Warenverkaufskunde Aceto Balsamico

Typisch italienisch: Aceto Balsamico gilt als Trendprodukt in deutschen Küchen. Allerdings sind ganz unterschiedliche Produkte im Angebot. Wie man sie erkennt und auf welche Adjektive man achten sollte.

Freitag, 11. Dezember 2015 - Warenkunden
Heidrun Mittler
Artikelbild Aceto Balsamico
Nur spezielle Traubensorten werden für die Herstellung des Aceto Balsamico di Modena verwendet. Die Trauben werden gepresst, der Most gefiltert.

Mit dem Siegeszug der italienischen Küche in Deutschland hat auch Aceto Balsamico (italienisch für Balsamessig) Einzug in die Regale des Einzelhandels gehalten. Doch viele Verbraucher sind verwirrt: Unter der Bezeichnung Balsamico werden Produkte in allen Preis- und Qualitätsklassen verkauft. Während im Discounter manch große Flaschen für wenige Euro zu haben sind, kosten kleine Fläschchen im Feinkost-Regal locker 50 Euro oder mehr. Ein genauer Blick aufs Etikett lohnt sich also, denn nur so werden die Qualitätsunterschiede erkennbar.

Balsamessige sind zunächst einmal eine Kategorie innerhalb der Warengruppe Essig, und zwar solche, die – anders als Branntweinessig oder Apfelessig – auf Weinessig und Traubenmost basieren. Zudem haben sie eine mehr oder weniger dickflüssige Konsistenz. Seit einigen Jahren sind sie der Wachstumstreiber im Essigregal.

In dieser Warenverkaufskunde geht es insbesondere um Aceto Balsamico di Modena I.G.P. Nur in der Emilia-Romagna und Modena hergestellter Aceto Balsamico darf sich so nennen. Das Siegel „I.G.P.“ steht für „ I ndicazione G eografica P rotetta“, es garantiert die Herkunft und setzt Minimumstandards für die Herstellung von Aceto Balsamico. Es handelt sich demnach um eine „geschützte geographische Angabe“ und schützt die Bezeichnung innerhalb der Europäischen Union.

„Aceto Balsamico Tradizionale di Modena“ hingegen ist eine „geschützte Ursprungsbezeichnung” (italienisch D.O.P). Dabei ist die Rede von einem exklusiven Erzeugnis, das in der betreffenden Region und nach den dort festgelegten Regeln hergestellt werden muss. Seine Produktion wird streng überwacht, von einem Konsortium, das vor Ort ansässig ist (Consorzio Tutela Aceto Balsamico Tradizionale di Modena D.O.P.). Im Lebensmittelhandel wird der Tradizionale nur in gut sortierten Geschäften mit Feinkost-Charakter angeboten, in einer speziellen Flasche (kugelige Form, rechteckiger Boden, Massivglas, mit nummerierter Banderole). Die Spezialität reift über mindestens 12 Jahre in unterschiedlichen Holzfässern. Eine Flasche mit 100 ml Inhalt kostet rund 120 Euro (zwölf Jahre gereift). Man darf den Tradizionale in puncto Geschmack keinesfalls mit einem Essig vergleichen, der üblicherweise zur Herstellung einer Salatsauce verwendet wird. Stattdessen isst man ihn tropfenweise zu einem Parmigiano Reggiano oder zu frischen Früchten wie Erdbeeren. Noch länger gereifte Tradizionales sind nur im Direktbezug bei den Produzenten erhältlich.

Doch zurück zum Aceto Balsamico di Modena I.G.P.: Auch bei diesem Produkt sind verschiedene Qualitäten im Angebot. Grundsätzlich werden nur Trauben von sieben verschiedenen Sorten verwendet. Die Produktion und Reifung finden ausschließlich in der Provinz Modena und der Region Emilia statt. Unterschiede ergeben sich unter anderem durch den Prozess, wie der Traubenmost eingekocht wird. Die traditionelle Methode dauert mehrere Stunden, dabei wird der Most erhitzt und karamellisiert allmählich. So nimmt er eine braune Farbe an und entwickelt einen typischen, leicht bitteren Geschmack. Weniger aufwändig ist die Methode, den Most im Vakuum zu reduzieren, aber die Ergebnisse sind laut Experten weniger gut. Entscheidend für den Geschmack ist zudem der Anteil des eingekochten Mostes im Endprodukt, und, welcher Weinessig hinzu gegeben wird. Diese Mischung reift dann mindestens zwei Monate lang im Fass, wobei unterschiedliche Holzarten (Eiche, Kastanie, Kirsche, Esche und Maulbeere) zum Einsatz kommen. Dabei verdunstet ein Teil des Essigs, er wird immer konzentrierter und nimmt so die Holzaromen auf. Hochwertige Balsamicos reifen drei bis zwölf Ja hre – teilweise noch länger –, sie schmecken mit der Zeit immer aromatischer.

Einen guten Balsamico erkennt man an der Intensität seiner tiefdunklen Farbe, seiner dickflüssigen Viskosität und dem Geschmack: ein ausgeglichenes Verhältnis von Süße und Säure sowie Frucht- und Karamellnoten. Die Association Italian Balsamico hat bei Klassifizierungssystem entwickelt, das die geschmacklichen Unterschiede prüft und bewertet, je nach Intensität wird eine bestimmte Anzahl an Weinblättern vergeben. So steht ein Weinblatt für einen leichten Balsamico mit säuerlichem Geschmack, der ideal für Salatdressings ist. Balsamicos mit zwei Weinblättern nutzt man für Dressings, Grillmarinaden und zum Abrunden von warmem Gemüse. Erzeugnisse mit drei Weinblättern sind ideal zum Abrunden von Saucen oder zu rotem Fleisch. Die beste Qualität mit vier Weinblättern kennzeichnet üppige Fruchtnoten, der Essig wird für exklusive Gerichte empfohlen, oder klassisch verwendet: einige Tropfen zu frischem Parmesan. Das beschriebene Klassifizierungssystem ist in Deutschland verbreitet, aber kein Muss.

Daneben sind im deutschen Handel Produkte im Angebot, die nur einen Anteil an Aceto Balsamico di Modena I.G.P. enthalten. Hier sind zum Beispiel Crema-Produkte zu nennen, die zusätzlich zum Beispiel Feigenmus enthalten, oder aber Trauben-, Trüffel- oder Beerencremes geben zusätzlichen Geschmack. Die Cremes sind meist in Kunststoffflaschen abgefüllt, sie eignen sich zum Würzen von Salaten oder anderen Speisen, aber auch zum Dekorieren auf den Tellern.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken dem italienischen Unternehmen Mazzetti, c/o Dederichs Reinecke & Partner, Hamburg, für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.

Wissenscheck

Wer diese Warenverkaufskunde aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen leicht beantworten.

{tab=Fragen}

  1. Erklären Sie wichtige Fakten, die für die unterschiedlichen Qualitäten verantwortlich sind!
  2. Was bedeutet der Zusatz „I.G.P.“ auf Deutsch und was besagt er?
  3. Welchen Zusatz tragen die teuersten Balsamicos?

{tab=Antworten}

  1. Trauben, Einkochen des Mostes, Lagerung im Holzfass, Dauer der Reifung.
  2. Das steht für geschützte geographische Angabe. Der Balsamico darf nur in der Emilia-Romagna und in Modena hergestellt werden.
  3. Tradizionale.

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Bild öffnen Nur spezielle Traubensorten werden für die Herstellung des Aceto Balsamico di Modena verwendet. Die Trauben werden gepresst, der Most gefiltert.
Bild öffnen Der eingekochte Most kommt in Fässer, hinzu kommt Weinessig, der die Gärung in Gang setzt. Hier prüft die Blendmeisterin die Qualität des Zwischenproduktes.
Bild öffnen Je nach Qualität wird das Zwischenprodukt in immer kleinere Fässer abgefüllt. Die Flüssigkeit wird bei der Reifung immer konzentrierter und intensiver im Geschmack.
Bild öffnen Nach der Reifung wird der Aceto Balsamico in Flaschen abgefüllt und versandfertig gemacht.
Bild öffnen Der Traubenmost wird über mehrere Stunden erhitzt, er karamellisiert und nimmt eine braune Farbe an.

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