Top-30-Ranking 2022 Edeka wächst – Rewe holt auf

Die Konzentration im Lebensmittelhandel nimmt weiter zu. Die Top 4 werden noch mal stärker. Aber auch auf den folgenden Plätzen bewegt sich einiges.

Donnerstag, 09. März 2023 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild Edeka wächst – Rewe holt auf
Bildquelle: Ingo Hilger

Die Topliste der deutschen Lebensmittelhändler verliert nicht an Spannung. Auf der einen Seite bestätigt sie die weitere Konzentration der Umsätze auf die Top 4. Auf der anderen zeigt sich ein intensiver Wettbewerb auf den weiteren Plätzen. Gleichzeitig spiegelt die Tabelle die allgemeine Wirtschaftslage mit Krieg, Krisen und Konflikten.

Die auffallendsten Verschiebungen: Globus, Transgourmet und Tegut verbessern ihre Plätze genauso wie alle, die im Foodservice tätig sind. Discounter und Kaufland sind die großen Gewinner 2022, Biomärkte die Verlierer. Das jährliche Ranking von NielsenIQ Tradedimensions und Lebensmittel Praxis zur Entwicklung der Lebensmittelhandelsunternehmen in Deutschland zeigt vor allem eines: Die Konzentration geht weiter. Die vier großen Handelsgruppen Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe halten jetzt zusammen einen Marktanteil am Umsatz des LEH von 76,0 Prozent. Dieser Anteil stieg in den letzten vier Jahren um immerhin noch einmal 6 Prozent. Das hat offenbar auch viel mit der aktuellen Entwicklung der Discounter zu tun.

Diskontierende Systeme gewinnen
Stärkstes Handelsunternehmen im deutschen Lebensmittelbereich bleibt die Edeka-Gruppe, die ihren Marktanteil nochmals leicht steigern konnte. Klar über ein Viertel des Marktes machen die Edekaner aus. Stärker gewachsen ist allerdings die Rewe-Gruppe, auch wenn sie beim Marktanteil hinter der Edeka steht. Dabei gibt es weder die Edeka noch die Rewe. Zu berücksichtigen sind die Regionalgesellschaften, die Discountaktivitäten der beiden Gruppen und sonstige Geschäftsfelder. Auch hier spiegeln sich die allgemeinen Rahmenbedingungen. So ist sowohl bei der Edeka als auch bei der Rewe die jeweilige Discountsparte stärker gewachsen als das Vollsortiment. Der einzelne selbstständige Händler ist in der Tabelle berücksichtigt. Die Liste der erfolgreichsten selbstständigen Händler von Rewe und Edeka veröffentlichen wir übrigens in LP 9/2023.

Großer Gewinner scheint 2022 Kaufland mit deutlichem Wachstum gewesen zu sein. Das wurde aber auch durch den Zuwachs mit Ex-Real-Märkten „erkauft“. Stärker als Kaufland ist Aldi Süd gewachsen. Überhaupt hat der Discount wenig überraschend von der Entwicklung (Inflation, Kaufkraftverlust, Krisen, Kaufzurückhaltung) profitiert. Nach Aldi Süd ist vor allem Rewe-Ableger Penny, aber auch Lidl stark gewachsen. Edekas Netto Markendiscount, Norma und Aldi Nord haben sich ebenfalls gut geschlagen. Netto Stavenhagen erscheint vergleichsweise schwach.

Biomärkte unter Druck
Auf den folgenden Plätzen unterhalb der Top 4 fallen als Erstes die Drogeriemärkte auf. Hier wächst dm stärker als Rossmann. Müller und Budnikowsky kommen da nicht mit. Bei den Vollsortimentern hat sich nun Bartels-Langness vor Globus gescho-ben. Auffallend auch die positive Entwicklung bei Metro oder Transgourmet. Foodservice scheint sich zu lohnen.

Ein gespannter Blick dürfte auch auf die Märkte des neuen „Mein Real“ fallen – mit deutlich negativem Ergebnis. Allerdings dürfte 2022 kein Maßstab sein. Das Jahr 2023 ist für die verbliebenen über 60 „Mein Real“-Märkte wahrscheinlich das Jahr der Weichenstellung, wenn nicht Entscheidung.

Unter den Top 30 finden sich nur drei lupenreine Bio-Marktunternehmen: Dennree, Alnatura und Weiling. Alle drei ließen Federn, wobei Weiling und Dennree eine deutliche Klatsche bekamen, bei Alnatura wird man noch vom „blauen Auge“ sprechen. Die Entwicklung spiegelt aber die längst bestehende Erkenntnis wieder: Die Verbraucher in Deutschland halten sich bei Bioware zurück beziehungsweise kaufen Bioprodukte eher beim Discounter oder als Eigenmarke im klassischen Lebensmittelhandel.

4 Fragen an

Janine Hocke, Retail Research Analystin bei NielsenIQ Tradedimensions.

Was fällt Ihnen bei den aktuellen Zahlen auf?
Janine Hocke: Neben der unveränderten Reihenfolge auf den vorderen Rängen gibt es auf den weiteren Plätzen durchaus mehr Bewegung. Bartels-Langness tauscht mit Globus, Transgourmet überholt Norma, und Tegut reiht sich vor Dennree ein. Weiterhin haben wir bei den Top 30 im Jahr 2022 eine auffallend hohe Steigerungsrate beim Umsatz von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 2,5 Prozent.

Kaufland und Discount – die großen Gewinner 2022?
Aufgrund der Neueröffnung von über 40 ehemaligen Real-Märkten ist Kaufland bereits stark in der Fläche gewachsen. Dieses Bild setzt sich mit einem Wachstum von 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr nun auch beim Umsatz fort. Bei den Discountern spricht die aktuelle Steigerungsrate von 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 2,1 Prozent für eine gute Entwicklung. Zu den Gewinnern würde ich ebenfalls die Unternehmen zählen, die im Bereich Foodservice tätig sind. Die in der Pandemie erlittenen Umsatzeinbußen werden teilweise wieder aufgeholt. Beispiele hierfür sind die Unternehmen Metro mit einem Plus von 6,2 Prozent gegenüber einem Vorjahresdefizit von 3,0 Prozent und Transgourmet mit 28,4 Prozent Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahreswert von 5,3 Prozent.

Wer sind die Verlierer 2022? Biomärkte?
Die Biomärkte boomten zwar während der Pandemie, allerdings besteht diese positive Entwicklung aktuell nicht fort. Hier sank der Umsatz der Bio-Unternehmen unter den Top 30 um 7,4 Prozent gegenüber einem Wachstum im Vorjahr von 3,4 Prozent. Augenscheinlich ist hier auch noch der Umsatzrückgang der ehemaligen Real-Märkte unter dem neuen Banner „Mein Real“ in einem vergleichbaren Zeitraum.

Die Konzentration der Umsätze auf die „Top 4“ verfestigt sich weiter?
Ja, dieser Trend lässt sich bestätigen. In den letzten fünf Jahren ist der Marktanteil der Top 4 um 7 Prozentpunkte gestiegen und liegt damit nun bei 76,0 Prozent. Da sich in den Top 4 fast 90 Prozent der Discounter versammeln, macht sich deren Umsatzwachstum auch hier besonders bemerkbar.