Marktrundgang Handel auf Sylt – es geht nur mit Dienstwohnungen

Hintergrund

Auf Sylt fehlen Wohnungen – deshalb ist es dort noch schwieriger als auf dem Festland, Fachkräfte zu finden. Die Lösung von Feinkost Meyer: selbst Wohnungen bauen.

Montag, 03. März 2025, 06:00 Uhr
Jens Hertling
Handel auf Sylt – es geht nur mit Dienstwohnungen: Frischetheke im Supermarkt
Delikatessen wie Salate und Fisch werden auf der Nordseeinsel Sylt sehr geschätzt.
Die Fisch- und Feinkosttheke ist im Eingangsbereich von Feinkost Meyer untergebracht. Bildquelle: Daniela Gille, Feinkost Meyer

Die Nordseeinsel Sylt ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Lange Sandstrände, herrliche Steilküsten und frische Seeluft – was will der Besucher mehr? Das  Paradies ist aber auch mit Schattenseiten verbunden: Auch auf der Insel gibt es einen akuten Mangel an Arbeitskräften – vor allem im Handel. „Wir müssen uns ständig fragen, ob wir das Personal haben, das wir brauchen. Es ist wirklich eine herausfordernde Zeit“, sagt Jörg Meyer, Inhaber von Feinkost Meyer und sieben weiteren Edeka-Märkten in und um Hamburg sowie in Stade und Pinneberg. Ein großes Problem, das sich hier auf der Insel noch verschärft. Deshalb hat er sich vor einiger Zeit entschlossen, rund um den Markt in Wenningstedt 50 Wohnungen für seine Mitarbeiter zu bauen. „Ohne Wohnungen keine Mitarbeiter – das ist eine Notwendigkeit. Wenn unser Betrieb überleben soll, brauchen wir dringend Wohnungen“, sagt Niki Jablunka, Geschäftsführer von Feinkost Meyer auf Sylt. Inzwischen hat er auch vom Festland gehört, dass dort die ersten Unternehmen beginnen, Werkswohnungen zu bauen, weil der Mietmarkt immer angespannter wird. Jablunka hat die Erfahrung gemacht, dass es schwierig ist, auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden, die auch bezahlbar ist. Die durchschnittliche Kaltmiete auf Sylt liege bei 20,78 Euro pro Quadratmeter – nach oben gebe es keine Grenze. „Wir vermieten die Wohnungen nicht zu Preisen, die auf dem freien Markt zu erzielen wären. Stattdessen bieten wir sie zu Konditionen an, die für unsere Mitarbeiter erschwinglich sind. Das ist für uns kein Geschäft, sondern eine Notwendigkeit“, sagt Jablunka. 

Jörg Meyer berichtet, dass er bereits das nächste Grundstück gekauft hat und aufgrund von Personalmangel vor der Herausforderung steht, weiter zu bauen. Früher habe man in strukturschwächeren Regionen einfach inserieren können und Bewerbungen bekommen, sagt Niki Jablunka. Diese Zeiten sind leider vorbei: Heute beschäftigt der Markt 63 Mitarbeiter, die nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen EULändern und darüber hinaus kommen. 

1.500

qm Verkaufsfläche

63

Mitarbeiter

15.000

Artikel

11

davon 7 SCO-Kassen

35,54

Euro beträgt der Durchschnittsbon

Fast nur A-Marken im Verkauf

Die Mitarbeiter spielen bei der Beratung der Kunden eine Schlüsselrolle, wenn das Feinkostkonzept aufgehen und die Qualitätsprodukte verkauft werden sollen. Und davon gibt es eine Menge in dem Markt. Feinkost ist für das Unternehmen etwas ganz Besonderes. Das gewisse Etwas sozusagen. Besonderer Wert wird deshalb auch auf das äußere Erscheinungsbild der Produkte gelegt. Feinkost Meyer verzichtet weitgehend auf B- und C-Marken und setzt stattdessen auf A Marken, Spitzenqualitäten, Delikatessen und Feinkost. „Wir achten darauf, in jeder Warengruppe die besten Produkte zu finden“, sagt Meyer. Bei Lachs gibt es zum Beispiel Balik-Lachs, bei Kaviar Produkte von Prunier. Ein wichtiger Bestandteil des Konzepts sind die Frischetheken. „Die Öffnungszeiten richten sich immer nach den Bedientheken. Ohne sie läuft nichts“, sagt Meyer. Alle Theken müssen immer besetzt sein, deshalb gibt es hier andere Öffnungszeiten als auf dem Festland. Der gesamte Supermarkt ist oft nur so lange offen, wie es die Auslastung des Personals erfordert. „Im Zweifelsfall müssen wir auf Umsatz verzichten und früher schließen.“

Die Abschreibungsproblematik hat der Markt gut im Griff. Der Einkauf der Kunden sei oft ein Saisongeschäft. Das Hauptgeschäft finde vor allem vor Feiertagen wie Silvester statt. Nach Silvester sei dann wieder Flaute bis Ostern, da passiere nicht viel. In dieser Zeit werde nicht das volle Sortiment gefahren. „Das ist ganz normal und auch so gewollt. Wir wollen entweder Topqualität oder gar nichts verkaufen“, sagt Jörg Meyer. „In solchen Fällen verzichten wir lieber vorübergehend auf das Produkt und bieten es erst wieder an, wenn wir sicher sind, dass wir es in der gewohnten Qualität verkaufen können.“

3 Fragen an

Jörg Meyer Inhaber Feinkost Meyer und sieben weiterer Edeka-Märkte in und um Hamburg und Pinneberg

Was macht Ihren Markt Feinkost Meyer so besonders?
Jörg Meyer: Uns zeichnet aus, dass wir gut sortiert sind, dass wir viele Mitarbeiter haben und dass wir ein vielfältiges und ausgewähltes Sortiment anbieten. Wir haben einen unglaublich hohen Frischeanteil von über 50 Prozent. Bei allen Produkten wählen wir immer die beste Qualität aus. Das bedeutet, dass wir oft zwei- bis dreimal so teuer sind wie die Konkurrenz. Und das scheint bei unseren Kunden gut anzukommen, sonst würden sie nicht regelmäßig bei uns einkaufen.

Wer sind Ihre Kunden?
Rund 90 Prozent der Kunden sind Touristen. Entsprechend stark ist das Sortiment auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe ausgerichtet. Im Urlaub ist das Ausgabeverhalten einfach anders. Der Kunde kauft nicht das Gleiche wie zu Hause, sondern lässt sich inspirieren und gönnt sich Dinge, die zu Hause vielleicht zu teuer erscheinen.

Der Personalmangel betrifft auch die Frischetheken. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Gerade an der Frischetheke wird der Personalmangel noch deutlicher. Während wir im Innenbereich auch Mitarbeiter einsetzen können, die nicht perfekt Deutsch sprechen, ist dies in der Bedienung nicht möglich. Dort ist fließendes Deutsch gefragt. Deshalb haben wir begonnen, in unseren Hamburger Märkten von Meyer’s Frischecenter Philippiner auszubilden, die dort auch Deutsch lernen und jetzt bei uns als Fleischergesellen arbeiten und uns an der Frischetheke unterstützen. 

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Delikatessen wie Salate und Fisch werden auf der Nordseeinsel Sylt sehr geschätzt.
Bild öffnen Die Frische- und O+G-Artikel sind die Zugpferde im Sortiment von Feinkost Meyer.
Bild öffnen Einen wichtigen Platz im Angebot von Feinkost Meyer nimmt der Wein ein. (im Bild: Peter Jablunka)
Bild öffnen Regionale Produkte wie der Sylter Honig erfreuen sich großer Beliebtheit.
Bild öffnen Die 7 SCO-Kassen sind weniger frequentiert: Die Kunden zahlen lieber an der Kasse von Feinkost Meyer.