Obst und Gemüse Auf den Markt reagiert

Den Markt für frisches Obst und Gemüse hat es 2022 nicht ganz so hart getroffen wie andere Sortimente. Doch der Kunde spart. Die Absenkung der Mehrwertsteuer bleibt daher Thema.

Mittwoch, 22. Februar 2023 - Management
Hedda Thielking
Artikelbild Auf den Markt reagiert
Bildquelle: Mirco Moskopp, Marktkauf Speicher, Rewe David Hegemann

Auch wenn die bezahlten Durchschnittspreise für Obst und Gemüse im vergangenen Jahr „nur“ um 2,9 Prozent gestiegen sind, landete weniger Obst und Gemüse in den Einkaufswagen. So ging der Absatz insgesamt um 6,3 Prozent und der Umsatz um 3,6 Prozent zurück (Quelle: GfK Consumer Index).

Auffällig ist, dass die Anzahl der Werbeaktionen für einige Obst- und Gemüsearten laut AMI 2022 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal zulegte, zum Beispiel für Äpfel, Heidelbeeren, Avocados und Himbeeren sowie für Tomaten, Paprika und Möhren.

Beeren sind weiter beliebt

Von den Obstsorten konnten 2022 nur die Beeren in der Menge hinzugewinnen. Heidelbeeren in Großpackungen sind hier die Wachstumstreiber. „Beeren sind inzwischen ein großes und für den Handel relevantes Obstsegment geworden“, teilt die GfK mit. „Vor allem das vergangene Jahr hat sehr deutlich gezeigt, dass sich Beeren trotz allgemeiner Preissteigerungen und Kaufzurückhaltung einer konstanten positiven Nachfrage in Deutschland erfreuen“, bestätigt Armin Rehberg, CEO bei San Lucar. „Ein Blick in unsere Nachbarländer zeigt, wohin die Reise auch in Deutschland gehen kann: Dort hat man schon sehr früh herausgefunden, dass man das Trendprodukt Beeren optimal vermarkten kann, wenn man über eine intelligente Sorten- und Verpackungsstrategie und ein ansprechendes Angebot und eine Präsentation für alle Bedürfnisse verfügt. Klares Ziel für uns ist es ebenfalls, ein optimales Angebot an Beeren über das gesamte Jahr anzubieten.“

Gewinner im Bereich Gemüse waren im vergangenen Jahr laut GfK die küchenfertigen Salate mit einem Absatzplus von vier Prozent. „Im Januar 2023 leidet der Fresh-Cut-Markt im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings im Volumen (minus 6,3 Prozent), wohingegen der Umsatz leicht positiv ist“, analysiert Aymeric de la Fouchardière, Geschäftsführer BDG GmbH (Bonduelle). Er erläutert: „Das Segment ist gekennzeichnet durch die Frequenzproblematik: Konsumenten greifen nicht regelmäßig zu Fresh-Cut-Produkten.“

Küchenfertige Salate im Plus

Um preisbewusste Menschen anzusprechen, bietet Bonduelle im Bereich Fresh-Cut-Salate zwei Preiseinstiegsartikel der Marke Bonduelle Farmer Mix mit Weißkraut und Goldmais sowie Insalata Mix mit Rotkraut und Karotte. Man plant, diese in den nächsten Monaten noch verstärkt zu fokussieren.

Ob eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte preissensible Verbraucher anspricht und somit den Verkauf fördern kann, dazu haben sich drei Händler geäußert. Die vollständigen Statements finden Sie unten.

Wichtig: Frische und Optik auf der Fläche

„Auch der Markt für Bio-Obst und -Gemüse leidet darunter, dass die Verbraucher vermehrt auf den Preis achten“, so Dirk Salentin, Geschäftsführer Biofruit. Das Unternehmen beliefert nahezu alle großen Handelsketten sowie einige selbstständige Händler mit frischem Bio-Obst und -Gemüse. „Auch wir spüren stark gesunkene Absätze bei Bio-Paprika und -Gurken – also von ,vergleichbarer‘ Ware.“ Er beobachtet außerdem, dass Handelsketten von üppigen Margen, wie sie in vergangenen Jahren erzielt werden konnten, absehen, damit die frischen Produkte nicht liegen bleiben. Vor allem Ware von Anbauverbänden wie Demeter hat es seiner Beobachtung nach schwer, da viele Kunden mit Verbandsware immer einen höheren Preis verbinden. „Dass die Nachfrage in den Bio-Fach-märkten sinkt, ist kein neues Phänomen. Es hapert in den Märkten häufig an Frische und Optik auf der Fläche, auch in der Obst- und Gemüseabteilung. Durch den generellen Nachfrageschwund trifft es sie umso härter“, gibt Dirk Salentin zu bedenken. Er sagt weiter: „In Krisenzeiten zeigt sich, in welchen Märkten das Thema Bio noch Nachholbedarf hat und wo es schon mit Herzblut betrieben wird. Wir helfen dem Handel dabei, die Kompetenz in Sachen Bio-Obst und -Gemüse zu zeigen. Deshalb unterstützen wir ihn auch bei Mitarbeiterschulungen. Und Aktionen wie der ,Veganuary‘ schärfen zusätzlich das Bewusstsein der Verbraucher für eine gesunde Ernährung.“

 

Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abschaffen?

Bundesernährungsminister Cem Özdemir hat vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten abzuschaffen. Kann diese Maßnahme die Verbraucher entlasten und die Nachfrage nach Obst und Gemüse, die zuletzt zum Teil deutlich nachgelassen hat, wieder anzukurbeln? Drei Kaufleute haben dazu folgende Meinung:

Steffen Weinreich Marktleiter Marktkauf Speicher, Halle/Westfalen
 0001 David HegemannRewe David Hegemann
Grundsätzlich begrüße ich es, wenn die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abgeschafft werden würde. Diese Maßnahme kann einen positiven Anreiz schaffen, dass die Verbraucher wieder mehr Obst und Gemüse kaufen und somit einen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten. Wichtig ist, dass diese Preissenkung auch tatsächlich bei den Verbrauchern ankommt und transparent gemacht wird. Kunden können das beispielsweise daran erkennen, dass Tomaten nicht mehr 2,99 Euro pro Kilogramm, sondern 2,78 Euro – also krumme Preise – entstehen. Da es sich bei Obst und Gemüse um tagesaktuelle Preise handelt, die sich schnell ändern können, ist es fraglich, ob der Kunde die Preissenkung durch die weggefallene Mehrwertsteuer bei weiteren Preisanpassungen noch merkt. Deshalb wird der Erfolg dieser Maßnahme vermutlich nur von kurzer Dauer sein.
michael Seidl E-Center Seidl, Kulmbach
Michael Seidl
Ich persönlich glaube nicht, dass 7% einen großen Umsatzeffekt auslösen werden. Zumal die Preise nach Abschlag der Mehrwertsteuer keine schöne Preisoptik haben und deshalb vom Handel gerundet werden. In welche Richtung bleibt abzuwarten. Da die Preise im Obst und Gemüsebereich naturgemäße Schwankungen unterliegen ist die Herausrechnung der Mehrwertsteuer für den Kunden meiner Meinung nach nicht sichtbar und hat maximal nur einen sehr kurzen Effekt.

Solange die Politik bei dem Schritt bleibt und wir nicht ständig ein Auf und Ab haben, habe ich grundsätzlich nichts dagegen, wenn die Steuer fällt. Aber an einen positiven Effekt glaube ich trotzdem nicht.

david hegemann Geschäftsführender Gesellschafter, Rewe David Hegemann, Düsseldorf
David Hegemann
Ich begrüße die Idee, die Mehrwertsteuer auf frisches Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen. Dies würde gesunde Lebensmittel deutlich günstiger machen und schafft einen Anreiz gerade auch für einkommensschwächere Haushalte sich besser und ausgewogener zu ernähren. Viele Familien überlegen dann sicher intensiver, ob man für ungesunde Lebensmittel viel Geld ausgibt, wenn es bei Obst und Gemüse deutlich günstiger ist. Ich bin auch absolut überzeugt, dass alle Händler eine Mehrwertsteuerreduzierung Eins zu Eins weitergeben werden.