Rüschens Kolumne Unsere Branche ist attraktiv!

Zu Hochzeiten der Pandemie wurden Mitarbeiter im Handel als Helden gefeiert. Warum wollen dann nicht mehr Menschen dort arbeiten?

Freitag, 22. Oktober 2021 - Management
Stefan Rüschen
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Corona hat vieles beschleunigt, aber nicht immer in die Richtung, die wir gehofft und gedacht hätten. Die Beschäftigten im Einzelhandel gehören zu den „Helden der Pandemie“. Dies hat jedoch nicht zu einer Aufwertung der Branche bei jungen Menschen geführt.

Die Anzahl der Ausbildungsplätze ist im Handel laut Bundesagentur für Arbeit um drei Prozent gestiegen. Der Handel bietet zwar 12 Prozent aller Ausbildungsplätze in Deutschland an. Aber die Anzahl der Bewerbungen ist weiter gesunken.

Junge Menschen erleben, wie in anderen Branchen ihre Eltern zunächst Homeoffice machen mussten und in der Nach-Corona-Zeit ein bis drei Tage pro Woche Homeoffice machen dürfen. Es ist sogar eine gesetzliche Verankerung eines Homeoffice-Rechtes in Diskussion. Im Vertrieb des Einzelhandels wird dies nicht möglich sein. Helden müssen vor Ort beim Kunden sein und nicht am heimischen Schreibtisch.

Der Mangel an Arbeitskräften für den Handel wird somit noch verschärft. Märkte können ihre Öffnungszeiten (zum Teil 7.00 bis 22.00 Uhr an sechs Tagen) nur noch mit enormem Aufwand durch die Filialmitarbeiter sicherstellen.

Automatisierung, zum Beispiel durch die verschiedenen Arten von Selfscanning, ist eine Möglichkeit, den Arbeitskräftebedarf zu reduzieren und wird mittlerweile sogar von Aldi und Rossmann in Deutschland getestet.

Globus (mit bis zu 40 Prozent Selfscanning-Quote) in Deutschland und der Handel in England zeigen uns, dass Selfscanning von Kunden in hohem Maße akzeptiert werden kann.

Es bedarf aber auch einer enormen Anstrengung, die Attraktivität unserer Branche jungen Menschen zu vermitteln. Dazu müssen neue Wege des Employer-Brandings und des Branchen-Brandings gegangen werden. Die TikTok-Aktivitäten des Edeka-Marktes Esslinger in Ravensburg sollten ein Vorbild sein, Jugendliche schon vor der Berufswahl auf Social Media zu erreichen. Auch niederschwellige Bewerbungsprozesse über „Sprachgeführte Chat-Bewerbung“ – wie es Rewe für einige Job-Angebote bereits anbietet – sind eine Möglichkeit, junge Menschen mit einer zeitgerechten digitalen Technologie anzusprechen.

Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Händlern, Verbänden, Berufsschulen und Hochschulen, die Attraktivität unserer Branche jungen Menschen authentisch zu vermitteln.