Karriere Die Nimmersatten

Selbstbewusst, fordernd und freiheitsliebend. Die Generation Z revolutioniert die Arbeitswelt. Was ist dran am Premiumstatus der Nachwuchstalente? Wie muss sich der Handel an sie anpassen? Eine Streitschrift.

Freitag, 29. Januar 2021 - Management
Malaika Loher
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Bildquelle: Getty Images

Alle 15 Jahre entwickelt sich eine neue Generation Arbeitskräfte. Gesellschaftliche, politische und soziale Einflüsse sowie der aktuelle Erziehungstrend prägen ihre Einstellung zur Arbeit. Die jüngste Generation Z ist unter 25 Jahre alt und bringt besondere Unruhe in die Märkte.

Das findet auch Maximilian Wild, Inhaber eines Edeka-Marktes in Kaufering, Süddeutschland. „Die Generation Z für den Handel zu motivieren ist schwierig. Sie interessieren sich nur für unsere Branche, wenn sie nichts anderes finden. Am liebsten wollen alle studieren“, so der 30-Jährige. Er leitet 20 Mitarbeiter im Alter von 24 bis knapp 60 Jahren.

In der Zusammenarbeit mit ganz jungen Kollegen sei er inzwischen eher vorsichtig geworden. „Ist einer unmotiviert, habe ich gleich die Eltern vor Ort, selbst wenn der Mitarbeiter schon 22 Jahre alt ist. Diese Kids sind ein bisschen verhätschelt.“ Er hatte Jugendliche in der Ausbildung, für die war „Regale auffüllen oder auswischen nicht angemessen“. Und weiter: „Eigentlich wollen sie am liebsten neben mir sitzen und mir beim Rechnungen stellen zusehen“, beschreibt der Unternehmer die jungen Arbeitskräfte. Selbst gehört er zu Generation Y, 1981 bis 1996 geboren. Die sogenannten „Millennials“ packen an, wenn es der Karriere, dem Geldbeutel und dem Sinngefühl dient.

Mitarbeiterin Sandra Schröter arbeitet seit Beginn der Corona-Krise für Maximilian Wild. Ursprünglich wollte sie Mode verkaufen. „Ich muss zusehen, dass ich Geld verdiene. Inzwischen fühle ich mich wohl hier. Im Lebensmittelbereich ist man auf der sicheren Seite“, so die 24-Jährige.

Sie hat großen Respekt vor den Menschen, die schon lange auf der Fläche stehen. Anstrengend sei es, aber auch abwechslungsreich. Und Abwechslung sei der Vertreterin der Digital Natives wichtig.

„Wir Jüngeren finden es schwer, schon jetzt sagen zu können, was man will. Man probiert viel aus, schnuppert überall mal rein und findet so heraus, was der richtige Weg ist.“ Sandra Schröter steht am älteren Ende der Generation Z und findet, die Jüngeren wären „noch viel extremer“.

Flexibel oder flatterhaft ?
Die Flexibilität wurde der Generation Z quasi in die Wiege gelegt. Snapchat, TikTok, Instagram und Co. prägen die jungen Gehirne. Influencer bestimmten ihr Markenbewusstsein. Die Aufmerksamkeitsspanne für Informationen liegt bei unter einer Minute. Sofortige Bedürfnisbefriedigung im raschen Wechsel ist ihr Alltag.

Die „Selfie-Generation“ ist es gewohnt, Likes nachzujagen und sich über Konsum zu bestätigen. Sie sind global vernetzt und sich ihres Wertes bewusst. Schon in der Schule wissen sie genau, in welchen Jobs das große Geld zu verdienen ist. Deshalb interessieren sie sich nicht besonders für Ausbildungen im Handwerk. Das Beamtentum liegt ihnen schon eher. Während die Vorgängergeneration möglichst schnell einen Managementposten einnehmen wollte, lehnt die „Generation You-tube“ Führungsverantwortung kategorisch ab. Es umgibt sie ein Ruf aus Oberflächlichkeit, Flatterhaftigkeit und mangelnder Loyalität.

Kein Wunder, dass sich die Nachwuchstalente lieber unter ihresgleichen aufhalten. Kritik üben sie gegenseitig kaum. Untereinander solidarisch, grenzen sie sich gegenüber älteren Kollegen ab. Nicht selten landen ihre Belange beim Betriebsrat, um für ihr Recht zu kämpfen.

Gespräche auf Augenhöhe
Das bestätigt Sandra Schröter: „Unfreundliche Kunden zum Beispiel mag ich gar nicht. Wenn mal ein Etikett nicht steckt, muss man uns nicht gleich anfahren. Gerade bei den älteren Leuten merkt man, dass sie die Jüngeren nicht genauso respektieren wie den Chef.“ Der Nachwuchs will auf Augenhöhe gesehen, fair behandelt und gleichermaßen bezahlt werden.
Das Prinzip „Ober sticht Unter“ verliert an Relevanz. Status ergibt sich für die Generation Z nicht aus Titeln, Erfahrung oder Hierarchie. Ihren Respekt muss man sich hart erarbeiten.
Für die älteren Kollegen ist das ein Problem. Nicht selten baden sie die Schwächen der Jüngsten mit Überstunden aus. Gerade im Handel ist es Tradition, dass die Jüngsten für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden. Dabei beißen sie inzwischen auf Granit. Aufgaben erledigt die Generation Z nämlich nur dann, wenn sie selbst es für richtig hält. Ohne persönlichen Nutzen keine Arbeit. Prozesse, die anstrengend sind und nicht sofort funktionieren, empfinden sie als Zumutung, die doch lieber andere erledigen sollten. Ihr Motto: weniger leisten für mehr Geld.

Führung verändert sich
Vorgesetzten muss eines klar sein: Gewohnte Prozesse oder Hackordnungen funktionieren nicht mehr. Wer junge Mitarbeiter halten will, muss sich mit deren Denken auseinandersetzen, statt sich darüber aufzuregen. Denn die Generation Z ist sehr wohl engagiert, zielorientiert und will etwas erreichen, aber in ihrer Zeit und nach ihren Bedingungen. Sie wollen die Besten sein, aber nur, wenn es leicht geht. Ihr Ehrgeiz wächst, wenn ein Nutzen dahinter steht.

Maximilian Wild löst die Problematik für sich durch einen Mix aus Mitbestimmung und Ansage: „Ich lasse den Mitarbeitern viele Freiheiten. Sie haben zum Beispiel Mitentscheidungsrecht beim Sortiment. Ich bin da auch froh, denn junge Generationen bringen mir einen Impact, den ich vielleicht nicht drauf habe. Dadurch wird das Sortiment jünger und zieht jüngere Leute in den Laden.“ Trotzdem müsse er immer wieder auch klare Vorgaben machen.

Er übernehme oft die eigentliche Arbeit der Eltern. „Zum Beispiel, dass man nicht mit Jogginganzug oder Käppi zur Arbeit kommt.“
Die Kommunikation funktioniert nur, wenn sich der Chef in die Jüngsten hineinversetzt. So verschafft er sich nicht nur Respekt und Vertrauen, sondern auch ein neues Bewusstsein für die Psyche der Generation Z.