Infothekentest Info-Theken im Handel: Service oder was?

Die Produktvielfalt im Supermarkt nimmt zu – dabei müssen dort immer weniger Menschen immer mehr Kunden betreuen. Gut, dass die Informations-Theke fast schon Standard ist. Doch wie freundlich und kompetent ist das dort tätige Personal?

Freitag, 17. Oktober 2014 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild Info-Theken im Handel: Service oder was?
Bildquelle: Hoppen

Die LEBENSMITTEL PRAXIS wollte es mal wieder wissen und machte den Check. Wie immer ist das Ergebnis natürlich eine Momentaufnahme und hängt von vielen Faktoren ab. Die Ergebnisse sind naturgemäß sehr unterschiedlich. Die Bedeutung des Kontaktes an der Informations-Theke darf aber nicht unterschätzt werden. In einer Befragung von Porsche Consulting gaben immerhin 81 Prozent der befragten Verbraucher an, auf einen Kauf zu verzichten, wenn die Beratung nicht stimmt. Und rund die Hälfte dieser Kunden vermisst kompetente Ansprechpartner, wenn es um Fragen zum Produkt geht. Vier von zehn Kunden rechnen laut dieser Studie inzwischen schon damit, dass sie einen Verkäufer erst suchen oder zumindest auf ihn warten müssen.

Kein Wunder also, dass schon 2010 die Service Value GmbH feststellte, dass die Qualität des Kundenservice im deutschen LEH teilweise zu wünschen übrig lässt. Also: Unternehmen müssen im eigenen Interesse dafür sorgen, dass das Personal im Laden auch für die Kunden ansprechbar ist. Sonst laufen Händler Gefahr, Kunden zu verlieren.

So gingen die Tester der LEBENSMITTEL PRAXIS zum Einkaufen. Auf der Einkaufsliste: Sojamilch. Zunächst suchten sie in der Fachabteilung für Molkereierzeugnisse Mitarbeiter und wenn einer präsent war, wurde schon mal nach Sojamilch und deren Besonderheiten gefragt. Doch die eigentliche Aufgabe bestand darin, sich nach dem – für die Mitarbeiter ersichtlichen – Einkauf an der Info-Theke nach der Sojamilch zu erkundigen. Die Tester outeten sich als Nicht-Sojamilch-Trinker, hatten beim Einkauf keine gefunden und wussten auch nicht, was das ist.

So wurden ….

  • die technische Kompetenz (Auffindbarkeit der Info-Theke, personelle Besetzung, Wartezeiten etc.),
  • die Kommunikationskompetenz (Begrüßung, Ansprache, Blickkontakt, Aufmerksamkeit, Umgangsformen, Hilfsbereitschaft) und
  • die Sachkompetenz (konnte die Frage beantwortet werden, mit oder ohne Hilfe, Alternativen, Hinweise, ...) unter die Lupe genommen.

Detaillierte Fragen bildeten die Testvorlage. Bei der Beantwortung ging es sowohl um Objektives (Beschilderung, Wartezeiten, etc. pp.) als auch Subjektives („wie wohl habe ich mich gefühlt?“). Der normale Kunde entscheidet auch nach dem Einkauf spontan mit „Daumen hoch oder Daumen runter“. So auch die Tester der LP: Um ein emotionales Fazit darzustellen, haben die Tester gleich nach dem Einkauf aus dem Bauch heraus Sterne vergeben. Hilfsbereitschaft, Fach- und Sachwissen, Umgangsform- und -Ton sowie Wohlfühlaspekt wurden benotet.

Auf der Liste der Tester standen bei diesem Check das E-Center in der Berliner Stephanstraße, Perfetto am Kurfürstendamm, Galeria Gourmet am Alexanderplatz, Globus in Lahnstein, Kaufland in Sinzig, Real in Mühlheim-Kärlich, Rewe in Neuwied und das Vorteilscenter Unkel.

Kundenservice fängt bei A wie Aufmerksamkeit an und endet bei Z wie Zuwendung. Die Info-Theke ist eine Möglichkeit, Kunden mit Service zu verwöhnen. Ein grundsätzlicher Mangel scheint es zu sein, in den Märkten überhaupt einen Ansprechpartner zu finden, bemängeln die Tester. Da hilft dann die Informations-Theke. In fast allen besuchten Märkten ist die Info-Theke bestens platziert und für den Kunden ersichtlich. Nur bei Perfetto (erst, wenn man schon bezahlt hat erreichbar – die Frage ergab sich ja während des Einkaufs) und bei Rewe (kein Mitarbeiter präsent) wirkte Platzierung und Besetzung weniger optimal. Dabei wurde allerdings z. T. der Kundenstrom missachtet.

Bei Globus, Galeria Gourmet, Real, Rewe und Vorteilskauf Unkel mussten sich die Tester in Geduld üben. Was allerdings nicht nur am erhöhten Kundenaufkommen lag. So waren bei Galeria Gourmet drei Mitarbeiter im Einsatz. Einer war im Kunden- und ein zweiter im Telefonkontakt. Die dritte Mitarbeiterin war für den Kunden augenscheinlich mit nichts beschäftigt. Bei Globus wurden Kunden nicht nach der Reihe betreut, ein Prinzip war nicht erkennbar.


Die Frage an sich, wurde auf unterschiedlichem Niveau beantwortet. Bei Real machten die Mitarbeiter einen genervten Eindruck, bei Edeka war die Wegbeschreibung für den Kunden (großes Center) nicht eindeutig, auch ließ der Kundenumgang zu wünschen übrig. Die Mitarbeiterin bei Rewe wirkte auf den Tester eher oberflächlich.

Doch auch das Gegenteil wurde erlebt. Bei Galeria Gourmet bot die Mitarbeiterin von alleine an, den Kunden zum Produkt zu begleiten. Auch wenn die Wartezeit bei Globus über dem Schnitt lag, wurde bestens erklärt und geantwortet. Die Mitarbeiterin bei Perfetto war freundlich, wusste sofort, wo die Sojamilch zu finden ist und dass es sich dabei um ein haltbar gemachtes Produkt handelt, das daher nicht in der Kühlung steht.

Gerne hätte die Testerin, den neben der Info-Theke befindlichen Artikelfinder ausprobiert. Warum? Mit ihm hätte sie das Produkt ohne lange Wartezeit gefunden. Das Personal bei Kaufland und vom Vorteilskauf Unkel hinterließ einen rundum positiven Eindruck. Das musste oder sollte auch sein, denn in vielen der besuchten Märkte befand sich zum Besuchszeitpunkt in der Fachabteilung tatsächlich kein einziger Mitarbeiter. Aus diesem Grund ist die unaufdringlich angebotene Hilfs-(Dienstleistungs-)Bereitschaft des Personals unentbehrlich.

Service bedeutet immer auch Aufmerksamkeit und Zuwendung – kombiniert mit Fach- und Entscheidungskompetenz. Ein guter Service lässt den Kunden nie warten. Ganz gleich in welcher Branche: Servicequalität hängt in erster Linie von Menschen ab und Service ist, was beim Kunden ankommt, proklamiert zum Beispiel auch der TÜV Süd.

Selbstverständlich können die besuchten Filialen ihre Testberichte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. anfordern.

„Kontakt-Chance unbedingt nutzen“

Was kann man aus der Momentaufnahmen des aktuellen Info-Theken-Tests folgern? Dazu Sylvia Thiel, BDTV zertifizierte Trainerin und im Berufsverband für Trainer, Berater und Coaches BDTV organisiert.

LEBENSMITTEL PRAXIS: Frau Thiel, an der Info-Theke geht es darum, unterschiedliche Kundenanliegen zu bearbeiten. Was ist wichtiger, die Qualität der Kommunikation oder die sachliche Kompetenz?
Silvia Thiel: Entscheidend ist nicht, was ich als Trainerin für wichtiger halte, sondern was der Kunde erwartet und der Kunde erwartet einen hilfsbereiten, fachkundigen, freundlichen Ansprechpartner.

Worauf kommt es an, was ist wichtig?
Zuallererst eine angemessene Begrüßung und die Aufnahme und/oder Erfragung des Kundenwunsches. Wobei es meist zwei Möglichkeiten gibt. Entweder kann dem Kunden ad hoc geholfen werden oder der Mitarbeiter bittet um einen Moment Geduld, damit er sich in der Fachabteilung erkundigen kann, um dem Kunden eine vollumfängliche Antwort geben zu können. Wichtig dabei ist, dem Kunden in jeder Phase des Vorgangs das Gefühl zu geben, dass er im Mittelpunkt des Interesses steht und ihm geholfen wird.

Auch darf nicht vergessen werden, den Kunden entsprechend höflich in den Tag zu entlassen und – falls die Antwort ein wenig mehr Zeit in Anspruch genommen hat – sich für die Geduld zu bedanken bzw. sich für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.

Was halten Sie von Standards?
Standards sind wichtig. Aber sie dürfen nicht zu standardisierten Antworten (ver-)führen, weil dem Kunden damit das Gefühl vermittelt wird, eine Nummer zu sein. Das kann mit einfachen Mitteln – wie einem offenen Blick, bei dem der Mitarbeiter dem Kunden direkt in die Augen schaut und die Augenfarbe erkundet – erreicht werden. Für den Fall der Suche nach einem Artikel könnte dem Kunden auch auf einem Lageplan – wie es in der Tourismusbranche (Standort markiert) üblich ist – gezeigt werden, wo sich der Wunschartikel befindet und wie der Kunde dort hingelangt.

Frau Thiel das klingt fast nach einer weiteren Möglichkeit der Kundenbindung. Taugt die Info-Theke tatsächlich dazu?
Auf jeden Fall. Der Service-Counter ist eine der wenigen Möglichkeiten im Supermarkt mit dem Kunden persönlich in Kontakt zu treten. Wer das nicht als Chance erkennt und nutzt, ist an dieser wichtigen Stellschraube fehl am Platz.