61. MMM-Kongress „Wir können und bieten eben mehr“

Orientierung suchen die Teilnehmer beim MMM-Kongress. Diese gab es auch diesmal – trotz der schwierigen Zeiten.

Freitag, 10. März 2023 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Wir können und bieten eben mehr“
Bildquelle: Thomas Fedra

„Es wird gespart.“ Reiner Schenke, Edekaner mit mehreren Märkten in und um Bielefeld holte die Kongress-Teilnehmer schnell auf den Boden der (Handels-)Tatsachen, nachdem zuvor über Transatlantische Beziehungen, Krieg und China-Politik referiert wurde.

Die Herausforderungen seien groß, die Kunden übten Kaufzurückhaltung, griffen zur günstigeren Eigenmarke oder gingen gleich direkt zum Discounter. Das verlange vom Handel Antworten und zwar „unfassbar schnell“. In einer Podiumsdiskussion stimmte ihm Lutz Richrath, Rewe-Händler aus Köln, zu: „Es ist die Zeit der Discounter“, Aldi wachse extrem. Damit gab sich aber Christina Ernst, Edekanerin aus München, nicht zufrieden. Natürlich sei die Situation schwierig, aber „nicht überall wird aufs Geld geschaut“. In den eigenen Märkten spüre man das ganz klar im Conveniencebereich. Christina Ernst betreibt neben anderen Märkte am Haupt- und Ostbahnhof in München, wo diese Sortimente besonders gefragt sein dürften.

Alleinstellung stärken
Richrath nahm die Vorlage auf und plädierte für die Alleinstellungsmerkmale der Vollsortimenter: Service, Bedienung, Mitarbeiter. „Die dürfen wir niemals aufgeben.“ Dass sich die Edeka auch als „besserer Discounter“ positioniere, spreche nicht dagegen, sagte Schenke. „Wir müssen zeigen, dass wir Niedrigpreis können.“ Damit müsse man Kunden halten und den Weg zum Discounter überflüssig machen. „Aber“, so Christina Ernst, „wir können und bieten eben auch noch mehr.“ Das dürfte auch notwendig sein, denn bei aller Sparsamkeit, die Kundenansprüche gehen nicht zurück: Tierwohl, vegane Ernährung, Rückverfolgbarbeit, Inhaltsstoffe – nicht einfach, gerade in Krisenzeiten. Lutz Richrath nimmt das an: „Wir wollen als Familienunternehmen für das stehen, was wir machen, für Kunden nachvollziehbar.“

Dass gerade dies in diesen Zeiten schwerfällt, wurde an der immer wieder aufkommenden Frage nach Fachkräften deutlich. Das Image einer Tätigkeit im Supermarkt ist nicht das beste. Darüber waren sich die Händler einig. Zu berücksichtigen sei auch ein gesellschaftlicher Wandel. „Junge Leute wollen studieren, Beamter werden oder Influenzer.“ Da habe es der Handel schwer. Richrath zeigte – vielleicht – einen Lösungsweg auf: Herstellungs- und Verarbeitungstätigkeiten, auch Metzgerei, in die Vorstufe verlagern, die Tätigkeiten im Laden auf den Verkauf konzentrieren. Der Rewianer ist bei allen Herausforderungen optimistisch. „Die Zeiten ändern sich auch wieder zum Positiven.“

Plattform für „große“ Themen
Der MMM-Kongress gilt als Treffen für Unternehmer und Führungskräfte aus Handel, Konsumgüterindustrie und angrenzender Wirtschaftszweige. Auch 2023 galt die Aufmerksamkeit den zentralen Fragen der Zeit, Zukunftsthemen wurden diskutiert und Denkansätze sowie Erfolgsmodelle aus der Praxis vorgestellt. Traditionell werden hier „große“ Themen genauso behandelt wie praxisorientierte Fragen. So durfte Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent in Washington, die Beziehungen USA– Europa aus seiner Sicht darlegen, Sicherheitsexpertin Dr. Claudia Major, Leiterin Forschungsgruppe Sicherheitspolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik, ordnete die Konflikte zwischen dem Westen und Russland sowie China ein und Prof. Dr. h. c. Roland Koch, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung und ehemaliger hessischer Ministerpräsident, durfte über Freiheit, Verantwortung, Sicherheit und Marktwirtschaft sprechen. Er versuchte auch klarzumachen, worauf es in Deutschland und Europa jetzt ankomme.

Der Club für moderne Markt-Methoden wurde schon 1962 gegründet. Heute sind über 600 Mitgliedsunternehmen aus Handel, Industrie und nahen Wirtschaftszweigen Mitglied, der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Foodbereich. Der MMM ist als Verein organisiert. Neue Themen folgen dann wieder im kommenden Jahr. Der 62. MMM-Kongress findet vom 4. bis 6. Februar 2024 statt.