Aldi Nord Ü-Eier ins Regal

Aldi Nord listet Markenartikel von Ferrero ein und modernisiert seine Läden – viel später als Aldi Süd.

Mittwoch, 22. Februar 2012 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Ü-Eier ins Regal
Bildquelle: Mett

Aldi Nord listet Produkte von Ferrero ein. Damit nähert sich der Discounter der Markenpolitik von Konkurrent Aldi Süd an, der deutlich mehr Markenartikel im Süßwaren-Programm hat, darunter auch von Ferrero. Weitere Marken könnten folgen. Laut Informationen der LEBENSMITTEL PRAXIS müsse das nicht immer mit Voll-Listung erfolgen. Auch im Rahmen verstärkten Aktionsgeschäfts sei das einem Insider zufolge denkbar. Der Listungsvertrag mit dem Nutella-Hersteller wurde vorvergangene Woche unterzeichnet. Dabei soll es sich um ein Jahres-Umsatzvolumen von rund 100. Mio. Euro handeln.

Aldi Nord reagiert damit auf die zuletzt unbefriedigende Geschäftsentwicklung. Branchenkenner vermuten, dass Aldi Nord hinter der Entwicklung von Süd zurückgeblieben ist. Laut Marktforschungszahlen ist der Marktanteil der Discounter im LEH 2011 um 0,2 Prozent auf 43,4 Prozent erneut leicht zurückgegangen. 2008 lag ihr Marktanteil noch bei 44,5 Prozent. Wolfgang Adlwarth von der GfK wird dazu im „Focus“ zitiert: Nach zwei Jahren mit rückläufigen Umsätzen „entwickelten sich die beiden Ketten Aldi Nord und Süd wieder am schlechtesten unter den Discountern“. Aldi-Insider nennen im Gegensatz zur GfK allerdings immer noch Wachstum bei Aldi Süd und sogar ein sehr kleines Plus bei Aldi Nord.

Trotzdem: Ursachen für die schwächere Entwicklung bei Aldi Nord könnten ein nicht mehr zeitgemäßes Laden-Layout sowie die fehlenden attraktiven Marken im Sortiment sein. An der Herkulesaufgabe Ladenmodernisierung wird gearbeitet. Laut „Manager Magazin“ will der Discounter dafür in den nächsten Jahren rund 3 Mrd. Euro ausgeben. Zudem sollen Delikatessen ins Produktportfolio aufgenommen und eben Marken gelistet werden. Mit Letzterem hinkt Aldi Nord hinterher, denn Ferrero ist bei Aldi Süd längst im Geschäft. Wie auch andere Marken, die demnächst bei Nord in die Regale kommen könnten.

Für Discountexperte und Wirtschaftswissenschaftler Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist das „typisch für Aldi Nord“. Das sei viele Jahre zu spät. Er zweifelt daran, ob das ausreicht, um Kunden zurückzugewinnen. Befragungen im Gebiet der unsichtbaren deutschen Aldi-Grenze, die er durchgeführt hat, ergaben, dass die Kunden an Aldi Nord im Vergleich zu Aldi Süd die veralteten Läden, das unbefriedigende Sortiment und den Mangel an Innovationen kritisieren. Roeb provokant: „Aldi Nord verschleckert“.

Dieser Vergleich verbietet sich für Matthias Queck, Handelsexperte von Planet Retail: „Im Gegensatz zu Schlecker hat Aldi sehr hohe Quadratmeterumsätze, die volle Kostenkontrolle und gehört nach wie vor zu den günstigsten Anbietern.“ Doch auch er bestätigt, dass das neue Ladenkonzept von Aldi Nord im Vergleich zu dem von Süd etwa zehn Jahre später kommt. „Es hat Aldi Süd gut getan, in marketinggetriebenen Ländern wie Großbritannien und den USA präsent zu sein. Aldi Süd hat aus dem Ausland mehr lernen können als Aldi Nord.“ Queck glaubt nicht, dass das Einlisten von Ferrero und möglicherweise einigen wenigen anderen Marken einen Strategiewechsel weg von der Eigenmarke bedeutet: „Aldi ist kein Meister im Verkauf von Marken, weil man das einfach nicht will.“

Ein Kenner der Süßwaren-Branche mutmaßt, dass der Ferrero-Einlistung keine eigene Aldi-Strategie zugrunde liege, sondern aus der Erkenntnis heraus erfolge, dass Lidl in diesem Sortiment derzeit das bessere Geschäft mache. Und die zuletzt von Nielsen ausgewiesenen Umsatzeinbußen der Kategorie Harddisocunt (Lidl, Aldi, Norma) werden in der Branche in erster Linie Aldi angeheftet.

Noch etwas macht der Discount-Schiene zu schaffen: Ihr Preisimage leidet. So berichtete die „Wirtschaftswoche“ von überdurchschnittlich hohen Preiserhöhungen im Discount, die hier aufgrund der Rohstoff-Kostenerhöhungen notwendig geworden seien. Aldi Nord hat 2011 nur rund zehn Preissenkungen im Sortiment gehabt, aber mehr als 400 Erhöhungen, so ein Beobachter des Discounters. Das sei 2010 noch ganz anders gewesen.

Für Ferrero dürfte sich der Nord-Deal lohnen. Schon das Zahlungsziel von zwölf Tagen, das es nach LP-Informationen so wohl bei keinem anderen Handelunternehmen gibt, wirkt sich aus. Die Vereinbarung tue Ferrero auch gut, weil das Wachstum über Neuheiten in den vergangenen Jahren zu wünschen übrig gelassen habe, sagen Branchenkenner.