Länderreport Baden-Württemberg Bio in der DNA

Baden-Württemberg startet eine langfristige Verbraucherkampagne, um regionale Erzeuger bei der Vermarktung zu unterstützen. Eine wichtige Rolle spielt in dem zugrundeliegenden Zehn-Punkte-Plan der ständige Dialog mit dem Lebensmitteleinzelhandel.

Donnerstag, 12. Januar 2017, 23:13 Uhr
Nicole Ritter
Artikelbild Bio in der DNA

Die Marschroute steht fest: Ziel ist es, die Wertschöpfungskette von regional erzeugten Qualitätsprodukten sowie Spezialitäten aus Baden-Württemberg in Zukunft weiter zu stärken. Diesen Worten lässt Peter Hauk auch Taten folgen. So hat der baden-württembergische Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz einen Zehn-Punkte-Plan mit einem wahren Feuerwerk an Maßnahmen entwickelt. Darin ist geplant:

  • ein ständiger Dialog mit dem Lebensmitteleinzelhandel
  • das Stärken der regionalen Absatzmärkte in Baden-Württemberg
  • die Qualitätsprogramme des Landes (Qualitätszeichen und Biozeichen) intensiv zu nutzen und das Marketing zu verstärken
  • große und kleine Teilmärkte, auch durch Spezialitäten wie etwa die Heumilch, zu erschließen
  • eine langfristige Verbraucherkampagne zu starten, die regionale Produkte stärkt, wie beispielsweise den Landeswettbewerb Milch unter dem Motto „Vielfalt – Genuss – Verantwortung“ (siehe Kasten).

Zu den tragenden Säulen des Gemeinschaftsmarketings zählen die weit über die Landesgrenzen hinaus etablierten Qualitätszeichen – das Qualitätszeichen Baden-Württemberg (QZBW), das Bio-Zeichen Baden-Württemberg (BioBW) sowie die EU-Herkunftsschutz-Verordnung.

Im Zentrum des QZBW steht die gentechnikfreie Fütterung. Seit Januar 2015 ist es Pflicht, bei den tierischen Produkten Honig, Lamm, Eier und Süßwasserfische sowie Geflügel gentechnisch unverändertes Futter zu verwenden. Die Bereiche Milch, Schweine- und Rindfleisch sollen spätestens bis zum 31. Dezember 2017 umgestellt sein. Hinzu kommen flankierende Maßnahmen, die die Nutzer des gesamten QZBW dabei unterstützen, auf GVO-freie Fütterung umzustellen und ihre Absatzmärkte erfolgreich zu bedienen. „Bei verarbeiteten Produkten wie zum Beispiel Käse oder Brot müssen 100 Prozent der Hauptzutaten aus der Region stammen. Sind Rohstoffe aus regionaler Erzeugung nicht erhältlich, dürfen maximal 10 Prozent der Zutaten aus anderen Regionen zugekauft werden“, erläutert Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden- Württemberg, die strengen Vorgaben des QZBW.

Bio-Zeichen Baden-Württemberg (BioBW)

Baden-Württemberg gilt als die Wiege des Biolandbaus, die ersten Betriebe sind bereits vor rund 90 Jahren in die Erzeugung ökologischer Lebensmittel eingestiegen. Das Bio-Zeichen Baden- Württemberg gibt es seit dem Jahr 2002. Es steht für Produkte, die in Baden- Württemberg ökologisch erzeugt werden und Anforderungen erfüllen, die über den gesetzlichen Standards der EU-Ökoverordnung liegen. Acht Lizenznehmer, rund 200 Zeichennutzer und zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe sind am Qualitätsprogramm Bio- Zeichen beteiligt. Produkte mit dem Bio-Zeichen gibt es in den verschiedensten
Sortimenten, darunter sind Frischprodukte wie Gemüse, Obst, Fleisch und Milchprodukte. Insgesamt zählt Baden-Württemberg mehr als 3.300 Ökobetriebe. Zwei Drittel davon sind zudem einem Bioverband angeschlossen.

Bio: Mit der Muttermilch
Quasi zur DNA des Musterländles zählt das Bio-Zeichen. Die ersten Betriebe sind bereits vor rund 90 Jahren in die Erzeugung ökologischer Lebensmittel eingestiegen, das Bio-Zeichen Baden-Württemberg gibt es seit 2002. „Regio und Bio sind ein wichtiger Grundpfeiler der Land- und Lebensmittelwirtschaft in Baden-Württemberg“, sagt Gurr-Hirsch. Die Gründe hierfür liegen in einem kaufkräftigen Markt vor der Haustüre, familiengeprägten Strukturen in der Landwirtschaft, guten klimatischen Bedingungen für Sonderkulturen, der großen Bedeutung des Lebensmittelgewerbes sowie einem in der Region verwurzelten Einzelhandel

Facettenreiches Marketing
Um die Produkte in den Handel zu tragen und um die Konsumenten von der Qualität zu überzeugen, unterstützt die für das Gemeinschaftsmarketing zuständige MBW Marketing- und Absatzförderungsgesellschaft für Agrar- und Forstprodukte die Branche nach allen Kräften: Erzeuger und Unternehmen stehen zur Vermarktung von Produkten mit den Qualitätsprogrammen des Landes Baden-Württemberg sowie für die EU-weit geschützten Spezialitäten aus Baden-Württemberg alle Instrumente des Gemeinschaftsmarketings zur Verfügung, betont Alexander Wirsig, Geschäftsführer der MBW Marketinggesellschaft. Das Spektrum reiche von produktübergreifender Verkaufsförderung, Gemeinschaftsständen auf Messen, über die Unterstützung der Unternehmen bei PR- und Öffentlichkeitsarbeit, Marketingberatung, Qualitätssicherung bis hin zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Werbemitteln, Schulungen und Fortbildungen.

Profilierung statt Preiskampf
Auch der Handel kommt dabei nicht zu kurz. Beispielsweise können Einzelhändler die Botschafterinnen für Agrarprodukte aus der Region für Verkostungsaktionen in ihre Märkte bitten. Wirsig: „Die geschützten Spezialitäten aus Baden-Württemberg ermöglichen dem Handel die Chance zur Profilierung und Positionierung im Hochpreissegment.“

Intensiviert wird im noch jungen Jahr 2017 auch die Zusammenarbeit mit der FBW Fördergemeinschaft für Qualitätsprodukte aus Baden-Württemberg (FBW). Unter dem Motto „Schmeck den Süden. Baden-Württemberg“ vermarkten die in der FBW gebündelten mittelständischen und überwiegend inhabergeführten Unternehmen ihre regional hergestellten Erzeugnisse aus Baden-Württemberg und arbeiten seit Bestehen des Gemeinschaftsmarketings eng mit der MBW zusammen. Die im FBW organisierten Markenhersteller stehen für eine Wertschöpfung von rund 4 Mrd. Euro sowie zahlreiche Arbeitsplätze vorwiegend im ländlichen Raum. Sie sind seit mehr 30 Jahren außerdem wichtige Botschafter für den Tourismus und prägen das Image Baden-Württembergs mit.

Umsatzverstärker: Massnahmen am POS
„Für das Jahr 2017 wird der regional ausgerichtete Lebensmittel-Einzelhandel bei der Profilierung mit den Qualitätsprogrammen des Landes Baden-Württemberg und den EU-weit geschützten Spezialitäten aus Baden-Württemberg weiter unterstützt“, verspricht Staatssekretärin Gurr-Hirsch, die auch Aufsichtsratsvorsitzende des MBW ist. Im Rahmen von „Schmeck den Süden. Baden-Württemberg“-Aktionswochen seien unter anderem Einsätze auf Marktplätzen mit Verkostungen und Produktinformationen geplant. Flankierend unterstützt die Marketinggesellschaft unter dem Motto „Bauer mit Gesicht” Ausflüge für Verbraucher, bei denen sie die gesamte Wertschöpfungskette (z. B. Landwirt, Metzger, Lebensmitteleinzelhandel) kennenlernen. Als Agrarbotschafterinnen geschulte Landfrauen unterstützen Produktverkostungen und Werbeaktionen auf Messen und anderen Veranstaltungen. Damit geben sie Einblick in die Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung heimischer Produkte mit dem Qualitätszeichen oder dem Bio-Zeichen Baden-Württemberg. Respektable 2.000 Einsatztage pro Jahr tragen dazu bei, die baden-württembergische Produktwelt beim Verbraucher bekannt zu machen. Gurr-Hirsch: „Die Instrumente der Absatzförderung erfreuen sich wachsenden Interesses bei den Zeichennutzern.“

Ein weiterer Schwerpunkt der „Schmeck den Süden“-Offensive ist, künftig auch die Gemeinschaftsverpflegung mit einzubeziehen. Eine landesweite Vereinigung regionaler Gastronomen setzt als Symbol der Initiative „Schmeck den Süden. Baden-Württemberg“ einen Löwen ein und prägt damit Standards für den vertrauenswürdigen, regionalen Genuss: Nur Gerichte, deren Rohstoffe nachweislich aus Baden-Württemberg stammen, dürfen das Symbol tragen. Je mehr Löwen ein Restaurant auf sich vereinigen kann, desto mehr regionale Rohstoffe konnte der Küchenchef in sein Speisenangebot integrieren. Dies wird regelmäßig kontrolliert. Analog hierzu ist ein Pilotprojekt mit Cateringunternehmen am Start, um diesen Standard auch in der Gemeinschaftsverpflegung zu etablieren und auf der Intergastra 2018 zu präsentieren..

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