Real „Markthalle“ Krefeld Real setzt alles auf grün-weiß

Mit der Markthalle Krefeld und neuem Corporate Design will Real den Befreiungsschlag auf der Großfläche schaffen. Mittlerweile ist das „Food Lover“-Konzept fast drei Monate am Netz. Zeit für eine erste Zwischenbilanz.

Donnerstag, 16. Februar 2017 - Ladenreportagen
Sonja Plachetta
Artikelbild Real setzt alles auf grün-weiß
Eine Pizza aus dem 485 Grad heißen italienischen Mosaik-Kuppelofen.
Bildquelle: Jörn Strojny

Metro-Chef Olaf Koch legte sich während der Hauptversammlung in Düsseldorf ins Zeug, um den Aktionären die Markthalle Krefeld und das neue „Food Lover“-Konzept von Real schmackhaft zu machen. Von einem „Erlebnispark für Lebensmittel“ sprach er, in dem seit dem Umbau die Zahl der Kunden um 30 Prozent und der Umsatz um 15 Prozent gestiegen sei. Der Markt sei „die Blaupause, die wir weiter ausbauen und an möglichst viele Standorte bringen wollen“. Jobs für bis zu 3.000 neue Mitarbeiter könnte Real schaffen, stellte Koch in Aussicht. Geeignet seien Standorte, an denen eine hohe Prozentzahl der von Real als „konservativ und anspruchsvoll“ definierten Kundengruppe einkaufe.

Fakten im Fokus
  • Adresse: Markthalle Krefeld, Hafelsstraße 200, 47809 Krefeld
  • Öffnungszeiten: Montag bis Samstag, 7 bis 22 Uhr
  • Eröffnung: 24.11.16

Bevor das Konzept jedoch adaptiert wird, will Real-CEO Patrick Müller-Sarmiento erst einmal Erfahrungen sammeln im Pilotmarkt (siehe Interview Seite 38), in dem die komplette Wertschöpfungskette in der eigenen Hand liegt. Dazu gehört zweifelsohne, viel über die Abläufe in den Gastro-Bereichen – für Real in weiten Teilen Neuland – zu lernen, z. B. wie viele Abschriften es geben darf und wann wie viele Köche im Dienst sein müssen.

Aktuell nutzen nach Unternehmensangaben mehrere Tausend Kunden pro Woche die Gastronomie-Angebote, pro Tag gehen allein mehrere hundert frisch zubereitete Pizzen und Nudelgerichte über den Tresen. Auch wenn manche Kunden die Speisen mit nach Hause nehmen: Zu Stoßzeiten reichen die insgesamt 180 Sitzplätze an der „Piazza“ und im Wintergarten nicht aus. Selbst die Hocker an der Austern- oder der Sushi-Bar sind dann belegt.

Dominik Trieba, zweiter Geschäftsleiter neben Bernd Szameitpreiks, hat schon Leute beobachtet, die mehrere Stunden von Gastro-Station zu Gastro-Station flaniert sind. „Das Kundenfeedback ist sehr positiv, und auch die Mitarbeiter identifizieren sich mit der Markthalle“, sagt er. Mehr als 250 Menschen arbeiten auf der 11.500 qm großen Fläche. Sie beraten und erklären – etwa, wenn jemand doch den Eindruck hat, der Laden sei nach dem sechsmonatigen Umbau nun teurer. Sicher können Feinschmecker in Krefeld etwa Dry-aged-Tomahawk-Steaks aus Irland für 39,90 Euro pro Kilo, eine Flasche Petrus Pomerol Grand Vin für knapp 2.000 Euro oder eine der zwölf hauseigenen Kaffeeröstungen kaufen. Sie bekommen aber, betont Trieba, genauso einen Krefelder Burger für 4 Euro, zehn Brötchen für 1 Euro – von denen übrigens bis zu 10.000 Stück pro Tag weggehen – oder die günstige Real-Eigenmarke Tip. Selbst in der Nonfood-Zone, wo die Artikelanzahl um 13 Prozent niedriger ist als vor dem Umbau, finde sich trotz Boutique-Charakter und Fokus auf hochwertigen Produkten weiter auch das Preiseinstiegssegment.

Schnell gelesen
  • Die Markthalle Krefeld ist der Pilotmarkt des neuen „Food Lover“- Konzepts von Real.
  • Nach dem Motto „Das Gute leben“ will Real die Kunden begeistern – mit 80.000 Artikeln von Preiseinstieg bis Oberklasse, mit Eigenproduktion, Gastro-Angeboten und der Kochschule „Food Akademie“.
  • Zwischen 4.500 und 12.500 Kunden kommen täglich in die Markthalle, der Spitzenwert liegt bei 14.500.

Wo immer möglich, ist die Orientierung im Trockensortiment immer gleich: Nahe am Hauptgang stehen in extra hervorgehobenen Holzregalen Bio-Produkte, daneben die Marken und schließlich die Eigenmarken. Von den insgesamt 80.000 Artikeln sind allein mehr als 10.000 Bio- oder Permakultur-Produkte – deutlich mehr als in anderen Real-Märkten. Darunter sind auch zahlreiche der 450 selbst hergestellten Artikel bzw. Gerichte. Real stärkt so den Sortimentsteil „Handeln aus Verantwortung“, der sich in der Bio-zertifizierten Markthalle bei 30 Prozent bewegt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, liegen z. B. in der O&G-Abteilung und an den Kassen keine Plastiktüten mehr bereit. Dafür gibt es im Markt diverse Stationen mit loser Ware wie Müsli, Nüsse oder Bonbons, die Kunden dann in Plastikbeuteln oder -behältern abfüllen können.

Die Real-Macher wirken fast berauscht von ihrem „Food Lover“- Konzept. Aber auch die Kunden haben dem Unternehmen zufolge, außer dem Wunsch nach einem deutlicheren Leitsystem zu den einzelnen Sortimenten, bisher nichts kritisiert. Dagegen ist viel Lob zu hören. Wie im KaDeWe sei das hier, findet ein älteres Paar, das an der Bar in der Weinabteilung sitzt und einen guten Tropfen probiert. „So einen Real-Markt habe ich ja noch nie gesehen“, sagt ein Mann anerkennend.

Tatsächlich haben die Mönchengladbacher alles getan, damit nichts in der Markthalle an einen herkömmlichen Real-Markt erinnert. Sie haben den neuen Namen und ein neues Corporate Design kreiert – ein rundes Konzept. Schade, dass trotzdem zahlreiche Mitarbeiter, die sich doch so sehr mit ihrer Markthalle identifizieren, die Kunden noch in der typischen rot-blauen Real-Kleidung begrüßen müssen.


Interview mit Patrick Müller-Sarmiento: „Flair von Genuss“

Das hybride Konzept in Krefeld funktioniert. So lautet das erste Fazit von Real-CEO Patrick Müller-Sarmiento. Weitere geeignete Standorte sind bereits definiert.

Sie haben selbstbewusst vor der Eröffnung geworben mit dem Satz: „Hier entsteht der beste Markt Deutschlands.“ Auch andere Händler kombinieren Gastro-Konzepte mit Eigenproduktion und hochwertigen Lebensmitteln. Wieso ist die Markthalle Krefeld der beste Markt Deutschlands?
Patrick Müller-Sarmiento: Schon lange hatten wir die Idee für die Umsetzung eines ,Wochenmarkts‘ im Kopf. Ein Markt, wie man ihn von den Marktplätzen und -hallen der Städte in Italien, Spanien und überall auf der Welt auch heute noch kennt, mit dem besonderen Flair von Genuss und Lebensfreude, mit Ständen, die frische und saisonale Produkte und viele regionale Spezialitäten in bester Qualität zu bieten haben – und mit Händlern, denen man gerne vertraut. Diese Vision haben wir in Krefeld umgesetzt. Es ist ein hybrides Ladenkonzept entstanden, das emotionale wie rationale Bedürfnisse gleichermaßen bedient. Es steht für eine neue Welt des Einkaufens, bei der veränderte Kundenbedürfnisse nach Service, Lebensmittel-Qualität und gastronomischen Angeboten erfüllt werden. ,Das Gute leben‘ – so lautet dann auch folgerichtig unsere Philosophie. Deshalb ist unsere Markthalle mit den Manufakturen des guten Geschmacks viel mehr als ein Ort nur für Pflicht-Einkäufe.

Wie geht das „Food Lover“-Konzept, das ein Ort für hochwertige Lebensmittel sein soll, mit dem des Massenversorgers für preisbewusste Kunden zusammen? Sind letztere nicht abgeschreckt von der hochwertigen Aufmachung des Marktes?
Im Gegenteil, wir gewinnen neue Kunden hinzu – ohne bisherige zu verlieren. Aufgrund unseres hybriden Markthallen-Konzeptes können wir sowohl den klassischen Preiseinstiegskunden, der günstige Angebote und ein funktionales Einkaufen bevorzugt, als auch den Premiumkunden, der Wert auf Genuss und Qualität legt, gerecht werden. Die Kunden erwarten bei uns ein einmaliges Service- und Frischeangebot, ein tolles Gastronomie-Konzept und ein vielfältiges Nonfood-Angebot – und das alles zu den besten Preisen.

Das Konzept der Markthalle Krefeld steht für eine neue Welt des Einkaufens.
Patrick Müller- Sarmiento

Geht diese Art von Marktgestaltung nicht zu Lasten der Flächenproduktivität?
Absolut nicht, auf rund 12.000 qm haben wir in Krefeld enormes Potenzial und können unseren Kunden ein vielfältiges und abwechslungsreiches Sortiment anbieten, ohne dass dabei die Flächenproduktivität leidet. Das Konzept der Markthalle beinhaltet, nicht in einzelnen Abteilungen zu denken, sondern vielmehr soll das Gesamtergebnis stimmen. Und an den positiven Ergebnissen der ersten Tage kann man sehen, dass dies funktioniert.

Wie viele weitere Markthallen in bisherigen Real-Märkten werden die Kunden in diesem Jahr noch besuchen können?
Die Markthalle ist unser Pilotmarkt. Eine große Anzahl unserer rund 290 Märkte eignet sich grundsätzlich für dieses Konzept. Wir haben bereits weitere Standorte definiert, aber bevor wir das Konzept der Markthalle weiter ausrollen werden, müssen wir erst die Erfahrungen aus Krefeld gründlich analysieren.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Eine Pizza aus dem 485 Grad heißen italienischen Mosaik-Kuppelofen.
Bild öffnen An einen Marktplatz in Italien soll das neue Konzept erinnern und eher wenig an einen Real- Markt. Deshalb ist „Real“ auf dem grün-weißen Logo nur klein zu lesen.
Bild öffnen Die Ideen des Kundenbeirats sind u. a. in die Gestaltung des Gastro- Sitzbereichs eingeflossen.
Bild öffnen Einen guten Tropfen an der Weinbar kosten: Davon machen die Kunden regen Gebrauch.
Bild öffnen Die einzelnen Abteilungen sind wie Fachgeschäfte angeordnet: Eine davon ist die Frischfischtheke.
Bild öffnen Der Fleisch-Reifeschrank steht neben der Theke, sodass die Feinschmecker die Stücke aus der Nähe betrachten können.
Bild öffnen Er arbeitet im besten Markt Deutschlands. Davon ist Dominik Trieba, einer der Geschäftsleiter der Markthalle Krefeld, überzeugt.
Bild öffnen Drogeriewaren sind ganz hinten platziert, um auch dort die Frequenz zu steigern. Der Gestaltung liegt ebenfalls die Shop-in-Shop-Idee zugrunde.
Bild öffnen Die Kunden können den Kaffeeröstern bei der Arbeit zusehen. Es gibt zwölf verschiedene Sorten Kaffee, sechs davon in Bio-Qualität,in Papiertüten im eigenen Branding.
Bild öffnen An der Fleischtheke gibt es nahezu alles, was das Fleischesser-Herz begehrt, darunter auch Bio-Fleisch, z. B. ein Loué-Hähnchen für 10,90 Euro/kg.
Bild öffnen Vor den Augen der Kunden wird frisch gebacken. Auch die Theken sehen aus wie beim Handwerksbäcker.
Bild öffnen Wie Stände auf dem Wochenmarkt kommen Käse- und Wursttheke daher.
Bild öffnen Patrick Müller-Sarmiento

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