Rüschens Kolumne Marktanteil sinkt – Bio in der Krise?

Der Biomarkt hat 2022 erstmalig Umsatz eingebüßt. Aber nicht alle Anbieter sind betroffen. Wer verliert, wer gewinnt?

Freitag, 17. Februar 2023 - Management
Prof. Dr. Stephan Rüschen
Artikelbild Marktanteil sinkt – Bio in der Krise?
Bildquelle: Basic AG

Der Biomarkt verzeichnete in den letzten 20 Jahren Jahr für Jahr ein signifikantes Wachstum. Im Durchschnitt wuchs der Umsatz um 9 Prozent pro Jahr und der Marktanteil an Food gesamt kontinuierlich auf 7 Prozent im Jahr 2021. Die Folgen des Ukraine-Konfliktes führen jedoch aufgrund der sinkenden Kaufkraft und der zunehmenden Preissensibilität der Kunden zu einem sinkenden Umsatz (ca. minus 4 Prozent 2022) sowie erstmals seit 20 Jahren auch zu einem sinkenden Marktanteil.
Die Verlierer sind – wie auch im konventionellen Handel – die Fachhandelskanäle, also die Bio-Filialisten, die selbstständigen Bio-Händler und die Hofläden. Kunden wollen zwar weiterhin nachhaltig kaufen, dies aber günstiger. Für günstige Preise stehen vor allem die Discounter, aber auch die Handelsmarken der Vollsortimenter, die deutliche Marktanteile im Biomarkt gewinnen können. Dieses veränderte Verbraucherverhalten bedroht einige Bio-Händler existenziell. Super-Biomarkt und Basic (mit seiner Tochter Biomammut) sind bereits in einem Insolvenz-Schutzschirmverfahren. Viele selbstständige Biohändler haben bereits aufgegeben oder könnten vor dem Aus stehen, wenn sich die Situation 2023 nicht verbessert.

Es ist aber schon seit zehn Jahren zu beobachten, dass der Bio-Fachhandel Marktanteile an den konventionellen Handel verliert. Die zunehmende Listung von Bio-Produkten und die Erweiterung der Sortimente um Verbandsware (z. B. Bioland bei Lidl, Demeter bei Kaufland und Naturland bei Rewe) führte dazu, dass der hybride Konsument (also derjenige, der Bio- und konventionelle Produkte kauft) längst im konventionellen Handel sehr gut aufgehoben ist.

Kann der Bio-Fachhandel in Zukunft überleben? Einfach wird es nicht, aber ein Bio-Fachhändler, der sich wie eine Edeka oder Rewe mit einer starken Zentrale (für Branding, Systeme und Einkauf) und selbstständigen Einzelhändlern anpasst, sollte richtig für die Zukunft aufgestellt sein. Händler, die authentisch vor Ort für Bio stehen und die Leistung des Ladens an den lokalen Kundenbedürfnissen ausrichten. Kleine Bio-Filialisten mit 20 oder 30 Stores werden vermutlich nicht überlebensfähig sein.

Der Biomarkt insgesamt ist nicht in der Krise. Sobald die Märkte wieder zu einer Normalität zurückkehren, wird auch der Biomarkt zu einem stetigen Wachstumskurs zurückkehren. Der Biofachhandel wird aber nur durch eine Neupositionierung Teil dieses Wachstums sein.