Bundestagswahl Der Kampf um eine saubere Welt

Wahlprüfstein Klima: Die Lebensmittel Praxis hat für die Lebensmittelwirtschaft die Umwelt-, Energie- und Verkehrskonzepte der Bundestagsparteien abgefragt. Das Fazit: Die EEG-Umlage könnte bald Geschichte sein.

Montag, 04. Oktober 2021 - Management
Andrea Kurtz
Artikelbild Der Kampf um eine saubere Welt
Bildquelle: Bundestag

Wahlprüfsteine: Was Verbände und Organisationen seit Jahrzehnten vor den Bundestagswahlen abfragen, hat sich die LP zum Vorbild genommen und Fragen zu den drängendsten Problemen der Branche an die sechs Parteien herangetragen. Der Rücklauf fiel leider unterschiedlich aus: SPD und FDP ließen sich extrem lange bitten; die FDP antwortete erst Ende August. Die SPD ließ trotz täglicher Anrufe und Mails nichts von sich hören, verwies aber immer wieder auf das Wahlprogramm. Die AfD avisierte zwar eine individuelle Antwort, doch diese blieb bis Redaktionsschluss aus. Die Grünen waren am schnellsten; CDU/CSU am ausführlichsten; die Linke in vielen Aussagen am konkretesten.
Wir haben für Sie hier die wichtigsten Aussagen zur Umwelt- und Klimapolitik zusammengetragen, sodass Sie sich selbst ein Bild machen können. Eines ist allen Parteien aber gemeinsam: Die umstrittene EEG-Umlage soll fallen und der Anteil erneuerbarer Energien (im Handel vor allem durch Fotovoltaik) ausgebaut werden. Damit ist eine der wichtigsten Forderungen des Handels erfüllt: Laut HDE würde der Einzelhandel ohne EEG um rund 2,3 Milliarden Euro entlastet. Allerdings ist laut Verband insgesamt eine Neugestaltung des Abgaben- und Umlagensystems auf Strom nötig, damit die Betriebskosten zur Erzeugung erneuerbarer Energien verringert werden.

  • SPD: den Verkehr modernisieren
    Der Kampf gegen den Klimawandel ist für die SPD eine ihrer Zukunftsmissionen. Die Umsetzung soll gemeinsam mit Gewerkschaften, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vorangebracht werden.
    Ziel ist es, in Deutschland bis spätestens 2045 komplett klimaneutral zu sein. Im Einklang mit den europäischen Klimazielen soll das Minderungsziel für 2030 deutlich (auf 65 Prozent) angehoben werden. Für 2040 wird ein Minderungsziel von 88 Prozent festgeschrieben.
    Bis 2040 soll der Strom in Deutschland komplett aus erneuerbaren Energien stammen. Dazu sollen alle dafür geeigneten Dächer eine Solaranlage bekommen – angefangen bei den öffentlichen Gebäuden.
    Die EEG-Umlage in der bestehenden Form soll bis 2025 abgeschafft und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Dazu dienen auch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.
    Im Rahmen des Mobilitätsplans will die SDP das modernste Verkehrssystem Europas schaffen und beispielsweise bis 2030 mindestens 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren.
    Mehr Güterverkehr soll von Lkw auf die Binnenschifffahrt verlagert werden.

  • CDU/CSU: die EEG-Umlage abschaffen
    Auf dem Weg zur Klimaneutra-lität setzt die Union auf marktwirtschaftliche Mittel als Leitinstrumente innerhalb eines Mixes, vor allem aber auf einen umfassenden europäischen Emissionshandel mit einheitlichem Preis und globaler Anschlussfähigkeit. Den bestehenden Aufwuchspfad der CO2- Bepreisung will sie straffen und so schnell wie möglich zu einem europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen. Die Einnahmen werden in vollem Umfang an die Bürger und die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgegeben.
    Als Erstes werde die EEG-Umlage abgeschafft.
    Investitionen in Klimatechnolo-gien und Energieeffizienz sollen künftig steuerlich besser abgesetzt werden können.
    Im Rahmen einer Klimaeffizienzreform wollen CDU und CSU auf das Klimapaket aufbauen und energiebezogene Steuern, Umlagen und Entgelte stärker auf CO2-Ausstoß ausrichten.

  • Die Linke: Energieeffizienz stärken
    Die Mission: „Die Energiewende wollen wir durch einen beschleunigten Ausbau erneuer- barer Energien und einen schnelleren Ausstieg aus fossiler Erzeu- gung (insbesondere den Kohleausstieg bis 2030) voranbringen.“
    Die EEG-Entgelte an die Ökostrombetreiber werden künftig aus dem Bundeshaushalt bezahlt.
    Eine flexible Stromnachfrage etwa von Kühlhäusern soll belohnt werden.
    Außerdem sinken die Energiekosten durch mehr Energieeffizienz. Dazu will die Linke klare rechtliche Vorgaben und Anreize schaffen.
    Für weniger Lieferverkehr in den Innen-städten braucht es neue Logistiklösungen, zum Beispiel lokale Zentren, von denen die Waren mit kleineren E-Fahrzeugen verteilt werden.
    „Wir wollen den ÖPNV ausbauen und kostenfrei machen – davon profitiert auch der Handel und seine Kunden. Die Kommunen bekommen dazu Unterstützung aus Bundesmitteln.“
    Auch die Anschaffung geeigneter emissionsarmer Fahrzeuge soll gefördert werden.
    Große Industrie- und Gewerbegebiete sollen einen Gleisanschluss vorhalten, damit mehr Güterverkehr auf die Schiene kommt.

  • Bündnis 90/Die Grünen: den Kohleausstieg vorziehen
    Die wichtigsten klimapolitischen Maßnah- men der Grünen lassen sich in einem kleinen Katalog zusammenfassen: der massive Ausbau der erneuerbaren Energien, das Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030, das Einleiten der Verkehrswende inklusive Auslau- fen der Pkw-Zulassung für fossile Antriebe ab 2030, eine Sanierungs- und Modernisierungsoffensive im Gebäude- bereich, den Umbau der Landwirtschaft zu einer umwelt- und klimaschonenden Pro- duktion sowie ein Vorziehen der CO2-Preis- Erhöhung (verbunden mit der Einführung eines Energiegeldes zur Rückerstattung der Einnahmen an die Bürger).
    Zum Strom: Grundsätzlich müssten Steu- ern, Abgaben und Um- lagen so reformiert werden, dass fossile Subventionen abge- baut und stattdessen Klimaschutz, Energiewende und Defossi- lisierung von Produktionsprozessen unterstützt werden.
    Die CO2-Bepreisung von fossilen klimaschädlichen Heiz- und Kraftstoffen seit dem 1. Januar 2021 und die Verwendung der Einnahmen zur Absenkung der EEG-Umlage sind für die Partei ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung.

  • FDP: die Steuern reformieren
    Die Freien Demokraten wollen, dass sich die besten und effizientesten Technologien am Markt durchsetzen.
    Zentrales Instrument ist für die Partei dabei der EU-Emissionshan- del, den sie „schnellstmöglich auf alle Sek- toren und geografisch ausweiten“ will. So sollen in den Augen der FDP Anreize für Investitionen in klimafreund- liche Technologien geschaffen werden.
    „Mit einem sektorübergreifenden CO2-Preis im Rahmen des europäischen Zertifikatehan- dels wird sich die Form der Logistik durchset- zen, die den geringsten Klimafußabdruck hat“, so die FDP.
    Zudem wollen die Liberalen Umlagen, Steuern und Abgaben auf Energie umfassend reformieren. Denn aktuell habe Deutschland die höchsten Strompreise Europas für nahezu alle Verbrauchergruppen. Um das zu ändern, will die FDP die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß senken.
    Die EEG-Umlage soll schrittweise abgeschafft werden, indem die Förderzusagen aus der Vergangenheit weitestgehend aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert und keine neuen Fördertatbestände geschaffen werden.