Länderreport Thüringen Planet Bratwurst

Thüringer Lebensmitteln eilt ein guter Ruf voraus. Aber die Branche reagiert auch auf neue Trends. Mit Unterstützung des Agrarmarketings, des Thüringer Ernährungsnetzwerkes und eines Ernährungsforschungsclusters stärkt auch die Politik das „Wir“ der Branche.

Donnerstag, 12. Mai 2016, 22:25 Uhr
Friederike Stahmann
Artikelbild Planet Bratwurst

Jim Him, eine kalorienreduzierte Himbeer-Brause, Luther-Starck-Bier, das laut Brauerei – in Maßen getrunken – anregend auf Verdauung und Sangeslust wirkt, das Fitness-Eis Anona, ballaststoffreich sowie zucker- und fettreduziert, oder der leichte Joghurt Omeghurt, der durch einen erhöhten Anteil von Omega-3-Fettsäuren verschiedene Vitalfunktionen günstig beeinflusst, sind jüngste Entwicklungen der Thüringer Ernährungswirtschaft.

Thüringen positioniert sich heute als Genussland mit Mehrwert. Landwirtschaftsministerin Birgit Keller: „Thüringen ist ein Genussland, das die ökologischen, regionalen und sozialen Aspekte der Landwirtschaft im Blick hat.“ Mit 193 Betrieben, mehr als 18.500 Beschäftigten und einem Umsatz von knapp 4 Mrd. Euro ist die Ernährungsbranche ein wirtschaftliches Schwergewicht im Freistaat.“

Mit den Umsätzen 2015 ist die Ernährungswirtschaft jedoch nicht zufrieden. Und das, obwohl Medien zuletzt mit Schlagzeilen aufwarteten wie: „Thüringer Industrie erreicht neuen Umsatzrekord.“ Mit einem Plus von 2,7 Prozent liegt man laut Statistischem Landesamt sogar über dem Bundesschnitt von 2 Prozent.

Fast alle Branchen partizipierten. Aber von einem guten Jahr für die thüringische Ernährungsbranche kann man wahrhaftig nicht sprechen. „2015 war ein schwieriges Jahr für die Ernährungsbranche“, konstatiert David Vollrath vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft. Umsatzeinbußen von 3,1 Prozent tun einer der tragenden Säulen des verarbeitenden Gewerbes weh.

3,5 Mrd. Umsatz wurden generiert. Nicht zuletzt, weil geografisch geschützte Produkte über die Landesgrenzen hinaus bekannt und gefragt sind. „Dennoch könnte die Vielfalt Thüringer Produkte in den Regalen des Lebensmittel-Einzelhandels anderer Bundesländer umfassender sein“, sagt Landwirtschaftsministerin Birgit Keller. Eine stärkere Präsenz Thüringer Lebensmittelhersteller auf den einschlägigen Messen soll helfen.

In den ersten Monaten 2016 konnte man das schon erkennen: So präsentierte sich Thüringen auf der Grünen Woche in Berlin am Gemeinschaftsstand mit 35 Ausstellern unter dem Motto „natürlich Thüringen“. In einer historischen Wurstmanufaktur demonstrierten Fleischer, wie Thüringer Wurst vor mehreren hundert Jahren hergestellt wurde. Das Altenburger Land stellte sich als eines der größten Anbaugebiete für Heil,- Duft- und Gewürzpflanzen in Thüringen vor und informierte über Tees sowie die Anwendung von Kräutern.

Die „Marke Thüringen“ überzeugte die Besucher. Bei einer Publikumsbefragung vor Ort unterstrichen drei Viertel, dass Thüringen für herausragende Qualität von Lebensmitteln steht. Die Marke „Thüringen“ soll in Zukunft aber noch mehr sein: Bio ist angesagt. Um den ökologischen Landbau voranzubringen, stellte die Landesregierung im Oktober 2015 den „Öko-Aktionsplan“ vor. Mit Fördermitteln sollen Landwirte finanziell untertützt auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen. 38 Mio. Euro sollen bis 2021 in die Landwirtschaft fließen. Der Ökoplan sieht auch Bildungsangebote, Informationsangebote und Vernetzungsstrategien vor. Mehr Bio soll nicht nur produziert, sondern auch vermarktet werden. Daher war man erstmals seit 2011 wieder mit einem Gemeinschaftsstand auf der Biofach 2016 in Nürnberg vertreten. Damit setzte man ein deutliches Zeichen zur Unterstützung des ökologischen Landbaues. Mehr noch: „Wir meinen es ernst mit Bio, weil es auch die Verbraucher immer ernster meinen“, sagt Landwirtschaftsministerin Keller.

Um Vernetzung ist auch das Thüringer Ernährungsnetzwerk bemüht. 36 Mitglieder zählt der Verein, darunter 33 lebensmittelproduzierende Betriebe und drei Forschungsinstitute. Grundgedanke ist, Unternehmen durch Kooperationen an Schnittstellen zu stärken. Die Aktivitäten reichen von Personalrekrutierung über Networking bis hin zu großen Fachtagungen.

Den Menschen helfen, gesünder zu essen, hat sich die Ernährungsforschung in Mitteldeutschland zum Ziel gesetzt. Unter dem Namen Nutri-Card hat sich ein Cluster aus Ernährungswissenschaftlern, Biomedizinern und Herzspezialisten der Universitäten Halle, Jena und Leipzig zusammen getan. Gemeinsam mit Kooperationspartnern aus der Lebensmittelwirtschaft sollen Zusammenhänge zwischen Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforscht werden. Mit Hilfe von neuen Rezepturen sollen darüber hinaus traditionelle Lebensmittel gesünder werden.

Unterm Strich mehr Bürger

Eigentlich sollte die Bevölkerungszahl im Bundesland Thüringen schrumpfen – so jedenfalls die Prognose des Statischen Bundesamtes. Von 2014 bis 2060 um 600.000 Einwohner – also in der Größenordnung einer Großstadt wie Stuttgart. Ein Schwund, der sich so in den ersten drei Quartalen 2015 nicht abzeichnet. Ende September 2015 lebten 2.158 744 Einwohner in Thüringen, was sogar einem Zuwachs von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Diese Entwicklung ist auf ein positives Wanderungssaldo zurückzuführen, was den Sterbefallüberschuss (Geburten- Sterbefälle) mehr als wettmacht.

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