Inventur Der kleine große Unterschied

Die Inventur ist für den Händler ein notwendiges Übel. Doch bei genauer Beschäftigung mit dem Thema kann hier viel Zeit und somit bares Geld gespart werden.

Dienstag, 12. Februar 2013 - Management
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Der kleine große Unterschied
Bildquelle: Hoppen

Ganze 3,8 Mrd. Euro Schaden durch Warenschwund wurden vom Kölner EHI Retail Institute für den deutschen Handel für das Jahr 2012 ermittelt. Solche Differenzen beeinträchtigen den Deckungsbeitrag jeder Filiale und minimieren die ohnehin schon geringen Margen im LEH. Ermittelt wird die Differenz zwischen Soll- und Ist-Bestand eines Marktes mithilfe der Inventur. Dabei muss der Händler vor allem drei Entscheidungen treffen: Soll die Inventur von einem externen Dienstleister oder mithilfe der eigenen Mitarbeiter durchgeführt werden? Erfolgt die Zählung während oder außerhalb der Öffnungszeiten, und setzt man auf die klassische Stichtagsinventur oder eine permanente Zählung, unterstützt beispielsweise durch funkgestützte, mobile Datenerfassungsterminals (MDE)?

Bei einer nicht repräsentativen Umfrage der LEBENSMITTEL PRAXIS ergab sich ein klares Meinungsbild zugunsten der Inventur aus den eigenen Reihen. „Metro Cash & Carry führt die Inventur ebenso wie Galeria Kaufhof mit eigenen Mitarbeitern durch, die bei Bedarf von Aushilfen unterstützt werden. Einer der Vorteile hiervon ist, dass die eigenen Mitarbeiter die Sortimente, Gegebenheiten und Abläufe des Marktes bestens kennen und so einen zügigen und effizienten Ablauf der Inventur sicherstellen können“, sagt beispielsweise Christine Bossak, Sprecherin der Metro AG.

Thies Proppe, EDV-Vertrieb bei Superdata, einem Anbieter für Warenwirtschafts-Lösungen, stimmt grundsätzlich zu, allerdings „muss jeder Händler für sich selbst die Frage beantworten, ob ein auf Inventuren spezialisiertes Unternehmen nicht vielleicht schneller und vor allem genauer arbeiten kann“.

Wenn der Markt extra für die Inventur geschlossen wird, führt das nicht nur zu Unmut bei den Kunden, sondern erzeugt zusätzlichen Aufwand. „Bei Real und Galeria Kaufhof werden die Inventuren während der Ladenöffnungszeiten durchgeführt, damit die Einkaufsmöglichkeiten für die Kunden nicht aufgrund von Schließungen beeinträchtigt sind“, erläutert Bossak. Auch bei Metro Cash & Carry fallen die Inventurarbeiten während der Ladenöffnungszeiten an. In diesem Jahr führt der Großhändler aber zum ersten Mal eine gebündelte permanente Inventur (GPI) durch – eine Kombination aus Stichtags- und permanenter Inventur. Dies bedeutet, dass die Zählungen während und außerhalb der Ladenöffnungszeiten stattfinden.

Auch Dieter Motz, Geschäftsführer einer Tegut-Filiale in Marburg, hat in seiner beruflichen Laufbahn bereits einige Methoden kennengelernt. „Früher haben wir die Inventur durch externe Dienstleister durchgeführt. Man bezahlt für eine Dienstleistung und hofft, dass alles ordentlich gezählt wird. In der Regel dauerte dies bis weit in die Nacht, und eine sofortige Ergebnisauswertung war nicht möglich“, erklärt Motz. Heute setzt auch er auf die permanente Inventur mit eigenen Mitarbeitern. „Heute wird die Inventur nach einer geordneten Zähl-Vorgabe, in umsatzschwachen Zeiten, tagsüber durch qualifizierte eigene Mitarbeiter der Filiale durchgeführt.“

Diese permanente Inventur ist durch das Handelsgesetzbuch geregelt und gibt dem Händler die Möglichkeit, die Zählung auf das ganze Jahr zu verteilen, sodass keine Überstunden und zusätzliche Kosten anfallen. „Bei der permanenten Inventur kann der Händler an ruhigeren Tagen 10 bis 20 Minuten für die Zählung veranschlagen. Das ist zeitlich ein relativ geringer Aufwand, der aber zu einer besseren Kontrolle der Bestände, einer besseren Artikelverfügbarkeit und somit Umsatzstärkung führt“, erläutert Proppe. „Differenzen lassen sich zeitnah feststellen und korrigieren. Die Schwachstellen können schnell aufgedeckt werden“, bringt Motz die Vorteile auf den Punkt.

Als „Spitze der Optimierung“ nennt der Experte Proppe die gesteuerte permanente Inventur. Diese Methode, für die eine stimmige Supply-Chain, moderne Scanner-Kassen und funkgesteuerte MDE’s (Mobile Datenerfassungsterminals) optional seien, sei noch nicht weit verbreitet, biete dem Händler aber viele Vorteile. Moderne Warenwirtschaftssysteme, wie das von Proppe vertriebene DEWAS, geben täglich an bestimmten Tagen der Woche ein definiertes Kontingent an zu zählenden Artikeln aus. Dabei wird vom System die für den Mitarbeiter optionale Route zur Zählung vorgeschlagen. „Einer unserer Kunden, ein Non-Food-Discounter, konnte durch den Einsatz seine Inventurdifferenz um 1 Prozent verbessern“, berichtet Proppe. Ein direkter geldwerter Nutzen, der auch für den Lebensmittel-Einzelhandel interessant sein kann.