Ein Geschäftsmodell am Abgrund Tchibo in der Krise

Nach dem Corona-Hoch kam bei Tchibo der satte Verlust. „Jede Woche eine neue Welt“ und Tchibo-Depots bringen dem LEH keine Frequenzen mehr.

Mittwoch, 11. Oktober 2023 - Management
Matthias Mahr
Artikelbild Tchibo in der Krise
Bildquelle: Matthias Mahr

Es war das Alleinstellungsmerkmal von Tchibo: „Jede Woche eine neue Welt“. Doch der Werbeslogan hält schon lange nicht mehr, was er verspricht. Längst haben vor allem die Discounter und Drogeriemarktketten das Konzept der Vermarktung in Kleinthemen mit fünf bis sieben Artikeln mit starker Verbundwirkung kopiert.

2022 hat der Kaffeeröster erstmals einen satten Verlust eingefahren: Auf 176 Millionen Euro belief sich das Minus bei rund 3,25 Milliarden Euro Umsatz. Etwa die Hälfte der Erlöse werden mit Nonfood-Artikeln gemacht. Die Zahl der Depots (Shop in Shop) im Lebensmitteleinzelhandel liegt nach Angaben der Hamburger bei 8.000 Einheiten in Deutschland.

Der Abschwung 2022 hat mit Corona zu tun: Zunächst kletterte 2021 der Absatz der Nonfood-Welten steil nach oben, ehe Tchibo wie alle Nonfood-Anbieter unter den gestörten Lieferketten zu leiden hatte. Weil Ware nicht rechtzeitig ankam, geriet das lange im Voraus geplante „Jede Woche eine neue Welt“-Konzept aus den Fugen. Kam die Ware zu spät, musste sie zwischengelagert werden. Das bedeutete für die Logistik enormen Aufwand und hohe Kosten. Zudem drückten die gestiegenen Einkaufspreise für Rohwaren und Produkte die Marge. Drastisch höhere Kosten für Energie und Transport sowie der ungünstige Dollar rissen weitere Löcher ins Ergebnis. Und die inflationsbedingte Kaufzurückhaltung vor allem bei Nonfood sorgte zusätzlich für Druck.

Auf starke Kategorien fokussieren
 „Unser Fokus auf Kaffee ist klar, das Nonfood-Geschäft gehört aber auch fest zu Tchibo. Hier werden wir uns auf besonders starke Kategorien konzentrieren und unser Angebot reduzieren“, heißt es auf LP-Anfrage aus Hamburg.

Allerdings sollte das Führungsteam um Tchibo-Geschäftsführer Werner Weber nicht zu optimistisch planen, denn der Wind hat sich gedreht: Längst ist Tchibo kein Frequenzbringer mehr für den LEH. „Die brauchen uns“, sagt ein selbstständiger Edeka-Kaufmann. Online, so erzählt ein Branchenkenner, seien die Stückzahlen bei Tchibo bereits so niedrig, dass sich kaum noch Lieferanten fänden, da die Auftragsfixkosten auf immer weniger Artikel umgelegt werden müssten. Auch die Innovationskraft bei Tchibo ist überschaubar geworden.