Als Sahin Karaaslan seinen neuen Markt in Heidelberg vorstellt, sagt er: „Mit diesem Markt kann ich Geld verdienen.“ Es ist sein fünftes Objekt. Die Rede ist von seinem jüngsten Standort im Einkaufszentrum Darmstädter Hof Centrum. Hier hat zuvor ein Saturn-Markt auf drei Etagen Elektronikartikel angeboten, zuletzt hat die Fläche zwei Jahre lang leer gestanden. Viele Kollegen und Experten haben Karaaslan von diesem Objekt abgeraten. Aber mit dem Strom schwimmen war noch nie sein Ding. Der Kaufmann mit Migrationshintergrund (er kam als Zehnjähriger aus der Türkei zu seinem Onkel nach Deutschland) hat die Verkaufsfläche mit 1.332 Quadratmetern auf einer Etage geplant. Im Untergeschoss kommt jetzt Ware zur Lagerung an.
Kaffeestation vor dem Markt
„Mein Ziel war es, die Abläufe zu optimieren“, erklärt der Heidelberger. Sein Kunde soll möglichst stressfrei bei ihm einkaufen können. Wer morgens vor der Arbeit Lust auf einen Kaffee hat, kann ihn vor dem Markt an einer Station ziehen: zwei Euro für einen Caffè Latte in einer guten Qualität. Will er seine Kunden nicht in den Markt locken, damit sie spontan Impulsartikel kaufen? „Grundsätzlich ja“, erwidert der Mittvierziger. Aber nicht, wenn sie nur Kaffeedurst haben. Sonst nämlich würde der Bäcker nebenan dieses Geschäft machen.
Die schnelle Runde
Er teilt seine Kundschaft grundsätzlich in zwei Gruppen ein: Die erste hat den Wunsch, schnell etwas für die Mittagspause oder das Abendessen zu kaufen. Im neuen Markt können sie eine schnelle Runde absolvieren: Sushi von Eat Happy oder einen im Markt hergestellten, frischen Salat sowie geschnittenes Obst in den Einkaufskorb legen, vielleicht ein Brötchen dazu. Dann noch eine süße Belohnung als Nervennahrung, einmal um die Ecke gehen, eine gekühlte Flasche Sprudeliges und direkt eine von 14 Kassen ansteuern. Die zweite Gruppe lebt in der Heidelberger Altstadt. Allein im Gebäudekomplex gibt es 100 Wohnungen. Für diese Kunden hält der Kaufmann im restlichen Teil des Marktes ein komplettes Sortiment von 25.000 Artikeln vor. Die Gänge sind so breit, dass ein Zwillingskinderwagen mühelos hindurchpasst. Mit seiner Frau Aysel, übrigens Marktleiterin im neuen Markt, zieht Karaaslan fünf Kinder groß, er hat die Bedürfnisse von Erziehungsberechtigten im Blick.
Auf der Fläche tummeln sich zwei mobile Roboter, einer davon zeigt den Käufern den Weg zum gewünschten Produkt. „Eltern und Großeltern kommen von weit her, um ihn mit ihren Kindern und Enkeln auszuprobieren“, verrät er.
Auf Bedientheken hat der Unternehmer bewusst verzichtet. Dabei setzte er einige Jahre lang ein besonderes Konzept um: Die Fleischtheke in seinem Heidelberger Markt Mathematikon war zum großen Teil mit Ware des regionalen Metzgers Unger bestückt. Ein Metzgermeister dieses Unternehmens arbeitete an der Rewe-Theke, bezahlt von Karaaslan. Doch 2022 ist Unger mit seinen sechs Fachmetzgereien in die Insolvenz gegangen. Der Rewe-Kaufmann hat mittlerweile alle Theken abgebaut. Im städtischen Umfeld, wo seine Märkte liegen, sei Selbstbedienung die bessere und für ihn stressfreie Option, sagt er.
Spezialist für Döner
Warum der Abschied von den Theken? Er findet zu wenig Personal. Diejenigen, die gern Fleisch bedienen, setzt er an seiner Grillstation ein. Schon als 18-Jähriger hat Karaaslan neben der Schule einen Dönerladen betrieben.
Nach den ersten sechs Wochen zieht der Reweaner ein erstes Fazit: Der Markt funktioniert, die Umsätze sind besser als erwartet. Schon im ersten Jahr könnten neun Millionen Euro in den Kassen klingeln. Er hofft auf ein Plus im Sommer, wenn die Touristen kommen.
Rewe Karaaslan, Fahrtgasse 18, 69117 Heidelberg
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 7–24 Uhr
qm Verkaufsfläche
Mitarbeiter
Artikel
Kassen, plus 12 SCO-Kassen
Mio. Euro Investitionen (in Ausbau und Einrichtung)
Mio. Euro Umsatzerwartung im dritten Jahr
3 Fragen an
Gerd Peter Gramlich, Geschäftspartner des Kaufmanns und Vorsitzender des BdS Bund der Selbstständigen in Leimen
Sahin Karaaslan expandiert.
Was macht der Kaufmann Ihrer
Ansicht nach besonders gut?
Gramlich: Ich kenne den Kaufmann Sahin Karaaslan schon lange, habe jede Neueröffnung mitgefeiert und durfte die Festveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen seines Unternehmens moderieren. Was ihn von anderen Händlern unterscheidet: Er denkt den Verkauf immer vom Kunden her. Dabei gelingt es ihm, die Kundenströme gezielt zu bündeln und zu lenken. Das fällt hier im neuen Objekt im Darmstädter Hof Centrum besonders auf. Außerdem ist er experimentierfreudig: Mit jedem neuen Markt kommen neue Ideen dazu, die er auf der Fläche ausprobiert.
Welche Abteilung im neuen Markt gefällt Ihnen am besten?
Wenn ich mich entscheiden muss, dann wähle ich Obst und Gemüse, schon wegen der attraktiven Präsentation. Außerdem wegen des breiten Sortiments und der Frische, die die Ware ausstrahlt. Selbst auf der kleinen Fläche bietet er Frische-Convenience an, die es nicht in jedem Supermarkt gibt.
Was hätten Sie als Betreiber
des Marktes anders gemacht?
Oh, wahrscheinlich nichts. Sahin Karaaslan macht vieles richtig. Schon der Standort ist meiner Ansicht nach top: eine 1-a-Lage mitten im Herzen Heidelbergs. Zentraler geht’s nicht mehr. Sahin spielt die Verbundenheit zu Heidelberg geschickt aus: etwa mit der Wanddekoration, die entsprechende Szenen zeigt. Hinzu kommt: Im Sommer wird er von den Touristenströmen profitieren, die es zum Neckar zieht.