Indien Klein, aber oho - Klein, aber oho: Teil 2

Kiranas sind das Herz des indischen Lebensmittel-Einzelhandels. Warum sie so erfolgreich sind und warum Hersteller diesen Vertriebsweg nutzen sollten, das weiß Tatjana Wolff von Planet Retail.

Montag, 19. Februar 2018 - Management
Susanne Klopsch
Artikelbild Klein, aber oho - Klein, aber oho: Teil 2
Bildquelle: PlanetRetail

Da Kleinhändler ein enges Verhältnis zu ihren Kunden haben, sollten sie Herstellern als Quelle für Marktforschung dienen, um Kundenbedürfnisse zu erforschen. Dies kann durch Interviews geschehen oder durch die Auswertung digitaler Tools. Für Kiranas selbst ist es sehr wichtig, zu wissen, was Kunden möchten und kaufen, denn die Margen sind so gering, dass sie es sich nicht leisten können, Ladenhüter in die Regale zu stellen.

Wachstum mithilfe der Kiranas
Konsumgüterhersteller, die in Indien den Massenmarkt erreichen beziehungsweise ihren Absatz steigern möchten, sollten sich darauf konzentrieren, eine möglichst große Anzahl an unabhängigen Händlern zu erreichen. Um Wachstum zu erzielen, zählt vor allem die Ausdehnung der Reichweite – denn selbst wenn Hersteller den Höchstpreis für ihre Produkte selbst festsetzen können, ist es ihnen kaum möglich, diesen wahllos zu erhöhen. Das Einkommen der indischen Bevölkerung steigt zwar, ist aber nach wie vor limitiert. Im Vergleich: Aktuell sind die deutschen Konsumentenausgaben pro Kopf 22 mal höher als in Indien.

Teil der Modernisierungsstory
Auch in Indien ist das Thema „Veränderung“ nicht überall gern gesehen. So fällt es vielen Ladenbetreibern zum Beispiel schwer, traditionelle Beziehungen abzubrechen und mit neuen Distributoren oder Großhändlern zu kooperieren, selbst wenn diese deutlich günstigere Konditionen mit sich bringen würden. So liegt gerade im Bereich der Produktbeschaffung ein großes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Hier sollten moderne Großhändler vor allem Wege finden, wie sie ein Kreditsystem bereitstellen. Das Fehlen eines solchen führt meistens dazu, dass Kleinladenbesitzer sich gegen diese modernere Form der Beschaffung entscheiden.

Üblicherweise bedeutet die Modernisierung des Einzelhandels, dass sich der stationäre Handel von traditionellen Strukturen (Hersteller-Großhändlerstufen-Einzelhändler) löst und hin zum Einzelhandel entwickelt, der seine Waren überwiegend direkt vom Hersteller bezieht. In Indien hingegen geschieht die Modernisierung vor allem durch die Technisierung der Kiranas. Diese wird nicht zuletzt durch den Kampf gegen Steuerhinterziehung durch den Staat gefördert.

Dadurch, dass die Benutzung von Internet und vor allem von Smartphones in jeglichen Einkommensschichten stetig zunimmt, werden digitale Tools auch in den Einzelhandel integriert. Zum Beispiel nutzt Amazon durch seine Plattform Kirana Now in manchen Städten die kleinen Läden als Abholstationen. Hersteller sollten also bei ihrer Produktentwicklung darauf achten, dass Produkte, die online bestellt werden können, nicht nur leicht zu verschicken sind, sondern auch leicht auf kleinen Flächen zu lagern sind.

Jenseits der modernen Plattformen erfolgt die Digitalisierung des indischen Handels übrigens auch mit einfachsten Mitteln – etwa, wenn ein Kunde bei seinem Kirana Waren per Whats-App bestellt, die dann nach Hause geliefert werden. Wer als Hersteller Teil des digitalen Ökosystems im Lebensmittelhandel sein möchte, muss also dringend für eine Präsenz im unabhängigen Handel sorgen.