Schleckerfrauen Hoffen und Bangen

Die angestrebte Transfergesellschaft für die Schlecker-Mitarbeiter ist gescheitert. Was geschieht mit den Frauen, die die Kette entlässt?

Mittwoch, 03. November 1999 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Hoffen und Bangen
Bildquelle: Christian Belz

Schleckerfrauen. Wie sich das schon anhört! Der Begriff legt die Nähe zu den deutschen Trümmerfrauen nahe: ackern, schuften, den Dreck wegräumen (den andere verursacht haben). Und nachher im Alter mit nichts als der Kittelschürze dastehen.

Rund 10.000 Mitarbeiterinnen der Drogeriemarktkette Schlecker bangen vor einem ähnlichen Schicksal, die genaue Zahl der freizusetzenden Personen stand vor Redaktionsschluss noch nicht fest. In den Lägern sind auch Männer betroffen. Doch fest steht: Überwiegend werden Frauen entlassen, die lange Jahre bei Schlecker gearbeitet haben, viele davon sind älter als 50 Jahre.

Welche Zukunft haben diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt? „Es sollten durchaus Chancen bestehen“, beurteilt Wilfried Malcher, Bildungsexperte im HDE Handelsverband Deutschland, die Lage, schränkt aber ein: „je nach Standort und Qualifikation“. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Türen verschlossen sind“, ergänzt Ulrich Dalibor, Verdi. Schließlich handele es sich um erfahrene Verkäuferinnen, mit oft langer Biografie. Sie seien meist gut organisiert – oft genug mussten sie allein einen Laden schmeißen – und hätten gelernt, Kundenwünsche zu erfüllen. Allerdings macht sich jetzt nachteilig bemerkbar, was jahrelang ein Vorteil fürs Unternehmen war: kleinste Einheiten, übers ganze Land verteilt. Die Wahrscheinlichkeit, in den Ballungsgebieten Westdeutschlands eine Anstellung zu bekommen, ist höher, als auf dem platten Land in Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Arbeitgeber zu finden.

Wenig Hoffnungen hingegen macht ein Personalvermittler aus dem Ruhrgebiet. Er will nicht mit Namen genannt werden, hat aber (bevor der Konkurs drohte) schon viele Bewerbungen von Schlecker-Mitarbeitern auf dem Tisch gehabt. Sein Kommentar: „Eine Teamleiterin bei Schlecker hatte meist weniger Verantwortung als eine Drittkraft im Lebensmittelhandel.“ Das Drogerieunternehmen habe seinem Personal weitgehend Kompetenzen entzogen. Die Frauen hätten oft wenig Warenkompetenz, könnten nicht beraten. Eine Weiterbeschäftigung sieht der Vermittler im Bereich „Ware verräumen“, am ehesten beim Discounter.

„Es kommt immer auf den Menschen an“, weiß eine Personalchefin, „der Handel sucht immer gute Leute“. Sie müssen aber flexibel sein! Ein Personalverantwortlicher im LEH ergänzt: „Nur Kassieren reicht nicht. Die Frauen sollten ihre Lage als einmalige Chance begreifen, sich in Bedienungsabteilungen einzuarbeiten: Fisch, Fleisch, Käse.“

Hoffnung macht Rossmann: „In diesem Jahr stellen wir ungefähr 1.000 neue Mitarbeiter ein, darunter werden sicher auch einige ehemalige „Schleckerfrauen“ sein.“ Voraussetzungen: Spaß am Umgang mit Kunden, Interesse an Drogerieprodukten, freundliches Auftreten. Auch ein Entscheider aus dem LEH ist überzeugt: „Der Handel ist gut beraten, sich dem Pool von engagierten Mitarbeitern zu widmen.“