Interview mit Prof. Thomas Roeb „Langweilige Arbeiten wie Kassieren oder Ware verräumen“

Prof. Thomas Roeb erläutert, was der Handel verbessern kann, um Studenten zu gewinnen.

Donnerstag, 10. Januar 2013 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild „Langweilige Arbeiten wie Kassieren oder Ware verräumen“
Bildquelle: Belz

Lebensmittelhändler sind laut Ihrer Studie die interessantesten Arbeitgeber. Andererseits möchten die Studierenden nicht gern im Lebensmittelhandel arbeiten. Wie erklären Sie sich das?
Die Diskrepanz ist das Ergebnis des Unterschieds zwischen Branche und Unternehmen. Der Lebensmitteleinzelhandel erscheint den Befragten als Branche unattraktiv. Man assoziiert damit langweilige Arbeiten wie Kassieren oder Ware verräumen sowie schlechte Arbeitszeiten. Bei der Wahl des bevorzugten künftigen Arbeitgebers hingegen gehen die Befragten oft nach Bekanntheit. Bekanntheit schafft Sympathie und die Lebensmitteleinzelhändler sind die bekanntesten Unternehmen des Einzelhandels, vielleicht neben H&M und Ikea. Aber Achtung: Wir haben explizit nach den attraktivsten Arbeitgebern unter den Handelsunternehmen gefragt. Autohersteller oder Banken wären vermutlich noch viel beliebter gewesen!

Welche Konsequenzen hat das für Lebensmittelhändler?
Die Lebensmittelhändler dürfen sich nicht ausruhen. Es gibt, zumindest längerfristig, keine Trennung von Branche und Unternehmen. Ist die Branche unpopulär, sind langfristig auch die Unternehmen unpopulär. Die große Herausforderungen für den LEH lautet nun, die Attraktivität der Branche deutlicher zu machen. Ich beschreibe meinen Studenten z. B., wie spannend und verantwortungsvoll bereits die ersten Aufgaben in Vertrieb oder Category-Management aussehen, die man nach Abschluss eines Trainee-Programms erhält. Ich sage meinen Studenten klar: Der Handel ist nichts für diejenigen, die sich hinter ihren Vorgesetzten und Kollegen verstecken wollen. Handel verlangt Macher, aber das wollen viele junge Menschen sein. Mein Wahlpflichtfach Handel gehört zu den Top-3 nachgefragten Vertiefungsfächern des Studiengangs BWL an unserer Uni!

Was raten Sie den Handelsunternehmen: Was sollten sie ändern, um effektiver als bisher Studierende für die Arbeit im Lebensmittelhandel zu begeistern?
Dazu gehört sehr vieles. Die wichtigsten Punkte erscheinen mir aber folgende:
1. Darstellung der Vielfalt von Aufgaben: Handel bedeutet für Nachwuchskräfte nicht nur Vertrieb.
2. Darstellung der Attraktivität der wichtigsten Aufgaben in Vertrieb und Einkauf: spannende eigenverantwortliche Arbeit mit großem Karriere-Potenzial.
3. Aufsetzen eines Plans, um diese Botschaften zielgerichtet an die interessanten Nachwuchskräfte heranzubringen. Dazu gehört vor allem ein intensiverer Kontakt zu den Hochschulen.