Länderreport Berlin-Brandenburg Vom Feld bis auf den Teller

Die Berliner haben nicht nur ihre Badewanne, die Insel Usedom, vor der Tür. Die Berliner haben auch einen Garten. Oder anders ausgedrückt: Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg bietet alles, was zu einer abwechslungsreichen Ernährung gehört.

Donnerstag, 30. November 2017 - Länderreports
Silvia Schulz
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Berliner und Brandenburger schätzen Lebensmittel aus der Region. Nicht nur weil sie, wenn sie regionale Lebensmittel kaufen, helfen, Energiekosten und Umweltbelastung zu senken. Sie bekommen überaus frische und schmackhafte Produkte auf den Teller oder ins Glas. Kein Wunder: Die Ernährungswirtschaft ist einer der umsatzstärksten Industriezweige der Hauptstadtregion. Regionale Produkte wie Beelitzer Spargel, Eberswalder Würstchen, Spreewälder Gurken, Ketchup aus Werder, Spreequell und andere mehr sind Marken mit Tradition. Sie machen die Hauptstadtregion weit über ihre Grenzen hinaus bekannt.

Doch wo genau kommen die leckeren Würstchen und Gurken her, und welche Experten beschäftigen sich in der Hauptstadtregion mit dem Thema Ernährung? Die Gegenden sind bekannt, können aber nicht verortet werden. Eine Aufgabe für das Cluster Ernährungswirtschaft der Hauptstadtregion.

Das Cluster Ernährungswirtschaft bildet die Plattform für alle Akteure der Ernährungswirtschaft und wird durch die Wirtschaftsförderung Brandenburg koordiniert. Es verbindet die gesamte Wertschöpfungskette mit den branchennahen Wirtschaftszweigen und dem wissenschaftlichen Potenzial der Region. So wird Wachstum durch Innovation und Wertschöpfung dauerhaft gesichert.

Im Cluster Ernährungswirtschaft sind Wirtschaft, Wissenschaft, Wirtschaftsförderung, Kammern, Verbände und Politik eng vernetzt. Dabei lebt das Cluster durch die Ideen und Aktivitäten aller Beteiligten, es versteht sich als Impulsgeber, Initiator und Moderator. Alles entscheidend ist, die Zusammenarbeit aller Clusteraktiven zu fördern und nachhaltig zu etablieren. Dies geschieht durch Kommunikation, Kontaktanbahnung und Initiierung kleiner sowie großer Projekte zwischen Unternehmen und Wissenschaft. Laut Detmar Leitow gibt es vier große Handlungsfelder: Stärkung des Regionalimage, Weiterentwicklung der regionalen Wertschöpfungskette, Forcierung der technologischen Innovationen und die weitere Zusammenführung von Gesundheit und Ernährung.

Wussten Sie, dass...

... mehr als 3.400 Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zum Cluster Ernährungswirtschaft Brandenburg gehören? ... die Region rund 20 ernährungsrelevante Hochschulen, Wisschenschaftsund Forschungseinrichtungen beheimatet?

...hier die wichtigsten nationalen Player der im Food-Bereich arbeitenden Verpackungsunternehmen tätig sind?

Lebensmittel aus der Region, frisch oder verarbeitet, direkt auf die Tische der Verbraucher. Das hört sich schön an. Viele wissenschaftliche Studien untersuchen den Wunsch von Verbrauchern nach Produkten aus der Region und längst haben die Handelsketten eigene Programme und Werbekampagnen zum Thema Regionalität aufgelegt. Doch so einfach ist es nicht. Das Land Brandenburg hat den Chancen und Hürden für die heimische Ernährungsindustrie eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Unter der Schirmherrschaft von Minister Albrecht Gerber, Minister für Wirtschaft und Energie, arbeiten Landwirte, Gartenbauer, Markenunternehmen der Ernährungswirtschaft und Vertreter aus Handelsunternehmen daran, nachhaltige Wertschöpfungsketten aufzubauen. „Wer glaubt, Regionalität ist einfach, der irrt. Die bisherigen Beziehungen der beteiligten Partner sind auf wirtschaftlichem Wettbewerb aufgebaut. Angebot, Nachfrage und Preiskampf beherrschen die Realität. Regionale Wertschöpfungsketten sind aber nur dann nachhaltig etablierbar, wenn auch eine neue Verlässlichkeit der Partner entsteht. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Hauptstadtregion eine besondere Perspektive bietet,“ erläutert Clustermanager Detmar Leitow zum Hintergrund der Initiative.

Die Perspektivgespräche finden seit 2016 quartalsweise statt. Am Tisch sitzen Landwirte aus der Schweine- und Rinderproduktion, Betriebe aus dem Obst- und Gemüseanbau und Handelsunternehmen. Zu Beginn definierten die beteiligten Partner die Rahmenbedingungen für einen Wachstumsschub regionaler Lebensmittel. Dann entstanden für die Produktbereiche Fleisch/Wurst und Obst/Gemüse Arbeitsgruppen. Hier wird miteinander verhandelt. Die Ergebnisse der Gespräche werden ins Plenum getragen, um gemeinsame Lösungen zu finden.

Die bisherigen Resultate zeigen für die Produktgruppen unterschiedliche Ansätze. Im Bereich Fleisch/Wurst wurden ausreichende Produktionskapazitäten im Bereich Schwein und Rind in Brandenburg identifiziert. Doch Landwirte und Verarbeiter wissen, dass Regionalität mehr ist als die Herkunft des Rohstoff Fleisch. Die Preisfindung muss alle regionalen Aspekte berücksichtigen. Neben Tierhaltungsaspekten und regionalen Futtermitteln geht es um faire Entlohnung, Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen und Entwicklung von Qualitätskriterien für die Partner. Doch unter dem zunehmenden Marktdruck in puncto Qualität und Tierwohl können Brandenburger Landwirte ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht an den aktuellen Preisen ausrichten. Und der Handel sieht wenig Spielraum für eine alternative Preispolitik für Fleisch aus der Region. Die Partner im Bereich Fleisch/Wurst planen für 2018 ein Pilotprojekt, um die Wertschöpfungskette vom Hof auf den Teller zu realisieren. Dabei wird auch nach Alternativen der Vermarktung gesucht.

Für den Bereich Obst/Gemüse sieht es besser aus. Der Handel signalisiert eine hohe Nachfrage nach Obst & Gemüse aus der Region. Die Perspektivgespräche identifizierten Kulturen und Produkte, die in Brandenburg angebaut werden können. Nun folgen Gespräche mit Einkäufern, um Mengen-/Preisgerüste zu entwickeln. Eine Herausforderung. Weitere Aufgaben sind die Absicherung der Anbauflächen und der Aufbau einer neuen, jungen Generation von Obst- und Gemüsebaubetrieben.