorgonzola

Gorgonzola ist neben Roquefort weltweit der bekannteste Blauschimmelkäse. Die italienische Spezialität ist erklärungsbedürftig.

Donnerstag, 17. Mai 2012 - Warenkunden
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Gorgonzola

Wir Deutschen beneiden die Italiener. Sicherlich nicht immer und in jeder Hinsicht, aber wenn es um „La dolce Vita“, also das „süße“, unbeschwerte Leben“ geht, hätten wir manchmal doch gerne die Gelassenheit und Leichtigkeit unserer Nachbarn aus dem Süden. Vielleicht ist das auch der Grund für die Beliebtheit italienischer Produkte. Egal ob Rotwein aus der Toscana, Bruschetta aus Piemont-Tomaten oder Schinken aus Parma: Italienische Produkte nehmen einen wichtigen Platz in den Regalen des deutschen Lebensmittel-Einzelhandels und damit in unserem Leben ein. So natürlich auch italienischer Käse. Zu den bekanntesten Sorten gehören Parmesan, Grana Padano, Mozzarella – und Gorgonzola. Dieses Produkt gehört zur Familie der Blauschimmelkäse und wird in den norditalienischen Gebieten um die Regionen Lombardei und Piemont hergestellt. Gorgonzola ist neben dem französischen Roquefort der berühmteste Blauschimmelkäse der Welt und seit 1955 in Italien m it dem DOC-Siegel („Denominazione di origine controllata“) geschützt. Seit 1996 genießt er außerdem den europäischen Status einer geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.). Der Käse hat im Allgemeinen eine dicke, rosa-graue Rinde, die außen stellenweise Edelschimmelflecken aufweist.

Wie bei allen traditionsreichen Lebensmitteln ranken sich auch um die Geschichte des Gorgonzolas verschiedene Mythen . Als gesichert gilt, dass der Gorgonzola seit mindestens dem 11. Jahrhundert hergestellt wird. Die kleine Ortschaft Gorgonzola (in der Provinz Mailand) diente als Namensgeber, auch wenn sie im Verlauf der verschiedenen Jahrhunderte nie das größte Produktionsgebiet war. Eine typisch italienische Legende erklärt den Ursprung des alten Namens „Stracchino di Gorgonzola“ (Der Müde von Gorgonzola): Demnach wurde damals der Melker von einem Mädchen aus dem Dorf besucht. Nach der Liebesnacht war der Junge so übermüdet, dass er die frische Milch des Tages mit der geronnenen vom Vorabend vermischte und so (unbewusst) den Grundstein für die Herstellung des heute weltberühmten Käses legte. Mittlerweile werden nämlich rund 4 Mio. Käselaibe (insgesamt 480.000 Zentner) hergestellt. Etwa ein Drittel davon wird in das Ausland verkauft mit Frankreich und Deutschland als wichtigste Abnehmer.

Die Herstellung des Gorgonzolas ist vergleichsweise kompliziert. Der Käse wird entweder aus der Milch zweier Milchgänge oder auch nur eines Melkganges produziert, wobei die Pasteurisierung Voraussetzung ist. Die Milch darf ebenso auf keinerlei Art und Weise durch Desinfektions- oder Pflanzenschutzmittel, sowie Antibiotika verunreinigt sein – also durch Substanzen, die gewöhnlich in der Landwirtschaft und der Viehzucht verwendet werden. Dies ist notwendig, da sich andernfalls die Schimmelpilze und Milchsäurebakterien nicht reproduzieren könnten. Der Milch werden Kulturen des sogenannten „Penicillium roqueforti“ beigefügt. Das ist ein Schimmelpilz, der vor allem bei der Herstellung von Blauschimmelkäse eingesetzt wird. Neben Gorgonzola findet er beispielsweise auch bei Roquefort, Bavaria Blu, Bleu d’Auvergne und Stilton Verwendung. Um das Edelschimmelwachstum zu fördern, werden die Laibe während der Reifung mit Kupfer- oder Edelstahlnadeln durchbohrt, so dass Sauerst off in den Teig gelangt. Hierdurch entsteht die typisch grünliche Äderung (Schimmelbildung). Die Rinde wird außerdem regelmäßig mit Salzwasser abgewaschen.


Typisch für die Käseherstellung sind die zylindrischen Laibe mit einem Gewicht zwischen 12 und 13 kg. Die Länge der Reifung hängt von dem Produkt ab, das man herstellen will. Während Gorgonzola dolce mit seinen zarten Edelschimmeladern eher cremig und mild ist und eine Reifezeit von 60 bis 75 Tagen hat, benötigt der Gorgonzola piccante , den man an zahlreichen Edelschimmeladern und seiner intensiv blau-grünen Farbe erkennt, 80 bis 120 Tage. Er hat einen anhaltenden, intensiven und würzigen Geschmack und ist härter und trocken. Durch diese unterschiedlichen geschmacklichen Eigenschaften ergeben sich auch andere Verwendungsmöglichkeiten : So eignet sich der milde Gorgonzola dolce beispielsweise zur Zubereitung von Pasta, Lasagne und Pizza. Piccante hingegen passt am besten zu Rinderbraten oder Hähnchenkeule sowie zu Oliven und Brot.

Da der Gorgonzola, mehr als andere Käsesorten, ein „lebendiges“ Lebensmittel ist, gibt es einiges zu beachten. So empfiehlt das „Konsortium für den Schutz des Gorgonzolas“, ein Zusammenschluss der wichtigen Gorgonzola-Hersteller, beim Auslegen der Laibe den sichtbare Teil immer mit einer durchsichtigen Folie für Lebensmittel abzudecken. Anderenfalls könnte die Paste oxidieren und sich ein gelb-matter Belag bilden. Der appetitliche Anblick wäre dahin.

Auch Aufklärung bei den Kunden ist wichtig: So sollte Gorgonzola vor dem Verzehr mindestens eine halbe Stunde bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Damit werden die so genannten „organoleptischen Merkmale“ unterstrichen, das heißt, Farbe, Geruch und Geschmack.

Ein wichtiges Thema ist der Geruch : Nicht jeder Käse-Liebhaber schätzt ihn, manche empfinden ihn im Kühlschrank gar als störend. Sollte ein Kunde befürchten, dass sich sein typischer Geruch auf andere Käsesorten überträgt, hier ein Tipp: Die Lösung ist, die Rinde wegzuschneiden und den rindenlosen Gorgonzola mit einer Alufolie zu umwickeln. Oft ist nämlich die Rinde der Grund für seinen penetranten und nicht immer als angenehm empfundenen Geruch.

Kontrollierter Ursprung
Das g.U.-Siegel der Europäischen Union dokumentiert die Authentizität des Käses und grenzt die italienischen Originale von Plagiaten ab.
Die sogenannte „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. Die Qualität und Authentizität von Gorgonzola wird durch diese strengen Vorgaben geregelt. Hier sind die Produktionsstandards und die g.U.-Zonen für die Milchsammlung und Lagerung festgesetzt. Ferner muss nach dem Gesetz jeder Gorgonzola-Laib am Herstellungsort mit den Daten des Herstellers markiert und mit Alufolie umwickelt werden. Auf allen Folienblättern ist ein wenig erhöht ein kleines „g“ aufgedruckt. Käse ohne dieses Markenzeichen und umwickelt mit geprägter Alufolie ist kein echter Gorgonzola! Im Auftrag des italienischen Staates wurde 1970 das Konsortium für den Schutz des Gorgonzolas geschaffen. Dieses überwacht die Einhaltung und Anwendung der geltenden Normen in Italien und in den ausländischen Ländern, in denen die Ursprungsbezeichnung „Gorgonzola“ geschützt ist.

{tab=Fragen:}
Wer diese Warenverkaufskunde aufmerksam gelesen hat, kann die Fragen leicht beantworten. Die Antworten stehen darunter.

  1. Wie lange müssenjeweils Gorgonzola dolce und Gorgoncola piccante reifen?
  2. Seit wann trägt der Gorgonzola das europäische Siegel "Geschützte Ursprungsbezeichnung"?

{tab=Antworten:}

  1. 60 bis 75 Tagen, beziehungsweise 80 bis 120 Tage.
  2. Seit 1996.
Die Warenverkaufskunde erscheint reglemäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis.
Redaktion: Tobias Dünnebacke
Wir danken IGOR Gorgonzola (www.igornovara.it) für die Zusammenarbeit, den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Fotomaterial.
Titelfoto: Christian Belz

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