Interview Bader - Aldi Möglicher Durchbruch

Aldi Süd stattet Neubauten mit CO2-Kühlanlagen aus. Das kann das Go für die Branche bedeuten, sagt Experte Thomas Bader, der den Discounter dabei berät.

Mittwoch, 15. September 2010 - Management
Markus Oess
Artikelbild Möglicher Durchbruch

Bei der Kühlung lässt sich im LEH viel einsparen, das kostet aber auch Geld. Wo steht die Branche heute?
Thomas Bader: Optimierungsmaßnahmen sind vielseitig und oftmals anlagenindividuell. Die Einsparpotenziale sind längst nicht ausgeschöpft, die Branche hat die Aufgaben verstanden und die Möglichkeiten erkannt.

Welche sind die dringendsten Aufgaben?
Entwicklung von Indikatoren der Energieoptimierungsmaßnahmen für den Betreiber. Verbrauchsschwankungen sind bei Kälteanlagen auch abhängig von der Jahreszeit und Nutzung. Es braucht derzeit den Fachmann, um Fehlverhalten oder systematische Fehler aus den Daten zu erkennen. Die Stromrechnung ist an dieser Stelle für den Betreiber nur das Ergebnis und keinesfalls ein Indikator.
Discounter Aldi Süd, den Sie auch beraten haben, stattet Neubauten mit CO2-Kühlanlagen aus.

Was hat das für einen Einfluss auf die Branche, sorgt das für den „Durchbruch“ in der Technik?
Aldi Süd minimiert mit dem natürlichen Kältemittel CO2 die TEWI-Belastung. Ähnlich dem FKW-Gas-Ausstieg in der Fahrzeugindustrie ab 2011 strebt man nach umweltfreundlichen Lösungen. Trotz derzeitiger Mehrkosten einer CO2-Technologie rüstet man sich für für eine mögliche gesetzliche F-Gas-Limitierung. Wir sehen, dass die Branche die Impulse der Entscheidung aufnimmt. Abhängig von gesetzlichen Lenkungsfunktionen kann das in der Tat der Durchbruch einer Technik sein.

Was kann bei Bestandsobjekten getan werden?
Bestandsobjekte sind je nach Perspektive der Anlagennutzung optimierbar. Abhängig von der Anlagenausstattung ist eine Basisanalyse aus der Ferne durchführbar. Ausgehend von dieser Analyse werden Optimierungsmaßnahmen abgeleitet. Es ist anzumerken, dass Energieoptimierung im LEH unter Einhaltung der Mindesttemperaturen für die Ware erfolgen muss. Das Optimierungsmaximum erreicht man eben nicht durch das Abschalten einer Kälteanlage.

Wo sind die „quick wins“ verborgen?
Die „quick wins“ sehen wir in der Beseitigung von Parameterverstellungen und systematischen Fehlern in den Anlagen die sich über die Laufzeit „eingeschlichen“ haben.

Welche Alternativen existieren zu den CO2– Anlagen?
In der TEWI-Betrachtung gibt es im Bereich der natürlichen Kältemittel anlagenunabhängig Alternativen. Zusätzlich dazu sind neue Kältemittel mit niedrigem GWP im Gespräch. Bezogen auf das direkte Treibhauspotenzial von CO2 (GWP=1) wird es bei den Alternativen eng. Es müssen auch die thermodynamischen Eigenschaften eines Kältemittels berücksichtigt werden. Alternativ werden steckerfertige Geräte mit einem natürlichen aber brennbaren Kältemittel (z.B. Propan) ausgerüstet.

Kälte-Klima-Verbund ist heute gängige Praxis. Sind hier die Einsparpotenziale ausgereizt?
Einsparpotenziale liegen in der Wirkungsgradverbesserung von Einzelkomponenten und Verbundanlagen. Lastprofile und Anlagengrößen sind ausschlaggebend dafür, was „verbunden“ wird. Anforderungen an Heizungs- und Klimaanlagen können sehr unterschiedlich zu den Anforderungen einer Produktkälteanlage sein. Im Idealfall kann kombiniert werden.

Wie sieht die Zukunft aus, gibt es neue Ansätze, die über die bestehende Praxis hinausgehen, also keine Weiterentwicklung bestehender Technik darstellen?
Die Weiterentwicklung wird sicher voran schreiten. Der anforderungsunabhängige Abruf von Energie und damit das Thema der Energiespeicherung beschäftigen uns unter anderem. Hier gibt es völlig neue Ansätze zur Temperatursicherheit und Energieoptimierung. Des Weiteren ist die Entwicklung eines spaltfreien Energiesparrollos als Alternative zur Glasdrehtür ein ganz konkretes Beispiel für die Erfüllung der Anforderung des Verkaufs und der Optimierung der Energieverbrauchswerte.

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Thomas Bader, Chef und Inhaber der tebeg – Technische Beratung & Dienstleistung

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