Trend 2012 Wohin geht die Reise?

Die Stimmung im deutschen Handel bleibt gut – trotz Euro-Krise und unsicheren Märkten. Das ergab die Konjunkturumfrage der LP unter Handelsentscheidern. So euphorisch wie zu Jahresbeginn 2011 ist die Einschätzung der Lage nicht mehr.

Donnerstag, 12. Januar 2012 - Management
Reiner Mihr
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Das beschäftigt den Handel.
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Die deutschen Verbraucher sind gut drauf. Zum ersten Mal seit fünf Monaten stiegen die Konjunkturerwartungen der Verbraucher kurz vor Weihnachten wieder, meldet der Konsumklima-Index des Nürnberger Marktforschungsinstituts GfK. Der private Konsum werde damit seiner Rolle als wichtige Stütze der hiesigen Wirtschaftskraft gerecht, kommentieren das die Marktforscher. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich weiter aufgehellt. Etwa zur gleichen Zeit stieg der Ifo-Geschäftsklima-Index weiter, nachdem er sich bereits im Vormonat stabilisiert hatte, so das Ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut. Das kann nicht nur an der vorweihnachtlichen Freudenstimmung gelegen haben. Das Ifo-Institut befragt monatlich etwa 7.000 Firmen, wie sie ihre aktuelle Lage und die Erwartungen für die nächsten sechs Monate bewerten.

Tatsächlich war das Geschäft im Einzelhandel 2011 so schlecht nicht. „Der Einzelhandel in Deutschland kann auf ein gutes Jahr 2011 zurückblicken“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Erstmals habe der Umsatz in den ersten drei Quartalen die 300-Mrd.-Euro-Grenze überschritten. Von Januar bis September setzten die Unternehmen demnach nominal 2,5 Prozent mehr um als im Vorjahreszeitraum. Dabei liefen die Geschäfte im Internet- und Versandhandel besonders gut, aber auch in Supermärkten und Warenhäusern bestand kein Grund zu Klage. Der HDE hatte seine Umsatzprognose für 2011 sogar von plus 1,5 auf 2,0 Prozent angehoben.

Da passt das Ergebnis der Konjunkturumfrage der LEBENSMITTEL PRAXIS im deutschen Lebensmittelhandel „Trend 2012“ gut ins Bild. Auch hier wird gefragt, wie denn die Händler 2011 bewerten („gar nicht so schlecht“) und was sie denn für 2012 erwarten („gedämpfter Optimismus“). Daraus resultiert ein Branchenindex, der bei 22 Punkten liegt. Deutlich weniger als im vergangenen Jahr. Damals allerdings war ein Allzeithoch erreicht worden. Der Optimismus schien keine Grenzen zu haben. Das war nachvollziehbar, denn eine Krise schien gerade überwunden und die nächste noch nicht in Sicht, was sich bekanntlich im Laufe des Jahres dann doch änderte.

Gesunde Skepsis also im Lebensmittelhandel. Dabei zieht die Platitüde vom „Gegessen wird immer“ nicht, schließlich kommt es darauf an, was gegessen und wo es gekauft wird. Leider sparen die Deutschen gerne am Essen: Der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel am verfügbaren Haushaltseinkommen nimmt seit Jahren ab. Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt mit mittlerem Verdienst gibt laut jüngster Statistik nur noch 11 Prozent seines Einkommens für Essen und Trinken aus. Anfang der 70er Jahre lag dieser Anteil im früheren Bundesgebiet bei 19 Prozent. Nun gut, gottlob sind die Ausgaben seither real gestiegen, und zuletzt schienen klassische Vollsortimenter den Discountern auch wieder locker das Wasser reichen zu können.

So sind denn auch die Erwartungen der Händler, was Erfolg versprechende Sortimente betrifft, auf Warengruppen gerichtet, die durchaus etwas beratungs- und „pflege“-bedürftiger sind. Hohe Erwartungen werden an das Bio-Sortiment gerichtet. Nachdem dieses bei der letztjährigen Umfrage nicht mehr ganz oben auf der Liste der Warengruppen stand, an das die Händler die größten Umsatzerwartungen knüpfen, ist dies jetzt wieder ganz anders. Auch Obst und Gemüse, Tiefkühlkost, Milchfrischprodukte oder Chilled Food scheinen Profilierungssortimente zu sein, auf die der Handel im kommenden Jahr setzt. Es folgt dann ein breites Mittelfeld, wo auch die wichtigen Sortimente wie Fleisch oder Süßwaren zu finden sind. Schlusslichter – wie auch in den Vorjahren – sind Bier, Spirituosen und Tabak. Allerdings dürfte hier auch die politische Korrektheit eine gewichtige Rolle spielen, denn für den Umsatz im Lebensmittelhandel sind diese Sortiment schließlich keine „P eanuts“.

Was den Handel derzeit besonders beschäftigt, war ein weiteres Thema der LP-Konjunkturumfrage: Dass Kostendruck und Preiskampf ganz oben auf der Liste stehen, wundert dabei nicht. Der Blick nach vorn richtet sich dann eher bei Regionalität, wachsenden Ernährungsansprüchen der Kunden oder neuen Technologien. Gerade in letztere sind die Händler offenbar auch bereit zu investieren. In der Liste der Bereiche, für die 2012 Geld in die Hand genommen werden soll, steht zudem energiesparende Gebäude- und Ladentechnik ganz vorn.

Zwei Themen brennen einzelnen Händlern besonders unter den Nägeln: Kundenbindung und Fachkräfterekrutierung. Stammkunden zu halten und vermehrt neue zu gewinnen setzen sich viele zum Ziel, sehen allerdings gleichzeitig, dass es immer schwerer wird, qualifiziertes Personal zu finden. Das wird dann auch dadurch nicht leichter, dass die Personalkosten natürlich konstant gehalten werden sollen.

Zur Methode der Befragung
Die LEBENSMITTEL PRAXIS hat Mitte bis Ende November des vergangenen Jahres erneut ausgewählte Führungskräfte im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel zu ihren Erwartungen für das Jahr 2012 befragt. Gleichzeitig wollte die Redaktion auch die vermutlich chancenreichsten Sortimente für das Jahr wissen. Zu diesem Zeitpunkt wurde immer deutlicher, dass Deutschland die globale Wirtschaftskrise besser als andere Länder überstehen würde. Am Arbeitsmarkt setzte sich die Erholung weiter fort. Somit gewann auch der private Konsum zunehmend an Fahrt
Rund 1.000 Fragebögen wurden für die Trendumfrage der LEBENSMITTEL PRAXIS verschickt. Die Rücklaufquote lag bei knapp über 70 Prozent. Die Redaktion bedankt sich bei allen, die teilweise schon seit vielen Jahren an dieser Befragung teilnehmen.

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Bild öffnen Laut Konjunkturumfrage der LP ist die Stimmung im Deutschen Handel gut. Bildquelle iStockphoto
Bild öffnen Das beschäftigt den Handel.
Bild öffnen die Rückkehr des Realismus.
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Bild öffnen Investitionspläne.