Freundlichkeit Sind Kunden Könige?

„Von Kunden kann man eine Menge lernen.“ Davon ist Anne M. Schüller überzeugt. Die Kundenloyalitätsexpertin begleitete unsere Testerin beim jüngsten Storecheck. Diesmal im Fokus: Kundengespräch und Freundlichkeit der Mitarbeiter.

Freitag, 10. September 2010 - Store Checks
Silvia Schulz

Dieser LP-Storecheck ging etwas anders über die Bühne: Kommunikationstrainerin Anne M. Schüller begleitete unsere Testerin. Diesmal wurde also gleich zwei Mal gefragt, zwei Mal gekauft und zwei Mal bezahlt. Die beiden Frauen besuchen Kaiser's- und Reichelt-Märkte. Sie achteten auf unterschiedliche Aspekte. Um es vorweg zu nehmen: Die Filialteams konnten beide nicht überzeugen. Mit dem Kunden wurde zu wenig gesprochen. Mitunter sicher eine Frage der Tagesform. Bei Fußballern akzeptiert man das. Aber bei Verkäufern?

Imagebildende Kundengespräche

Fragen nach Mangosaft, Vanillejoghurt von Naturkind, Joghurt von Merl oder dem Inhalt eines Desserts wurden unzureichend beantwortet. Bei Reichelt hieß es lapidar: „Wir bestellen das auch nur“ und bei Kaisers: „Jetzt staple ich die Palette nicht noch einmal um.“ Mehr Auskunft gab es nicht. Die Kommunikations-Trainerin: „Das Verhalten dieser Mitarbeiter zeugt nicht von professioneller Dienstleistung. Als erstes hätten sie innehalten, den Kunden ansehen und ihm Hilfe anbieten sollen.“

Bisweilen müssen Kunden äußerst hartnäckig sein, um eine befriedigende Antwort zu erhalten. Ein Kunde musste gar drei Mal ein- und dieselbe Frage stellen, bis ihm geholfen wurde. „Dienstleistung sieht anders aus. Der Kunde brauchte Hilfe. Er wollte wahr- und ernst genommen werden. Das lief nicht optimal“, sagte Schüller. In einem anderen Markt, ein anderer Kunde – eine ähnliche Situation. Der Kunde erklärte sehr genau, was er suchte. Die dürftige Antwort: „Ist ausgelistet.“ Anne Schüller: „Der Kunde hoffte auf eine Empfehlung vom Verkäufer. Die bekam er nicht, und dass, obwohl gleichwertige Produkte vorhanden sind. Ärgerlich für den Kunden und für den Markt. Denn hier wurde deutlich, wie es um die Einstellung des Mitarbeiters steht. Und Einstellung prägt Verhalten, und Verhalten prägt Erfolg oder Misserfolg. Dann doch lieber eine ehrliche, wenn auch aus Kundensicht negative Antwort.“

Beim Einkauf an der Bedientheke gab es ähnliche Erlebnisse: Fragen nach dem Inhalt selbst hergestellter Produkte wurden nur leidlich beantwortet, Wahlmöglichkeiten nicht aufgezeigt, Hinweise auf Angebote nicht gegeben, Schmeckmuster zum Kaufanreiz nicht gereicht. In einem Fall stöhnte die Mitarbeiterin gar nach der Äußerung des Kundenwunsches auf. An einer Käsetheke fragte die Kommunikationstrainerin nach Feigenbrot. Die Antwort des Verkäufers: „Mir persönlich schmeckt es nicht.“ Schüller: „Auf eine Geschmacksfrage derart zu antworten, ist als Einleitung des Verkaufsgesprächs mehr als unglücklich. Das ist keine aktive Verkaufsberatung, es verhindert den Verkauf eher.“ Allerdings nahm sich der Verkäufer Zeit, sah der Kundin freundlich und offen ins Gesicht und schickte ein: „Probieren geht über studieren“ hinterher, so dass es zwar nicht zum Verkauf besagten Produktes, aber eines anderen kam.


Ein weiteres Beispiel: Ein Markt, zwei gut gelaunte Mitarbeiter ca. 5 Meter von Schüller entfernt hinter der Theke. Die Gesprächigkeit galt jedoch nicht dem Kunden, sondern der Kollegin. Der Kunde bekam ein „Wollen Sie was?“ zugerufen. Ein Ausrutscher – nein! – denn nach Bedienung hörte er: „Wenn Sie noch was wollen, sagen Sie Bescheid.“

Im nächsten Markt zwei Mitarbeiterinnen hinter der Theke im Gespräch. Das Telefon klingelt. Eine nimmt ab, redet sehr laut in Richtung Kunde. Aber nicht mit ihm. Die andere schneidet weiter auf, dreht sich halb zum Kunden und sagt: „Einen Moment bitte, ich bin gleich fertig.“ „Das geht gar nicht“, sagt Schüller.

Doch zum Glück gab es auch Nachahmenswertes. So gab es nach dem Lesen des Etiketts freundlich Auskunft. Und noch bevor die Frage gestellt werden konnte, gab es für die Trainerin und einen weiteren Kunden eine Kostprobe. An einer Käsetheke wies die Verkäuferin erfolgreich, höflich, leise und doch sehr bestimmt auf die Vorteile der Kundenkarte hin. Schüller: „So sollten Kundengespräche geführt werden: unaufdringlich, freundlich plaudernd, erklärend und immer den Verkauf im Kopf.“

Kommunikation ist alles

Beim Checkout, letzter sozialer Interaktionspunkt, dann die ganze Palette an Möglichkeiten: von der bloßen Nennung des Kauf- Betrages, über ein antrainiertes „Guten Tag“, Dinge wie „wer mehr kauft, kriegt auch mehr Herzen“, über Achselzucken auf die Frage, ob Kleingeld gewünscht wird bis zur vollkommenen Verabschiedung. Das geht gar nicht: In einem Markt stand die Mitarbeiterin an der Kasse auf, ging zur Nebenkasse, rief eine Kollegin und ließ den Kunden stehen.

An einer anderen Kasse hörten unsere Testkäuferinnen: „7,98 Euro bitte.“ Die Kundin schaute ein wenig zu lange ins Portemonnaie. Darauf die Kassiererin entschieden lauter: „7,98 Euro“ – ohne ein „bitte“. Anderer Kunde, gleiche Kassiererin: „Und bitte die Herzen.“ Nach einer gefühlten Ewigkeit und ohne weitere Erklärung: „Kriegen Sie nicht.“


Die Einschätzung der Trainerin Anne M. Schüller: „Der geübte Kunde weiß, dass es die erst ab einem Einkauf von 5 Euro gibt, aber gewiss nicht jeder. In beiden Fällen war das Einfühlungs-Vermögen der Mitarbeiterin gleich Null. Die Kassiererin hat sich nicht auf die Kunden eingestellt. Die Kunden wurden nicht angemessen behandelt. Ein „bitte“ und ein freundlicher Blick hätten ausgereicht, damit der Kunde den Einkauf in angenehmer Erinnerung behält.“

Noch ein paar Details zum Test. Beim Außen- und Innenbereich sowie STORECHECK Kundenservice gab es bei den besuchten Märkten wenig zu beanstanden, lediglich einige eingerissene, mit Tesafilm angeklebte, oder fehlende, abgewetzte und/oder verblassende Werbemittel. Öffnungszeiten erfährt der Kunde häufig erst beim Blick auf den Kassenbon. In einem Fall wichen diese Angaben aber von denen auf der Firmen-Webseite ab.

Ähnlich verhält es sich mit den Bezahloptionen. Bei einem stehen sie im Netz, an manchem Kassenplatz erinnert ein nicht mehr lesbares Piktogramm daran. Einkaufswagen und Körbe gab es genug. Nur mussten die Testerinnen in manchen Märkten die Körbe für den kleinen Einkauf suchen. Mangelnde Sauberkeit der Einkaufswagenboxen in den Standalone- Märkten vermittelte nicht immer einen guten ersten Eindruck.

Kundenführung und Übersichtlichkeit waren okay. Nur in zwei der acht besuchten Märkte wären Einbahnstraßenschilder angebracht: Denn ohne Ausweichmanöver kamen Kunden nicht aneinander vorbei. Der Grund: viel zu viele Zweitplatzierungen und/oder abgestellte Paletten mit Ware und Leergut.

Ein letzter Knackpunkt war die Frische. Nicht überall lud sie zum Kaufen- wollen ein. Obstsalate mit abgelaufenen MHD gleich zu Beginn des Einkaufs und der ein oder andere (nicht mehr ganz so frisch aussehende) Artikel in der Bedientheke wirkten wie eine rote Ampel. Dazu gesellten sich leere Probierteller und unbesetzte Sonderstände.

Die besuchten Filialen können ihre persönlichen Testberichte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Die Testergebnisse sind zudem auf  www.lebensmittelpraxis.de hinterlegt (Menüpunkt Storecheck).