Food Waste Bread Beer

Das Problem mit dem Altbrot kennt man auch auf der Schweizer Seite des Bodensees. Hier macht ein Start-up aus unverkauftem Brot süffiges Bier.

Donnerstag, 21. September 2017 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Bread Beer
Bildquelle: Damn Good Food & Beverages AG, Getty Images

„Wir sind es in der Schweiz gewohnt, zu jeder Tageszeit eine große Auswahl an frischgebackenem Brot zu haben. Am Ende des Tages bleibt in den Bäckereien fast jeder vierte Laib unverkauft“, weiß Dominic Meyerhans. Dass die Probleme der Bäckerzunft ihm besonders nah sind, liegt daran, dass er hauptberuflich in sechster Generation die Geschäfte der Meyerhans Mühlen AG führt. „Wir müssen es schaffen, dass gebackenes Brot, in dem so viel Arbeit und wertvolle Rohstoffe stecken, nicht in Biogasanlagen landet, sondern in der Lebensmittelkette verfügbar bleibt“, dachte sich der junge Müller und fand im vergangenen Jahr drei Gleichgesinnte aus der Lebensmittelbranche, die mit ihm das Thema Food-Upcycling in einer neuen Firma vorantreiben wollen.

In Weinfelden, gut 20 km entfernt von Konstanz, macht die Damn Good Food & Beverages AG aus unverkauftem „flüssiges Brot“. Das bernsteinfarbene Bread Beer ist seit Mai 2017 auf dem Markt und „eine echte und konkrete Lösung im hochaktuellen Thema Food Waste“ – in Meyerhans‘ Stimme schwingt eine gute Portion Stolz mit, wenn er von seinem jüngsten „Kind“ erzählt: „Die Konsumenten loben die einzigartige Geschichte, die Qualität des Bieres und das attraktive Produktdesign.“

Rezeptur, Look und Vertriebsstrategie für das Brotbier wurden in nur wenigen Monaten gemeinsam mit jungen Freelancern und der Brauerei Locher in Appenzell entwickelt.

Nur unverkauftes helles Brot regionaler Bäckereien, das bestimmten Vorgaben, vor allem hinsichtlich des Verzichts auf allergene Zutaten entspricht, kommt später ins Bier. In den Backstuben wird es zerkleinert und mit der Restwärme der Öfen getrocknet. Ein Partner der Meyerhans Mühlen holt die Ware ab. Die Meyerhans Mühlen führen Analysen durch, vermahlen die Brotreste zu Semmelbröseln und liefern diese an die Brauerei in Appenzell.

Ein Drittel des Gerstenmalzes wird im Brauprozess durch das Brotmehl ersetzt und in vergärbaren Zucker umgewandelt. Mit Wasser, Hefe, Hopfen und Malz wird daraus ein bernsteinfarbenes, vollmundiges und wie der Schweizer sagt „tami guetes“ Spezialbier gebraut. In 100 l des Bieres stecken am Ende 8 kg gerettetes Brot.

„In knapp drei Monaten konnten wir mehr als 250 Verkaufsstellen gewinnen, darunter viele Bäckereien. 250 hl Bier haben wir bereits verkauft, bis Ende des Jahres rechnen wir mit 500 hl“, sagt Meyerhans. Dass das Bier so einschlägt, liegt seiner Meinung nach auch am richtigen Zeitpunkt. „In der Schweiz liegen Mikrobrauereien im Trend, das hilft uns.“ Auch Anfragen aus Deutschland gibt es schon unzählige. Für den hiesigen Markt ist das Produkt deshalb so interessant, weil die Eidgenossen nicht den Einschränkungen des deutschen Reinheitsgebots unterliegen.

Dass das Bread Beer irgendwann in mehreren Varianten erhältlich sein soll, steht bereits fest. Wahrscheinlich wird ein dunkles Bier folgen, vielleicht auch ein alkoholfreies. Darüber hinaus will das Start-up weitere Produkte entwickeln – „möglichst 100 Prozent Upcycling-Konzepte“ sollen es nach Vorstellung von Meyerhans sein. Diese bergen jedoch einige Herausforderungen. „Das Paradoxe am Aufarbeiten von Nebenströmen sind die hohen Kosten, die meist über dem Preis für ,neue‘ Lebensmittel oder Zutaten liegen. Für uns wäre es z. B. günstiger, nur Gerstenmalz im Brauprozess einzusetzen, anstatt einen Teil dessen durch Restbrot zu ersetzen“, sagt Meyerhans. Die detaillierten Analysen entlang des Herstellungsprozesses kosten eben. Für das Unternehmen sind sie jedoch alternativlos. So kostet eine 0,33-l-Flasche des Bieres mit 2,30 CHF (gut 2 Euro) gut das Doppelte der größeren Biermarken. Angesichts der Preise, die hierzulande für Craft Beer ausgegeben werden, ist es jedoch ein moderater Preis – gutes Gewissen inbegriffen.