Fleischindustrie Globale Lust am Fleisch

China, Südkorea, Russland aber auch die Türkei importieren so viel Fleisch wie nie zuvor. Enorme Preisaufschläge sind die Folge, auch hierzulande.

Donnerstag, 15. Dezember 2011 - Hersteller
Dörte Fleischhauer
Artikelbild Globale Lust am Fleisch
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Für Dr. Wolfgang Ingold, Chef des Wurstherstellers Wiltmann und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Fleischwarenindustrie, liegen die Gründe für die angespannte Marktsituation woanders. Einer ist der Dioxin-Skandal Anfang des Jahres. Die Folge war ein Preisverfall von Schweinefleisch, denn es wurde weniger konsumiert. Also wurde die Landwirtschaft unterstützt, indem die EU-Agrarminister die private Lagerhaltung erlaubten. Bei der privaten Lagerhaltung wird das Schweinefleisch für einige Monate eingelagert und dem Markt zu einem späteren Zeitpunkt wieder zugeführt. So wurden die Preise künstlich stabilisiert, der Markt subventioniert. Zudem, so Ingold, habe man eine Überflussgesellschaft. Mit Folgen: „Das, was in der Mangelgesellschaft positiv bewertet wurde, nämlich Fett, wird nun negativ bewertet. Innerhalb der vergangenen 30 Jahre wurde Material, das Fett enthielt, immer weniger wert, im Vergleich dazu das Material ohne Fett immer wertvoller.? ?? In Ländern, in denen Wachstum zu verzeichnen ist – wie es Schwellenländer nun mal sind – , ist zunehmender Wohlstand verbunden mit dem zunehmenden Verzehr von Fleisch und Fleischwaren und natürlich auch mit steigender Nachfrage nach Fett. In einem Aspekt widerspricht er Klokkers entschieden: Der Trend zu Pfoten, Ohren und Schweineschwänzen - dieses Phänomen gebe es bereits seit zehn bis 15 Jahren. „Die kulturell bedingte Nachfrage ist nicht größer geworden, die Teile sind auch nicht teurer geworden.“ Wenn dies so gewesen wäre, hätte das zur Entlastung des Fleischpreises hierzulande beigetragen. „Wenn ich diese Teile teurer verkaufen kann als zuvor, müssten die anderen Teile des Schweins günstiger werden, denn es ist ja eine Mischkalkulation.“ Zudem würden ja nicht nur die „kulturell bedingt nachgefragten Teile“ ausgeführt. Der dritte Grund sei der momentan extrem günstige Euro. „Hätten wir noch DM, hätten wir ca. 30 bis 35 Prozent höhere Währungsnotierungen“, so Ingol d. „Wir haben relativ bilaterale Märkte. Mit allen positiven und negativen Konsequenzen. Aber bezahlen tut‘s der Verbraucher.“

Nicht nur der Markt für Schweinefleisch, auch der für Rindfleisch ist angespannt, denn es wird weltweit mehr konsumiert. „Gleichzeitig haben wir eine Verknappung auf der Angebotsseite. In Argentinien beispielsweise ist in den vergangenen drei Jahren der Rinderbestand von mehr als 60 Mio. um 17 Mio. Tiere gesunken. Die Landwirtschaft verändert sich auch da: Die Landwirte können mit dem Anbau von Mais und Soja mehr verdienen“, sag Karl-Heinz Kraemer, Vorstand Einkauf und Produktion bei Block Foods. Hinzu kommt, dass seit Anfang des Jahres die Türkei den Import von Schlachtrindern erlaubt. Jahrelang hatte sich das Land unter Verweis auf die BSE-Gefahr dagegen gesperrt. Türkische Fleischvermarkter kaufen nun verstärkt Rindfleisch auch aus Südamerika, und zwar Lebendtiere, um Halal-Fleisch produzieren zu können. Ein Umstand, den Unternehmen wie Block Foods schmerzhaft zu spüren bekommen. „Wir haben eine Hochpreisphase, und es sieht so aus, als würden sic h die Preise auf diesem Niveau halten. Und sie bilden sich natürlich im Wiederverkaufspreis für den Endverbraucher ab“, so Kraemer. Und nicht nur das. „Wir betrachten den Markt mit Sorge, wir sehen eine große Konzentration in der Schlachtindustrie. Das wird schon fast in eine Herausbildung von Monopolen münden.“

Dass auf die veränderte Situation auf den Rohstoffmärkten reagiert werden muss, scheint nachvollziehbar. „Die Frage ist: Wie schnell und in welchem Umfang können die Preise weitergegeben werden? Wie reagiert der Handel?“, so Metten. Mit Blick darauf werde das kommende Jahr ebenfalls schwierig werden: Gerade der deutsche Konsument sei preissensibel und werde eher Verzicht üben als dazu bereit sein, mehr für Lebensmittel auszugeben.