Am Main... Frankfurter Supermärkte unter der Lupe

Von der Servicewüste Deutschland zu schreiben, verbietet sich mittlerweile. Das jüngstes Ziel unserer Testerin: der umkämpfte Raum Frankfurt. Eine durchwachsene Bilanz.

Freitag, 10. September 2010 - Store Checks
Silvia Schulz

Inhaltsübersicht

Die Filialdichte in Frankfurt ist groß. Jeder Markt muss sich um die Kunden richtig bemühen. In Frankfurt fand LP-Testkäuferin Silvia S. unterschiedliche Beispiele dafür, wie Kunden in den Markt gelockt werden. Bei tegut gab es weder Ware noch Aufsteller vor dem Markt, dafür aber Ordnung und Sauberkeit in Perfektion. Ferner konnten die Kunden von allen Seiten ins Marktinnere blicken. Helle farbige große Piktogramme auf den halbhoch abgeklebten Schaufenstern wirkten freundlich. Und da es im Ladeninneren heller war, zog das Licht die Kunden regelrecht an.


Rewe in der Heidestraße verführte die Kunden ebenfalls mit einem guten Einblick. Zudem gab es hier direkt vor dem Eingang eine herbstliche Blumenpräsentation. Diese machte Lust darauf, den heimischen Balkon oder die Fensterbretter zu gestalten. Auch toom wusste den Platz vor dem Markt kundenwirksam zu nutzen. Es gab Bratwürste vom Grill und einen ansprechenden Blumenverkauf. Negativ fielen zwei Mitarbeiter eines Marktes auf, die ausgerechnet vor dem Geschäft auf der Straße rauchen mussten.

Der zweite Eindruck: Innen

Auch beim Inneneindruck wussten die Märkte zu überzeugen. Gepflegt und mit persönlicher Note, gerade weil Räumlichkeiten und Ladenlayout nicht veränderbar sind, das spricht die Kunden an. Das haben die meisten Frankfurter Ladenbetreiber gut verstanden. Und dennoch gab es Ausrutscher. Out-of-Stocks sind nur ein Beispiel dafür. Wenn der Kunde Landliebe Vanillejoghurt mag, dann will er den und keinen anderen. Zudem ist es dem Kunden egal, wer für das Nichtvorhandensein verantwortlich ist. Und so stimmen ihn die angebrachten Schildchen über die Nicht-Lieferfähigkeit auch nicht milder.


Die Kunden, die bei tegut am Besuchstag einkauften, hätten es verdient, mit den an der Kasse liegenden Bonbons belohnt zu werden. Denn das Obstregal, eigentlich der Eyecatcher, war zum Zeitpunkt des Besuchs der LP-Testerin eher leer als voll. Auch ganze Regale oder Blöcke im Regal, die durch Leerstände auffielen, machten auf unsere Testerin keinen guten Eindruck. Gesehen wurden die nicht nur bei tegut, sondern auch bei Hit, Tengelmann und Rewe.


Auch enge Gänge, abgestellte Pappensammler und Wagen mit Waren, Kartons mit Ware vor den Regalen, Zweitplatzierungen von Eiswaffeln im Spätherbst, defekte Strahler, Stufen im Laden – wenn auch erst hinter der Kassenzone und zum Bäcker hinauf – sowie verschlossene Schränke mit Hochprozentigem und Weinen: Das gehörte nicht zu den positiven Highlights und wirkte kontraproduktiv auf das Kaufverhalten der Testerin.

Verkaufsgespräch: Kommunikation

Wie bei allen anderen Tests war auch in Frankfurt der Einkauf an der Frischetheke eine Rubrik mit großen Unterschieden. Dabei ist es die einfachste Sache der Welt, den Kunden freundlich zu begrüßen, auf Angebote hinzuweisen, zu fragen, ob er noch einen Wunsch hat, ihm für seinen Einkauf zu danken und ihn zu verabschieden. Zudem kostet Freundlichkeit kein Geld und ist nicht anstrengend. Im Gegenteil, sie führt meist dazu, dass der Kunde tatsächlich 100 g Leberwurst mehr kauft. Darüber hinaus hat ein positives Einkaufserlebnis Langzeitwirkung. Denn der Kunde wird sich spätestens dann an den angenehmen Einkauf erinnern, wenn der Kühlschrank wieder leer ist.

In drei Fällen verzichtete Silvia S. auf einen Einkauf an der Frischetheke. Die Gründe waren jeweils ähnlich. In der ersten Filiale kam die Testerin gerade einmal auf zwei Meter an die Theke heran, als sie schon ein: „Was darf´s denn sein?“ hörte. Das war eindeutig zu schnell. In der nächsten Filiale waren zwar drei Mitarbeiter hinter der Theke beschäftigt, aber leider auch nur von hinten zu sehen. Sie hantierten an den rückwärtigen Tischen, nach einer Minute Wartezeit ging Silvia S. unverrichteter Dinge weiter. Und in der dritten Filiale war erst gar kein Mitarbeiter zu sehen. Gewiss war er nur für einen Moment nicht präsent, aber genau in dem Moment stand unsere Testerin vor der Theke.


Auch die Mitarbeiterin an der Wursttheke bei toom brauchte reichlich mehr als eine Minute, bis sie die drei bereits vor Silvia S. wartenden Kunden registrierte und bediente. Die Freundlichkeit empfand unsere Testerin als spröde, aber das ist Geschmackssache. Das Vokabular bestand aus einem schroffen und immer gleich bleibenden: „Sonst noch etwas?“ Obendrein wurde die Ware bei toom prinzipiell mit der bloßen Hand angefasst. Sogar das Verkostungshäppchen, das es nur hier gab, wurde zwischen zwei Fingern über die Theke gereicht. Die Reaktion der Kunden: einer nahm es an, der verzichtete lieber.

Service: Kundenfreundlichkeit

Minimalanforderungen in dieser Rubrik sind u.a. die hoffentlich außen angebrachten Hinweise auf Öffnungszeiten und Bezahloptionen. Auch die Parkplatzsituation (vorhanden oder nicht, kostenpflichtig oder nicht) sowie die Kundenfreundlichkeit bei der Annahme von Leergut (wo im Markt) gehören zu den Standards. Darüber hinaus achtet LP-Testerin Silvia S. auch auf die Bereitstellung und Sauberkeit von Einkaufswagen und -körben, die Serviceleistungen sowie die Akzeptanz von Kundenkarten. Nun muss gewiss nicht jeder Markt Kundenkarten anbieten, aber wenn sie denn schon offeriert werden, sollte an der Kasse auch nach ihnen gefragt werden. Alles in allem eigentlich keine große Sache – und dennoch hat keiner der besuchten Märkte in dieser Rubrik die Note „1“ erhalten.

Aber unsere Testerin fand auch Nachahmenswertes in den Frankfurter Märkten. Dazu zählen gewiss der Kundenscanner und die daneben befindlichen Sitzgelegenheiten zum Verschnaufen in der Filiale von toom. Auch die Verkostungen bei Alnatura kamen an. Im Markt zusätzlich platzierte Körbe für die schnellen Kunden waren aufmerksam und verkaufsfördernd.

Letzter Eindruck: Nachwirkungen

Nun – der erste Eindruck in Frankfurt war so gut, dass unsere Testerin (mehr oder weniger) in alle Märkte gelockt wurde. Aber ob alle besuchten Filialen auch die letzte Hürde, die Bezahlung genommen haben und insgesamt so überzeugten, dass Silvia S. sie wieder besuchen würde, kann nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden. Sprachen einerseits die zu engen Gänge oder gar Einbahnstraßen durch Aufsteller, Regale oder auch Kunden (erlebt bei basic und Tengelmann) oder der Einkauf beziehungsweise Nicht-Einkauf an der Frischetheke gegen einen Folgebesuch, so gab es an der Kasse neben der perfekten Kundenansprache, der freundlichen, rundum vorbildlichen Verabschiedung aber auch Negatives wie den Stummfilm.


Gehörte eine Begrüßung noch in vielen Fällen dazu, so war der Dank für den Einkauf nicht bei allen selbstverständlich. Bei Hit an der Kasse war Silvia S. nach dem Kassiervorgang jedenfalls über eine bevorstehende Operation der Kassiererin bestens informiert. Da diese sich im vorausgehenden Gespräch wohl so verausgabt hatte (oder die Kundin die für Freundlichkeit zu erreichende Einkaufssumme verfehlt hatte) hörte die LP-Testerin lediglich die Worte: „7,67 Euro“. Da es zudem auch nicht sehr flott voranging, blieb Silvia S. und den anderen Kunden noch genügend Zeit, das abgestellte Leergut, diverse Kisten und eine „Schnellkasse“ eingehend zu betrachten.

Aber nicht alles war grau in grau. Denn bei Alnatura gab es den nahezu perfekten Abschluss des Einkaufs. Leider nur nahezu, denn die Wartezeit entsprach genau den 7 Minuten, die eine britische Studie jüngst als deutschen Durchschnitt ermittelt hatte. Manfred Stoffel- Kehry von Alnatura, Leiter Vertrieb Filialen, kommentiert das Ergebnis des Storechecks wie folgt: „Wir freuen uns über das gute Abschneiden unserer Filiale im Storecheck der LEBENSMITTEL PRAXIS. Besonders für unsere Mitarbeiter ist der Test ein Ansporn, die Entwicklung der Filiale weiter voranzutreiben. Überhaupt nicht gut war die im Storecheck erlebte Wartezeit an der Kasse. Wir werden alles tun, um hier in Zukunft besser zu werden.“


Was sonst noch zählt

In der letzten Kategorie des Tests geht es um kleine, aber nicht unwesentliche Details. Zu ihnen zählen: Wurden beim Rundgang Angebote gesehen, wie verständlich war die Kundenführung, hatten alle gesehenen Artikel einen Preis, verführte etwas zum Kauf, gab es genügend Ansprechpartner, wie wohl fühlte sich die Testerin beim Einkauf und würde sie die Filiale weiterempfehlen. Ein Teil der Fragen ist objektiver Natur. Andere unterliegen den persönlichen Vorlieben und werden von Kunde zu Kunde anders beantwortet. Die beste Kundenführung dank breiter Gänge, nicht zu langer Gondeln, guter Ausleuchtung und Sortimentsschilder gab es in den Rewe-Filialen, bei toom, Hit und tegut. Ähnlich war es mit der Kundenverführung. Zum Nachahmenswerten zählen für unsere Testerin die einladenden Außenpräsentationen der Rewe-Filialen, von tegut, toom und Tengelmann, die Verkostungen bei Alnatura, die Blumenpräsentationen der Rewe-Filialen, die gut sichtbaren Aktionsangebote bei Hit und toom, der Einkauf an der Frischetheke bei basic, Alnatura und in den Rewe-Filialen und der fast perfekte Kassierprozess bei Alnatura.

Fazit: Einkaufen in Frankfurt lohnt sich nicht nur bei Rewe, auch die Anderen wussten zu überzeugen. Allerdings gab es auch Verbesserungswürdiges. Wobei der Optimierungsbedarf in manchen Fällen gewiss von der Tagesform abhängig war. Aber nicht nur, denn die meisten Kritikpunkte gab es in Frankfurt im kommunikativen Bereich.