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In der Schweiz ändert sich gerade alles, im Prinzip, damit alles so bleiben kann. Eveline Widmer-Schlumpf, Bundespräsidentin der Schweizerischen Eidgenossenschaft, will das Image ihres Landes als Steuerflüchtlingsparadies loswerden: Deutsche Vermögen in der Schweiz werden ab 2013 nach deutschem Recht besteuert. Dann werden 26 Prozent Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge fällig sowie zwischen 19 und 34 Prozent auf Altvermögen seit dem Jahr 2000. 1,9 Mrd. Euro Vorschuss zahlen Schweizer Banken dem deutschen Fiskus. Das Erfolgssystem CH bleibt, nur der Fokus verschiebt sich: vom Steuer- zum Rohstoffhandelsparadies.
- Ricola
- Wander AG
- Schweizer Milchproduzenten AG
- Emmi
- SCM
- Rivella
- Bell Gruppe
- Orior Gruppe
- Chocolats Camille Bloch
- Proviande
- Pasta GALA
Die rohstoffarme Schweiz ist heute ein – wenn nicht sogar das – Zentrum der Rohstoffindustrie weltweit. Branchenschwergewichte wie Glencore (Gewinn 2011 4,3 Mrd. USD) kontrollierten bereits 2010 laut Nachrichtenmagazin Spiegel (26/2012) 60 Prozent des freien Zinkmarktes, 50 Prozent des zugänglichen Kupfer- und 45 Prozent des freien Bleimarktes. Im Portfolio der Handelsriesen wie Trafigura oder Vitol sind immer öfter Agrarprodukte. Genf ist heute wichtigster Handelsplatz für Weizen, Kaffee, Zucker, Baumwolle. Die Unternehmen sind „gemischte Gesellschaften“, die 80 Prozent ihres Geschäfts im Ausland machen und nur Teile ihrer Gewinne versteuern müssen. Mit dem Kaffee fing alles mal klein an – obwohl die Schweiz nicht als Anbauland bekannt ist, sind im Alpenland diverse Röstereien zu finden, der Handel folgte, das System funktioniert. Die Unternehmen zahlen weniger als in anderen Ländern, die Kommunen haben sprudelnde Steuereinnahmen, die Bürger freuen sich über eine Infrastruktur in den Wirtschaftszentren, von der man woanders nur träumen kann.
Die Schweizer sind mentalitätsbedingt Meister darin, aus allem das Beste zu machen und Lösungen zu finden: Der hohe Wechselkurs zwischen dem Euro und dem Schweizer Franken (CHF) setzt dem exportorientierten Mittelstand schwer zu. Viele planen, ihre Einkaufsabteilungen ins Ausland zu verlagern. Hält die Entwicklung weiter an, gehen Banker, Berater und Volkswirte einhellig davon aus, dass auch Produktionsstandorte in die EU abwandern. Erste Firmen werben damit, bald noch näher am Kunden zu sein.