Das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen nehme in der Corona-Pandemie weiter zu, davon ist Klaus Müller, der Chef des Bundesverbands Verbraucherschutz (vzbv) überzeugt. Als Konsequenz fordert er eine Abgabe auf Zucker, Salz oder Fett, wie sie auch kürzlich von der Zukunftskommission Landwirtschaft vorgeschlagen wurde. Diese Abgabe, beispielsweise auf Süßgetränke, würde, so Müllers Auffassung, den Zuckergehalt reduzieren und damit für eine gesündere Ernährung sorgen. Länder wie Großbritannien würden dies bereits unter Beweis stellen, meint Müller. „Der Konsum zuckergesüßter Getränke ist nachweislich ein besonders relevanter Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht“, sagt Müller. „Die Zuckerreduktion in dieser Produktgruppe ist deshalb besonders bedeutend, sie geht in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie Großbritannien aber zu langsam voran.“ Dabei wünschten sich Verbraucher mehrheitlich, dass der Einsatz von Zucker in Fertiglebensmitteln reduziert wird.
Zuckerabgabe wofür?
Zusätzlich generierte staatliche Einnahmen aus der Abgabe sollten in die Förderung von Ernährungsbildungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche und gesunder Schul- und Kitaverpflegung fließen, meint der vzbv. Allerdings sei die Süßgetränkeabgabe nur ein Teil eines Maßnahmenmixes zur Förderung eines gesünderen Lebensmittel- und Getränkeangebots und gesunder Ernährungsge‧wohnheiten. Dazu gehörten ein verbindlicher Nutri-Score, die Beschränkung des an Kinder gerichteten Marketings, eine umfassende Ernährungsbildung und -aufklärung, verbindliche Standards für eine gesunde Schulverpflegung, die Förderung niederschwelliger, kostenloser Trinkwasserangebote im öffentlichen Raum und in Schulen sowie die ambitionierte Weiterführung der Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Fett in Fertiglebensmitteln.
Ernährungsexperten widersprechen: Eine Geschmackssteuerung durch Steuern oder Regulierung habe keinen nachhaltigen Einfluss auf das Ernährungsverhalten. Verbote führten demnach nicht zu einer ausgewogenen Ernährung und einem gesunden Lebensstil. Vielmehr müssten Verbraucher darin unterstützt werden, maßvoll zu genießen, heißt es nicht nur bei den Industrieverbänden wie dem Lebensmittelverband Deutschlands oder dem Süßstoff-Verband, sondern auch bei CDU oder FDP. „Mit Ernährungsbildung wird die Voraussetzung geschaffen, dass Verbraucher gesunde Essgewohnheiten übernehmen“, meinte beispielsweise kürzlich CDU-Fraktions-Vize Gitta Connemann im Gespräch mit der LP. Außerdem seien Zucker, Salz und Fett nicht allein schuld. „Rezepturen orientieren sich an den Kundenwünschen“, ergänzte FDP-Politikerin Carina Conrad und lehnt eine Zuckersteuer kategorisch ab. „Die künstliche Verteuerung von Produkten wird deren Konsum nicht sinnvoll gestalten“, sagt sie.