Elektroschrott DUH verklagt
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Die Deutsche Umwelthilfe zerrt Händler vor Gericht, die Elektroschrott nicht zurücknehmen.

Dienstag, 07. November 2023 - Management
Jens Hertling
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Ausgediente Elektrokleingeräte können seit dem 1. Juli 2022 ganz einfach bei den Verkaufsstellen des LEH zur Entsorgung abgegeben werden. Alle Märkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern müssen seitdem Elektroaltgeräte bis zu einer Kantenlänge von 25 Zentimetern annehmen, wenn sie selbst Elektrogeräte verkaufen. Wie eine Umfrage der DPA bei großen Handelsketten ergab, wird von dieser Möglichkeit bisher jedoch kaum Gebrauch gemacht.

Aus diesem Grund hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bereits im Juni Unterlassungserklärungen von einer Reihe von Händlern gefordert, die in ihren Märkten keine Elektroaltgeräte zurückgenommen hatten. Einige kamen der Aufforderung nach, andere nicht. Sie werden nun von der DUH vor den zuständigen Landgerichten verklagt. Nach Angaben der DUH sind dies Aldi Nord, Aldi Süd, Lidl, Netto Marken-Discount, Rossmann sowie inhabergeführte Edeka- und Rewe-Märkte. Die DUH beruft sich in ihrer Klageschrift auf Testkäufe im Mai und Juni. „Selbst dort, wo Geräte angenommen werden, fehlen oft gut sichtbare Hinweise auf Rückgabemöglichkeiten. In zwei Dritteln der von uns untersuchten Märkte war die Information der Kunden über das Rücknahmeangebot nicht oder nur unzureichend vorhanden“, sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH. „Es ist ein Armutszeugnis, dass wir trotz einer gesetzlichen Rücknahmepflicht in vielen von uns getesteten Läden keine Elektroaltgeräte abgeben konnten“, sagt Fischer.

Die DUH spricht sich für eine Herabsetzung der Mindestfläche aus – nämlich von bislang 800 auf 100 Quadratmeter. Der Deutsche Handelsverband (HDE) hält dagegen. „Für den Handel bedeutet die Rücknahmepflicht einen Aufwand, insbesondere im Bereich Logistik und Lagerung sowie bei der Schulung der Mitarbeiter für einen geringen Output. Eine Erhöhung der Quoten oder eine Herabsetzung auf 100 Quadratmeter ist der falsche Ansatzpunkt“, sagt Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin Europapolitik und Nachhaltigkeit. „Zudem sollte berücksichtigt werden, dass viele Geräte langlebiger sind und die Quotenberechnung dahingehend angepasst werden muss“, so Gerstein.

Händler bekennen sich zur Pflicht
Aldi Süd bekennt sich auf Anfrage der LP zur Einhaltung des Gesetzes und zu den damit verbundenen Verpflichtungen. Kleine Elektro- und Elektro-
nikaltgeräte (Kantenlänge bis 25 cm) werden laut Pressestelle unabhängig vom Neukauf in haushaltsüblichen Mengen angenommen. Die Kunden können sich direkt an die Aldi-Mitarbeiter wenden, um eine Rückgabe zu veranlassen. Die Geräte werden dann von den Mitarbeitern in die entsprechenden Sammelbehälter im Lager der jeweiligen Verkaufsstelle gelegt.

Netto Marken-Discount gibt an, sich zu laufenden Verfahren grundsätzlich nicht zu äußern. Nach Angaben der Pressestelle von Edeka wird die Rücknahme von Elektroaltgeräten in allen Märkten, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, sichergestellt. Die Rücknahme erfolgt in den Märkten unterschiedlich, teils über Kunststoff- oder Gitterboxen am PoS. Dies obliegt den selbstständigen Gewerbetreibenden in ihren Märkten. Die Kunden werden den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend informiert.

Die Pressestelle von Lidl schreibt, dass ab dem 
1. Juli 2022 alle über 3.250 Filialen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben Elektrokleingeräte zurücknehmen. Die zurückgenommenen Geräte werden durch qualifizierte externe Dienstleister einer fachgerechten Entsorgung zugeführt.

Endlich Verantwortung übernehmen

Gastkommentar von Thomas Fischer

Seit Juli 2022 sind große Supermärkte dazu verpflichtet, Elektroschrott zurückzunehmen. Dies ist dringend nötig, denn die Sammelquote für Elektroschrott liegt bei nur 39 Prozent, obwohl 65 Prozent vorgeschrieben sind. Einer der Hauptgründe dafür ist ein Abwehrkampf des Handels. Neben vielen Verstößen gegen die Rücknahmepflicht werden Verbraucher darüber hinaus schlecht informiert sowie die Rücknahme durch eine Abgabe an der Kasse verbraucherunfreundlich ausgestaltet. Weil es an der Kasse meist schnell gehen muss und zum Teil lange Menschenschlangen vorhanden sind, ergeben sich schnell unangenehme Situationen.

Händler werden verklagt
Supermärkte erzielen mit dem Verkauf von Elektrogeräten erhebliche Gewinne und müssen deshalb auch Verantwortung für die sachgerechte Entsorgung übernehmen. Weil viele Händler gegen die Rücknahmepflicht verstoßen, hat die DUH nun Klagen bei den zuständigen Landgerichten eingereicht. Es lässt tief blicken, wenn Unternehmen durch Klagen dazu gezwungen werden müssen, sich an geltendes Recht zu halten. Dabei ist eine verbraucherfreundliche Rücknahme alter Elektrogeräte kein Hexenwerk. Sie kann durch brandschutzsichere Sammelbehältnisse in der Nähe des Kassenbereichs erfolgen oder durch eine persönliche Abgabe bei Mitarbeitenden. Supermärkte sollten endlich Gas geben, statt zu bremsen.

Thomas Fischer
arbeitet als Experte für Abfallver­mei­dung, Recycling und Wertstofferfassung seit mehr als zehn Jahren für die Abtei­lung Kreislaufwirtschaft beim Umwelt- und Ver­braucherschutzverband Deutsche Umwelthilfe (DUH).

 

Viel Aufwand,
 wenig genutzt

Gastkommentar von Antje Gerstein

Seit gut einem Jahr ist die Rückgabe von Elektroaltgeräten im Einzelhandel eine weitere Option für Verbraucher, ihre alten Geräte zurückzugeben. Genutzt wird sie bisher aber nur selten. Diese Lösung ist weder für den Handel noch für Verbraucher sinnvoll.

Händler halten entsprechende Logistik-, Schulungs- und Lagerungskapazitäten vor. Abgerufen werden sie jedoch nur unzureichend. Richtig wäre daher, bei der Entsorgung der Elektroaltgeräte neben den Kommunen vor allem auch die Hersteller mit in die Pflicht zu nehmen. Denkbar wären etwa Modelle der erweiterten Herstellerverantwortung, wie sie auch in anderen Bereichen gängig ist.

Keine originäre Aufgabe
Neben einer besseren Aufklärung der Verbraucher sollte zudem die Quotenberechnung überdacht werden. Viele Elektrokleingeräte haben heute eine lange Nutzungsdauer oder werden entsprechend repariert. Die Nutzungsdauer ist deutlich länger als politisch zugrunde gelegt. Das hat zur Folge, dass die angestrebten Quoten nicht erreicht werden.

Letztlich ist die Rücknahme von Elektroaltgeräten keine originäre Aufgabe des Lebensmittelhandels, nicht zuletzt wegen der Brandgefahr durch Altgeräte und Batterien sowie der langen Lagerung auf kleiner Fläche. Dennoch kommen die Unternehmen ihren Pflichten vollumfänglich nach. Angebracht und überfällig wäre aber Unterstützung von den Kommunen.

Antje Gerstein
ist studierte Geografin, war immer an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik tätig und ist seit 2017 Geschäftsführerin beim Handelsverband Deutschland (HDE). Dort ist sie für die Europapolitik und für Nachhaltigkeit verantwortlich.