MLF-Tagung Wie viel Bedienung braucht ein Markt?

Auf nach Bayern! Die mittelständischen Kaufleute besuchen die 
Kollegen Stadler und Honner in München. Dort sehen und diskutieren sie neue Konzepte für die Frischetheke.

Dienstag, 19. November 2024, 07:00 Uhr
Heidrun Mittler
MLF-Tagung: Großer Saal mit Publikum und Bühne
Freuen sich, dass sie Gastgeber für die MLF-Kaufleute sind (v. l.): Kunigunde und 
Hans-Jürgen Honner mit Sohn Daniel sowie Kathrin, Elisabeth und Stephan Stadler.
Alles im Blick: Die Gäste verfolgen die Begrüßungsrede von Dr. Florian Herrmann aus der Bayerischen Staatskanzlei. Bildquelle: Reinhard Rosendahl

Mia san mia! Die Familien Stadler und Honner, Gastgeber der Herbsttagung der Mittelständischen Lebensmittel-Filialisten (MLF), sind sichtlich stolz darauf, Bayern zu sein. Stephan Stadler und Hans-Jürgen Honner (übrigens Cousins) engagieren sich seit mehr als vier Jahrzehnten in der regionalen Politik. Dort haben sie beste Kontakte geknüpft, die es ihnen ermöglichten, zwei namhafte Politiker zu ihrer Tagung einzuladen: den Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister Dr. Florian Herrmann sowie den Europapolitiker Manfred Weber. Mit der Wahl des Tagungsortes gelang den beiden ein weiterer Coup. Die Kaufleute tagten in der gerade erst eröffneten Arena mit Namen „SAP Garden“. Beim spannenden Kongress beschäftigten sich die Händler intensiv mit der Frage, wie viel Bedienungstheke angesichts des Personalmangels noch betrieben werden kann.

Der Wert der Bedienung

Edeka-Chef Markus Mosa, der schon seit 2008 bei den MLF-Tagungen zu Gast ist, setzt mit seiner Aussage eine Leitplanke: „Frischetheken mit Bedienung bleiben der Differenzierungsfaktor Nummer eins.“ Er regt allerdings an, über flexible Möbel nachzudenken, die auch für ein Selbstbedienungsangebot genutzt werden könnten. Zugleich fordert er die Kaufleute auf, Strategien zu entwickeln, die speziell junge Käufer an die Bedienungstheken heranführen können.

Für Claus Hollinger ist ein Edeka-Markt ohne Bedientheke unvorstellbar. Der Vorstandsvorsitzende der Region Südbayern demonstriert eindrucksvoll, wie viel Potenzial sein Absatzgebiet hat: Zwischen Ravensburg, Schwandorf, Garmisch und Passau gehören rund 1.220 Verkaufsstellen zum Verbund der Edeka Südbayern mit über 4,78 Milliarden Euro Umsatz. 620 Märkte werden von Selbstständigen geführt. Hollinger betont die Expansionsstrategie des Verbunds in seinem Absatzgebiet: In den vergangenen zehn Jahren gehe ein Drittel aller Neueröffnungen im Lebensmittelhandel allein auf das Konto der Edeka.

Nächste Generation schon am Start

Die Kaufleute Stadler und Honner betreiben derzeit zehn Flächen in der boomenden Metropolregion München, aber auch auf dem flachen Land. Gestartet sind die Cousins mit einer kleinen Filiale auf 50 Quadratmetern. Heute umfasst der größte Standort in Unterföhring 7.500 Quadratmeter.

Ihr Erfolg in Zahlen: 23.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 620 Mitarbeiter. Mehr als 5 Millionen Kunden, die insgesamt 110 Millionen Euro in die Kassen spülen (2023). Ab dem kommenden Jahr wollen die beiden Kaufmänner kürzertreten und das Unternehmen in die Hände der nächsten Generation geben: Kathrin Stadler und Daniel Honner. Während sie sich ums Personal und insbesondere um die Auszubildenden kümmert, unterstützt er schon seit mehreren Jahren im operativen Geschäft. Daniel Honner hat zuvor seine Ausbildung bei den Hiebers absolviert und bezeichnet Jörg Hieber als „sein großes Vorbild“.

Theken stark verkleinert

In puncto Bedienungstheke aber probiert er mit seinem Vater und Stephan Stadler einen anderen Weg aus. Im Schwabinger Markt haben die Kaufleute ihre Bedienungstheken Fleisch, Wurst, Fisch und Käse drastisch verkleinert: von bislang 24 auf jetzt noch verbliebene 8,25 Meter. „Ein Experiment“, wie Hans-Jürgen Honner betont, das nötig sei, weil sie in München kaum noch Bedienungspersonal bekommen könnten. Kein Wunder: Der Arbeitsmarkt in München ist leer gefegt, die Mieten in der Stadt horrend hoch. Falls sich zeigen sollte, dass die Verkleinerung dem Umsatz zu stark schade, so Hans-Jürgen Honner, könne die Bedienung wieder vergrößert werden. Bei den Marktbesichtigungen ist die verkleinerte Theke der Anziehungspunkt im Markt. „Was bekommt der Kunde geboten?“, lautet die Schlüsselfrage für die Händler. Einige Lieferanten fragen sich, wie sie an der kleineren Käsetheke noch den gewohnten Absatz ihrer Produkte realisieren können.

Dass eine reine Prepack-Theke gut funktionieren kann, demonstriert die Käsetheke auf der Großfläche in Unterföhring. Hier haben Stadler und Honner Käse komplett auf SB umgestellt (der Markt war beim diesjährigen Käse-Star nominiert, siehe LP 15). Die Abteilung ist immer mit kompetenten Mitarbeitern besetzt, die ihre Kunden fachlich beraten können.

Ein Highlight im Markt ist das Instore-Farming des schwedischen Anbieters Swegreen: Mitten im Markt wachsen Salate und Kräuter – mit wenig Wasser, ohne Pestizide, mit geringem Arbeitsaufwand. Es handelt sich um das zweite Konzept, das Stadler und Honner am Start haben und das nun gut läuft.

Die nächste MLF-Arbeitstagung findet in Gütersloh statt, vom 11. bis 14. Mai 2025. Gastgeber ist Familie Schenke mit insgesamt zehn Märkten.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Freuen sich, dass sie Gastgeber für die MLF-Kaufleute sind (v. l.): Kunigunde und 
Hans-Jürgen Honner mit Sohn Daniel sowie Kathrin, Elisabeth und Stephan Stadler.
Bild öffnen Voller Elan zur Marktbesichtigung (vorn, v. l.): Felix und Steffen 
Ueltzhöfer (Edeka Ueltzhöfer) und Christoph Ester (Molto Luce).
Bild öffnen Strenge Blicke: Die Kaufleute mustern das Angebot der Fleischtheke in der Ungerer Straße.
Bild öffnen Intensive Gespräche: Rewe-Chef Lionel Souque (l.) mit 
Karsten Pabst (Hieber) und Stefan Lenk (MLF-Vorsitzender).