Warenverkaufskunde Nachhaltigkeit - Der „faire Preis“

Nachhaltig erzeugte Lebensmittel zählen mittlerweile zu einem der Profilierungs-Sortimente des Handels. Doch welche Aspekte werden bei Herstellung und Vermarktung berücksichtigt?

Freitag, 19. September 2014 - Warenkunden
Bettina Röttig
Artikelbild Nachhaltigkeit - Der „faire Preis“

Der „faire Preis“ setzt sich aus der Zahlung eines Mindestpreises und eines Fairtrade-Aufschlags zusammen. Diesen Aufschlag investieren die Produzenten in soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte, beispielsweise in Schulen und medizinische Versorgung. Das Fairtrade-Siegel tragen nur Produkte von Produzentengruppen, die entsprechend den internationalen sozialen, ökologischen und ökonomischen Standards der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) zertifiziert sind.

Zu Beginn spielten ökologische Kriterien beim Fairen Handel eine untergeordnete Rolle. Heute werden ökologische Mindeststandards in jeden Kriterienkatalog zur Zertifizierung aufgenommen. So ist es den Farmern beispielsweise untersagt, Neuanpflanzungen in Urwaldgebieten durchzuführen und damit weitere Teile des Waldes zu zerstören. Agrochemikalien, die auf der Liste der verbotenen Materialien der FLO stehen, dürfen nicht verwendet werden. Darüber hinaus ist es verboten, gentechnisch veränderte Organismen anzubauen. Die höheren Einnahmen aus dem Fairen Handel ermöglichen oft die Umstellung auf ökologischen Anbau, Mehr als 1,4 Mio. Kleinbauern und Arbeiter in 70 Ländern profitieren direkt von den Vorteilen des Fairen Handels. Indirekt verbessert Fairtrade die Lebens- und Arbeitsbedingungen von rund 6 Mio. Menschen weltweit. Neben Bananen, Kaffee und Kakao- bzw. Schokoladenprodukten umfasst das Angebot auch Tee, Reis, Fruchtsäfte, Honig, Zucker, Gewürze, Wein, Textilien aus fair gehandelter Baumwolle, Schnittblumen und neuerdings sogar Kosmetik.

Die unabhängige, internationale Umweltorganisation Rainforest Alliance setzt sich für den Schutz der Ökosysteme, den Erhalt der Biodiversität, die Sicherung der gemeinsamen Lebensräume von Mensch, Tier und Pflanze sowie den Zugang von Arbeitern und ihren Familien zu angemessenem Wohnen, Bildung und medizinischer Versorgung ein. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die tropischen Regionen in Mittel- und Südamerika, Afrika und Asien. Mittlerweile profitieren nach Angaben der Organisation mehr als 15 Mio. Menschen – Farmer, Farmarbeiter und ihre Familienangehörigen – in 43 tropischen Ländern von einer Rainforest-Alliance-Zertifizierung.

Die Landwirtschaftsbetriebe müssen mindestens 80 der insgesamt rund 100 umwelt-, sozial- und wirtschaftsbezogenen Kriterien erfüllen, wenn sie zertifiziert werden wollen, u. a. um die Erhaltung der Ökosysteme, den Schutz des Bodens sowie des Lebensraums wild lebender Tiere, aber auch faire und sichere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Maßnahmen zum Gewässerschutz, die Beschränkung und Kontrolle des Einsatzes von Agrochemikalien und ein integriertes Abfallmanagement zählen ebenfalls zu den Anforderungen. Gentechnik ist verboten.

Unter den Standards, die zusammen mit den Partnerorganisationen im Sustainable Agriculture Network SAN (Netzwerk für Nachhaltige Landwirtschaft) ausgearbeitet wurden, einer Vereinigung gemeinnütziger nichtregierungsgebundener Organisationen, gelten aktuell 16 als so genannte „kritische Kriterien“. Jedes einzelne dieser Kriterien muss eine Farm vollständig erfüllen, um zertifiziert zu werden bzw. die Zertifizierung zu behalten. Für Erzeugnisse, die nach den Standards des Netzwerks für Nachhaltige Landwirtschaft produziert werden, erhalten die Farmer höhere Preise und Bonuszahlungen. Ende 2013 wurden insgesamt bereits mehr als 570.000 t Kakao gemäß SAN-Standard erzeugt. Dies entsprach rund 14,5 Prozent der Weltproduktion. Mittlerweile sind rund 5,2 Prozent des weltweit produzierten Kaffees, 14 Prozent des Tees sowie 4 Prozent der Bananen (20 Prozent der globalen Exporte) zertifiziert.

Damit ein Produkt das Siegel der Rainforest Alliance Certified tragen darf, muss sich der Hersteller dazu verpflichten, innerhalb von maximal fünf Jahren die betreffenden Rohstoffe zu 100 Prozent von Rainforest Alliance zertifizierten Farmen zu beziehen. Verkauft ein Unternehmen z. B. einen Kaffee, in dem zunächst mindestens 30 Prozent der Bohnen von Rainforest-Alliance-zertifizierten Farmen (Mindest-Anforderung) stammten, so muss der Anteil in diesem Produkt im Folgejahr mindestens 45 Prozent, danach mindestens 60 Prozent betragen etc., bis nach spätestens fünf Jahren 100 Prozent des Rohstoffs aus nachhaltig wirtschaftenden Quellen stammen. (Aktuell wird der SAN-Standard überarbeitet. Die neue Fassung soll 2015 in Kraft treten.)

Wissenscheck

Wer diese Warenverkaufskunde gelesen hat, kann folgende Fragen leicht beantworten.

{tab=Fragen}

  1. Wie hoch war der Bio-Umsatz in Deutschland 2013?
  2. Wofür steht das Kürzel ASC?
  3. Welches Ziel hat sich Fairtrade gesetzt?

{tab=Antworten}

  1. 2013 gaben die Bundesbürger rund 7,55 Mrd. Euro für Bio-Lebensmittel aus.
  2. Aqua Stewardship Council – das Siegel für verantwortungsvolle Fischzucht.
  3. Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensumstände für benachteiligte Produzenten in Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Lateinamerika.



Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken TransFair Deutschland und der Rainforest Alliance für den fachlichen Rat.Fotos: Hartmut Fiebig (Titel), Rainforest Alliance, NuernbergMesse/Thomas Geige, NuernbergMesse/Frank Boxle

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