Interview mit A. Steinhaus-Nafe - Steinhaus „Strafen müssen richtig wehtun.“

Interview mit Anja Steinhaus-Nafe, Geschäftsführerin bei Steinhaus, über Ursachen, Auswirkungen und Konsequenzen der aktuellen Betrugsfälle.

Montag, 11. März 2013 - Hersteller
Lebensmittel Praxis
Artikelbild „Strafen müssen richtig wehtun.“

Wie schlagen die öffentliche Debatten um mit Pferdefleisch versetztes Hackfleisch und falsch deklarierte Eier in ihren Unternehmen durch?
Wir selbst stehen nicht in der Diskussion, aber wie bei anderen Lebensmittel-Skandalen der Vergangenheit regiert das Prinzip der ,Sippenhaft’. Bei Lasagne, einem der stärksten Chilled-Food-Segmente, ist der Markt komplett zusammen gebrochen und wir registrieren Abstrahleffekte auf andere gefüllte Teigwaren mit Fleischkomponenten sowie den Gesamtmarkt der Fertiggerichte.

Welches sind aus Ihrer Sicht grundlegende Ursachen dieser Betrugsfälle?
Das ist sicherlich ein komplexes Geschehen. Aber der Preis ist ein zentraler Punkt. Bei Ausschreibungen taucht oft die Frage auf ,Können Sie nicht billiger’? Aber man sollte auch mal reflektieren, ,Warum kann der so billig anbieten? Die Unterschiede sind teilweise eklatant. Wir kaufen unser Fleisch jedenfalls nicht bei den billigsten Anbietern.

Woher beziehen Sie Ihr Fleisch?
Wir vertrauen auf regionale Anbieter mit denen wir schon über Jahre zusammenarbeiten. Es gibt keine Zwischenhändler und keine verschlungen Wege. Auch wird mit Teilstücken gearbeitet und nicht mit fertigem, tiefgekühlten Hackfleisch. Selbe Philosophie z.B. beim Käse. Wir wollen nicht alles schon gerieben und gehackt.

Bietet der Fleischbezug aus dem eigenen Land, wie ihn jetzt Mitbewerber Hilcona propagiert oder die Rewe fordert, Sicherheit?
Auf den ersten Blick vielleicht. Jedoch 100-prozentige Sicherheit erreichen Sie nie. Und abgeschottete Märkte sind nicht unbedingt im Sinne eines europäischen Wirtschaftsraumes. Bei Hartweizen würden wir schon an Grenzen stoßen. Die von uns gewünschten Qualitäten kommen größtenteils aus Kanada.

Aber Regionalität ist in dem Fall wohl das am meisten angeführte Argument...
Das ist richtig und Regionalität wird meiner Einschätzung nach noch stärker wirksam, weil es bislang beim Verbraucher ein Synonym für Sicherheit ist.

Immer wird der Verbraucher ins Feld geführt, der selbst den Zusammenhang von Niedrigpreis und die Qualität hinterfragen sollte.
Natürlich kann sich der Verbraucher bei einem Fertiggericht zum Preis von 1,49 Euro oder noch weniger die Qualitätsfrage stellen. Aber trotz niedriger Preise muss es ein ehrliches Produkt sein. Dass heißt, es muss richtig, gemäß dem Lebensmittelrecht deklariert sein. Letztlich muss drin sein was draufsteht.

Und wie bewerten Sie die Argumentation mit den Preisschwellen?
Die bestehen nicht für alle Ewigkeit. Sie werden oftmals überbewertet. Außerdem berichten Marktforscher von einen zunehmenden Qualitätsbewusstsein bei Lebensmitteln in Deutschland und der Bekundung, dafür etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen.

Beschränkt sich die Diskussion dann auf den Preiseinstieg?
Am Anfang des Pferdefleischskandals hatte es diesen Anschein. Dann aber tauchten in dem Zusammenhang die ersten Marken in den Medien auf. Zudem wird wenig differenziert. Lasagne ist z.Zt. als Kategorie beim Verbraucher verpönt. Steinhaus steht dabei, man so will, zwischen zwei Fronten, denn zum einen folgen wir unserem hohen Qualitätsanspruch, werden aber zum anderen mit dem Preiseinstieg verglichen.

Auf welche vertrauensbildenden Maßnahmen setzt man bei Steinhaus?
Wir setzen auf unsere Sicherheits- und Qualitätsstandards, die wir jederzeit gegenüber unseren Partner dokumentieren können und auf die Kraft der Marke. Sie ist beim verunsicherten Verbraucher immer noch eine Vertrauensbasis. Die Strukturen unseres mittelständischen Familienunternehmens sind darüber hinaus überschaubar und die Entscheidungswege kurz. Auch das birgt Sicherheit.

Schaffen zusätzliche Kontrollen, Zertifizierungen etc. auch mehr Vertrauen?
Meiner Ansicht nach nicht Die Anforderungen sind schon hoch. Wir produzieren in Deutschland sichere Lebensmittel. Und über mangelnde Kontrollen können wir uns bei Steinhaus auch nicht beklagen. Wirksam wären in erster Linie Strafen für die schwarzen Schafe, die richtig wehtun und nicht neue Auflagen bzw. Gesetze für die gesamte Branche. Darüber hinaus müssen für die gesetzlichen Rahmenbedingungen die gleichen verbindlichen Maßstäbe gelten, auch über die deutschen Grenzen hinaus.

Was erwarten Sie, wie es weitergeht?
Das jetzige Misstrauen auf Verbraucherseite wird kurzfristig nicht auszuräumen sein, zumal durch die Medien die Lebensmittelbranche ohnehin in ein schlechtes Licht gerückt wird. Meist zu Unrecht. Aber ich denke dass dieses Thema bis zu den Bundestagswahlen noch richtig hochgekocht wird.

Bild: Steinhaus-Geschäftsführerin Anja Steinhaus-Nafe