SuperMarkt des Jahres 2013 „Next Generation“ setzt auf Online-Handel

Beim diesjährigen Kongress im Rahmen der Verleihung „Supermarkt des Jahres“ wurde deutlich, wie die „Next Generation“ der Lebensmittelhändler den etablierten Platzhirschen Marktanteile streitig machen will.

Donnerstag, 09. Mai 2013 - Strategie
Tobias Dünnebacke
Artikelbild „Next Generation“ setzt auf Online-Handel
Der Kongress fand in diesem Jahr erstmals im Gürzenich, einem alten Repräsentationsbau im Herzen Kölns, statt.
Bildquelle: Eilers

Dabei spielt vor allem der Online-Handel eine entscheidende Rolle. Neue Medien werden zudem das Einkaufserlebnis grundlegend verändern, wie ein Blick in ausländische Märkte zeigt.

Der stationäre Handel gilt in Deutschland als gesättigt. Wenige Platzhirsche teilen den Kuchen unter einander auf. Bisher, denn jeder Lebensmittelhändler muss sich in Zukunft auf neue Mitbewerber einstellen: The Next Generation, die Online-Händler. Noch prallen verschiedene Meinungen aufeinander: Die einen sagen Lebensmittel online zu verkaufen, wird sich auch in den nächsten Jahren nicht rechnen, sei eher ein unwirtschaftliches Hobby als wirtschaftliches Handeln. Die andere Fraktion ist davon überzeugt, dass online das unverzichtbare Standbein der Zukunft ist.

Zur letzteren Gruppe zählt der Online-Händler food.de. Dessen Gründer glauben an den Erfolg des Online-Handels: „Das, was den klassischen Handel derzeit noch rettet, sind die Gewohnheiten der Menschen“, erklärte Karsten Schaal, Gründer & Geschäftsführer des Onlinehändlers in seinem Vortrag. Das Start-up wurde 2012 gegründet und ist mittlerweile in den Ballungsgebieten Berlin, Leipzig, Düsseldorf und Frankfurt aktiv. Bochum sowie die Erschließung des Rheinlandes sollen folgen. Food.de setzt auf Frische , ein Vollsortiment (mehr als 10.000 Produkte) und schnelle Lieferung noch am selben Tag. Die Auswirkung des „gewöhnlichen Einkaufverhaltens“ verdeutlichte Schaal an einem einfachen Gedankenspiel: „Stellen Sie sich vor, es gäbe nur Online-Supermärkte und jemand hat plötzlich die Idee, von einer Lagerhalle zum Selbstabholen. Es gibt kaum freundlichen Kundenservice, alles macht man selbst und dadurch spart man 5 Euro Liefergebühr. Jeder würde sagen, das klappt nie, da kauf ich lieber online ein.“

In anderen Ländern gehört der Online-Einkauf bereits zum Alltag. Deutsche Verbraucher waren bislang allerdings eher zurückhaltend. Dies lag vor allem daran, dass die Modelle logistisch und konzeptionell noch nicht ausgereift waren. Zu den großen Herausforderungen des Online-Handels zählt Schaal eine bessere Logistik. So habe beispielsweise der britische Händler Tesco allein 2013 750 Mio. Euro in eCommerce-Logistik investiert. Eine transparente Lebensmittelkennzeichnung vom Hersteller bis zum Kunden, ein bisher noch nicht onlinetaugliches Verpackungsdesign sowie die hohen Serviceerwartungen der Kunden („Preise wie bei Aldi, keine Liefergebühr und alles bitte direkt in die Küche“) zählt der food.de-Gründer ebenso zu den Hausaufgaben der „Next Generation“.

Trotzdem: Online müsse auch den klassischen Lebensmittel-Einzelhandel tangieren. „Wer von den klassischen Händlern glaubt, mit einem Onlineshop ist es getan, der sollte lieber keine Lebensmittel Online verkaufen“, so Schaal, der in seinem Vortrag mehrmals daraufhin wies, kein „Feind“ des klassischen LEH zu sein. Spannend bleibe die Entwicklung, weil die Online-Händler nicht nur mit dem klassischen Lebensmittel-Einzelhandel in Konkurrenz treten, sondern mit Logistikern, Markenherstellern, Medienunternehmen und branchenfremden Handelsketten bald ganz neue Wettbewerber erscheinen werden. „Jeder Lebensmittelhändler muss sich auf neue Mitbewerber einstellen“, sagte Schaal. Dass sich die Gewohnheiten der Menschen aber ändern werden, davon ist er überzeugt, denn: „Ein Umdenken findet beim Endkunden schon längst statt. Bei Büchern, Schuhen und auch Lebensmittelkäufen.“

Ebenfalls als Vertreter der „Next Generation“ können Sebastian Raßmann und Saskia Singhuber von Trendone aus Hamburg („Marktführer in der Identifikation von Micro-Trends“) gelten. Mit ihrem Vortrag zeigten die beiden, dass sich der Point of Sale immer mehr zu einem Point of Experience entwickelt. Eine Weiterentwicklung und multisensorische Aufwertung des Point of Sale, die laut Raßmann nicht zuletzt „aus der besonderen Bedeutung eines Einkaufserlebnisses für die Kundenbindung resultiert“. Mit zahlreichen Beispielen zeigten Raßmann und Singhuber wie schon heute der Kauf durch Ton, Licht und digitale Interaktion begleitet wird, um ein angenehmes Verkaufserlebnis zu schaffen, mit dem sich Verbraucher identifizieren.

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Einige der Beispiele, welche die beiden Entdecker von Micro-Trends den Kongressteilnehmern zu zeigen hatten, sorgten teilweise für ungläubiges Staunen. So sollen sich Kunden beispielsweise in Zukunft mit Facebook in Geschäften und Einrichtungen einchecken können. Eine Entwicklung des Unternehmens Redpepper soll dies dank Kameras mit Gesichtserkennungssoftware möglich machen.

Das deutsche Start-up Emmas Enkel aus Düsseldorf hat in Kooperation mit der Mobilfunkgesellschaft Vodafone zur Messe CeBIT ein Pilotprojekt für Augmented-Reality-Shopping ins Leben gerufen. Mittels einer AR-Applikation ist es möglich, mit dem Handy Lebensmittel aus einem virtuellen Lebensmittelregal zu ordern.

Mit Scanner-Kassen, die Lebensmittel an der Form erkennen, Audiosignalen, die exklusive Inhalte wie Werbecoupons, Applikationen, Webseiten und Videos direkt auf das Handy schicken sowie virtuellen Supermärkten auf öffentlichen Plätzen war alles dabei, was eine Science-Fiction-Welt zeichnete, die gar nicht mehr so weit entfernt scheint.

Dass trotz dieser schwindelerregenden Geschwindigkeit an neuen technischen Möglichkeiten ganz alte Tugenden wie Freundlichkeit und Aufmerksamkeit auch in Zukunft für den Lebensmittel-Einzelhandel unerlässlich bleiben, machte Dr. Norbert Schraad von der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen deutlich. So berichtete der Banker jeweils von einem Negativ- und einem Positiv-Erlebnis bei einem privaten Einkauf. „Was glauben Sie, wo hat mir der Einkauf mehr Freude gemacht? Dort, wo ich aufmerksamer bedient wurde und der Preis stimmt? Dort, wo ich Verständnis als Konsument finde? Dort, wo eine kleine Aufmerksamkeit und eine freundliche Behandlung Standard ist?“, stellte Dr. Schraad die rhetorische Frage an das Publikum.

In eine ähnliche Kerbe schlug Matthias Füchtner, Geschäftsführender Vorstand Edeka Staufers Konsumgenossenschaft Göppingen eG. „Werte wie Zuverlässigkeit, Sympathie und Leidenschaft sind noch wichtiger als das eigentliche Wissen und das wesentliche Erfolgsrezept für unser Unternehmen“, so Füchtner.

Dr. Tobias Maria Günter von Simon-Kucher & Partners erläuterte in seinem Vortrag „Hidden Champions – Mittelstand und neue Marktmacht“ die Rolle der „versteckten Gewinner“ – Unternehmen mit weniger als 5 Mrd. Euro Umsatz und einem geringen Bekanntheitsgrad beim Publikum, für die Exportstärke Deutschlands – und machte dies an zahlreichen Beispielen aus der Lebensmittelindustrie deutlich.

Detlef Krumm, Leiter des Bereichs Zahlungskartendelikte des Bundeskriminalamts, brachte die Teilnehmer auf den aktuellen Stand der Methoden von Datendieben und informierte über mögliche Präventivmaßnahmen am Point of Sale.

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Bild öffnen Der Kongress fand in diesem Jahr erstmals im Gürzenich, einem alten Repräsentationsbau im Herzen Kölns, statt.
Bild öffnen SdJ-Kongress: Die „Next Generation” im Blick.
Bild öffnen Die Referenten: Sebastian Raßmann ...
Bild öffnen ... und Saskia Ringhuber, beide Senior Innovation Advisor bei der Agentur Trendone in Hamburg.
Bild öffnen Karsten Schaal, Gru?nder und Geschäftsfu?hrer von food.de und CEO der dahinter stehenden food direkt GmbH, Berlin.
Bild öffnen Matthias Fu?chtner, Vorstand der Edeka Staufers Konsumgenossenschaft Göppingen, Göppingen.
Bild öffnen Dr. Tobias Maria Gu?nter, Director, Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consultants GmbH, Bonn.
Bild öffnen Detlef Krumm, Leiter des Bereichs Zahlungskartendelikte des Bundeskriminalamts, Wiesbaden.
Bild öffnen Dr. Norbert Schraad von der Helaba Landesbank Hessen-Thu?ringen, Erfurt.